José León Sánchez: "Tenochtitlan. Die letzte Schlacht der Azteken"
Kaum ein anderer Abschnitt der Geschichte trägt so sehr die Züge eines grausam-fantastischen Märchens mit je nachdem glücklichem oder apokalyptischem Ausgang wie die Zeit vom Karfreitag des Jahres 1519, als Hernán Cortés und seine Truppe zum ersten Mal den Fuß auf mexikanische Erde setzten, bis zum 13. August 1521, da die prächtige Aztekenhauptstadt Tenochtitlan endgültig von den Spaniern und ihren indianischen Verbündeten besiegt und dabei bereits weitgehend zerstört worden war. Die dazwischenliegenden zweieinhalb Jahre lässt José León Sánchez in einem großen historischen Roman Revue passieren, welchen er den Unsterblichen von Tenochtitlan, jenen Frauen und Männern, die ihre Stadt halb verhungert und verdurstet oft buchstäblich bis zum letzten Blutstropfen verteidigten, widmet.
Sánchez erzählt in einer wohlausgewogen Abfolge von narrativen, dialogischen, poetischen Passagen, informativen, die Handlung vorwärtstreibenden und retardierenden Elementen abwechselnd von den Geschehnissen im Lager der Azteken und der Spanier, wodurch die beiden Hauptakteure in dem historischen Drama betont werden. Anderes gerät dadurch an den Rand: das Massaker von Cholula, die Gefangennahme Cacamatzins beispielsweise werden nur beiläufig, ohne Andeutung der Hintergründe erwähnt. Überhaupt hütet der Autor sich davor, eigene Mutmaßungen zu historischen Szenen werden zu lassen und umgeht meist geschickt die vielen ungelösten Rätsel rund um die Eroberung von Mexiko; so beruft sich Pedro de Alvarado, der Verantwortliche für das Blutbad vom Tempelbezirk, als er vom zurückgekehrten Cortés scharf angefahren wird, auf die Einflüsterungen eines verbündeten Häuptlings, ob zurecht, bleibt indes offen. Mitunter erscheint der Autor geradezu penibel in seiner Absicht, ja nichts Unwahres zu sagen; wenn man laufend Ritter des Adler-, Jaguar-, Kojote- und Ozelotordens in Aktion erlebt, wodurch sich diese voneinander unterscheiden, aber völlig im Dunkeln bleibt, wenn der Rückkehr des Quetzalcóatl zwar zentrale Bedeutung zukommt, auf die Rolle des Gottes in der Geschichte der Azteken jedoch nicht eingegangen wird, bleibt - bei allem Lob der historischen Korrektheit - ein leises Bedauern, dass der Autor, der zu derlei gewiss seine Überlegungen angestellt hat, sich nicht weiter vor- bzw. zurückgewagt hat. Doch fantasielos ist der Roman beileibe nicht. Eindrucksvoll und in vielen Details ruft Sánchez die Begleitumstände und Stimmungen (Alltag wäre denn doch ein verfehlter Ausdruck) der Konquista hervor, die größten erzählerischen Freiheiten nimmt er sich dabei in den zahlreichen Wortwechsel, die sich durchaus so ähnlich abgespielt haben könnten und der Lebendigkeit der Personen sehr zugute kommen. Malinche wird praktisch zur Gänze entlastet, Cortés ist der Mann mit dem so tapferen, verschlagenen, grausamen Herzen, Ixtlixóchitl einer mit außergewöhnlichem Talent und Hochmut, Moctezuma erhält einige interessante Akzente und bleibt doch geheimnisvoll hinter der Maske des noblen, zaghaften Herrschers weitgehend verborgen, mit Ausnahme freilich der überlieferten Tränen, unschickliches, aber bewegendes Zeichen enormen psychischen Leidensdrucks des in der Geiselhaft seiner Gäste Befindlichen.
Ein mindestens gleich großes Anliegen wie die plausible Wiedergabe der Eroberung Mexikos ist es dem Autor, die altmexikanische Zivilisation in all ihrer Schönheit und ihrem Reichtum (Küche, Kunst, Architektur, Feste, Rituale, Umgangsformen etc.) aus im wesentlichen indianischer Perspektive, was bis zur Verwendung einer dementsprechenden bildhaft-analogischen Sprache geht, zu zeigen. Sichtliches Vergnügen bereiten Sánchez Szenen wie jene, in der ein einheimischer Gelehrter den katholischen Priester der sich noch freundlich gesonnen gebenden Konquistadoren fragt, ob denn in ihrem so hochgelobten Wissensbuch, der Bibel, auch etwas über die Existenz von Mexiko geschrieben stehe oder darüber, warum sich die Erde durch das All bewegt, der Priester recht kleinlaut antwortet, dass manches wohl erst in späteren Zeiten offenbar werden soll, zumindest die Erde aber sich nicht bewege, vielmehr fest im Universum verankert sei, wofür er nur ein höfliches, viel Spott und etwas Mitleid verbergendes Diplomatenlächeln erntet. Vor allem der historische Hauptverlierer, das aztekische Herrschervolk, erfährt eine starke Aufwertung. Die berüchtigte Praxis der Menschenopfer, theologisch betrachtet notwendig zum Fortbestand der Erde, wird nicht als Decadence-Symptom behandelt, erfährt stattdessen Konkretisierung durch manches Beispiel eines freiwilligen und/oder hochgestimmten Opfertodes, freilich nur als Ergänzung dessen, dass die Bereitwilligkeit, mit der sich viele Städte auf die Seite der Spanier schlugen, nicht anders denn als Gegenreaktion auf das Ausgeblutetwerden durch die Azteken gedeutet werden kann. Nicht die Spanier, sondern die um ihre Befreiung kämpfenden Indianer sind für Sánchez die von Quetzalcóatl Gesandten, ihnen gebührt der Löwenanteil am Zustandekommen der historischen Tatsache, dass mit der Eroberung Mexikos durch die Spanier eine alte Profezeiung fast punktgenau erfüllt wurde. Selbst wenn man den nicht geringen sich selbst erfüllenden Anteil daran abzieht, bleibt es erstaunlich, dass die Spanier reussieren konnten, jedenfalls stellt Sánchez es so dar (und vieles spricht für die Richtigkeit dieser Annahme), dass die Azteken selbst es einige Male in der Hand hatten, ihren Feinden den Garaus zu machen, was wiederum angesichts dessen, dass Cortés als die Speerspitze der europäischen Eroberungslust sich extrem weit vorgewagt hatte (so ließ er in seinem manischen Vorwärtsdrang die eigenen Schiffe versenken) und die Azteken bald begannen, sich Kampf- und andere Techniken der Weißen abzuschauen, den Gang der Geschichte wahrscheinlich, innere Selbsterneuerungskräfte der Tenocha vorausgesetzt, gravierend verändert hätte.
Allein die Chancen sollten ungenützt bleiben, der verheerende Ausbruch der Pocken, unbeabsichtigte, aber fürchterliche biologische Waffe, welcher auch der Moctezuma-Nachfolger Cuitláhuac nach wenigen Monaten als Tlatoani (Großer Sprecher) und Herrscher von Meer zu Meer zum Opfer fällt, bringt die Azteken vollends auf die Verliererstraße, und es vollzieht sich der letzte Akt in dem Drama, die 80-tägige Belagerung von Tenochtitlan, das von dem blutjungen Cuauhtémoc, dem letzten Aztekenherrscher, verteidigt wird, der alles darf außer zwei Dingen: sich ergeben und Selbstmord begehen. Nicht Cuauhtémoc aber ist in dem Roman der große Gegenspieler von Cortés, sondern eine Frau, Matla, Herrin des Hauses der Kriegerinnen. Sie wird zum Symbol eines unbeugsamen Stolzes und unerbittlichen Widerstands. Sie ist die erste, die ein großes Misstrauen, ja eine Abneigung gegen die angeblichen weißen Götter fasst, sie setzt nach Ausbruch der direkten Feindseligkeiten den Beschluss durch, dass Cortés, so man seiner habhaft werde, nicht den Göttern geopfert, sondern am Hundemarkt verkauft werden soll, sie führt die wagemutigsten Kriegsmanöver aus. Symptomatisch auch ihr Ende, kennzeichnend für das ungewöhnliche, der Sache angemessene Pathos des Autors: nicht der Heldentod mit der Waffe in der Hand wird ihr zuteil, Matla überlebt die Endschlacht, ist aber nicht wiederzuerkennen; zerlumpt, mit geschorenem Kopf, einem Auge und ohne die Finger der rechten Hand kann sie sich nur mehr kriechend vorwärtsbewegen, wird bei der an Ort und Stelle durchgeführten Sklavenversteigerung in ihrem Aussehen für eine alte Frau gehalten und für einen halben Duro verkauft, weniger als ein Schwein kostet. Und das Ende von Cuauhtémoc: er gerät in Kriegsgefangenschaft, wird mit allen Mitteln gefoltert, um den Verbleib weiterer Goldschätze von ihm zu erfahren, doch kein Laut kommt über die Lippen des letzten Tlatoani von Mexiko Tenochtitlan. Damit endet die Geschichte bei Sánchez gewissermaßen fast ebenso versöhnlich, wie sie tragisch ist, indem er alle Beteiligten ihr Bestes in sie einbringen lässt: Tenochtitlan erlangt gerade durch seine Unversöhnlichkeit, dadurch dass es unterging wie es herrschte und nicht Verrat an seinen Werten beging, unsterbliche Größe; die Spanier haben - im Gegensatz zu manchen Eroberern der jüngeren Geschichte - Schneid auch im übertragenen Sinn und einen sehr einfallsreichen Anführer; Texcoco, stellvertretend für das hohe Niveau mexikanischer Kultur, verfügt über ein ausgeklügelteres Zahlensystem als die Griechen und die Römer und tiefere medizinische Kenntnisse als die Araber; und die Tlaxcalteken sind nicht, wie manche meinen, an allem schuld, sondern stehen für die leidenschaftliche Freiheitsliebe der ihr Joch abschüttelnden (und dabei der von anderer Seite drohenden Unterdrückung nicht achtenden) Mexikanerstädte.
(stro; 02/2005)
José León Sánchez wurde 1930 geboren und wuchs in einem Indianerdorf in Costa Rica auf. Mit 19 Jahren war er an einer Aktion beteiligt, bei der von den Spaniern geraubte Schätze zugunsten der Ureinwohner entwendet werden sollten. Sánchez wurde zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt und büßte 20 Jahre auf einer berüchtigten Gefängnisinsel ab. Dort lernte er lesen und schreiben und verfasste seinen ersten Roman. Sánchez ist Professor für präkolumbianische Kultur an der Universität von Costa Rica. 1963 gewann er den Dichterwettbewerb in Costa Rica mit "A la izquierda del sol" und 1964 in Guatemala mit "La colina del Buey". Viermal erhielt er den nationalen Literaturpreis für seine Werke, u. a. für "Tenochtitlan".
José
León Sánchez: "Tenochtitlan. Die letzte Schlacht der Azteken"
(Originaltitel "Tenochtitlan - La ultima batalla de
los aztecas")
Aus dem Spanischen von Leni López.
Unionsverlag, 2004. 480 Seiten.
ISBN 3-293-20306-X.
ca. EUR 13,30.
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Ergänzende Buchempfehlungen:
Bartolomé Bennassar: "Cortez der Konquistador"
Die Eroberung des Aztekenreiches
Wir schreiben den 8. August 1519. Eine Truppe von 500 schwerbewaffneten Spaniern
landet an der Küste von Mexico. Der Anführer heißt Hernan Cortez. Nach zweijährigem
Kampf hat sich Cortez des riesigen Aztekenreiches mit seinen rund 30 Millionen
Untertanen bemächtigt. Ein bis heute unerhörter, unerklärter Vorgang, eines
der großen Rätsel der Geschichte. Wer war dieser Cortez? Ein menschenverachtender
Desperado? Ein goldgieriger Plünderer? Ein rücksichtsloser Eroberer? Oder: ein
geschickter Stratege, Politiker und Diplomat?
Bartolomé Bennassar beantwortet die Fragen nach der Persönlichkeit und dem Handeln
des Konquistadors erstmals aus umfassender Kenntnis aller verfügbaren Quellen
über Cortez, die Männer und Frauen seiner Umgebung und die Struktur des Aztekenreiches.
(Artemis & Winkler)
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Hernán Cortés: "Die Eroberung Mexikos
1520-1524"
War wirklich der gütige Gott, auf den Generationen von Azteken sehnsüchtig gewartet
hatten, mit seinen Getreuen gelandet? Elf Schiffe mit weißen Segeln hatten sich,
von Osten kommend, der Küste genähert, aber an Bord befanden sich keine Götter,
sondern 109 spanische Seeleute und 508 Soldaten mit 10 schweren und 5 leichten
Geschützen und 16 Pferden. Das Kommando führte Hernán Cortés.
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Hanns J. Prem: "Die Azteken"
Die Azteken treten
in das Licht der europäischen Aufmerksamkeit genau zu dem Zeitpunkt, als durch
die spanische Eroberung ihre eigenständige Geschichte zu einem abrupten Ende
kam. Die Zeit davor verliert sich nach ein bis zwei Jahrhunderten zunehmend
im Nebel von Sagen und Mythen. Die Geschichte der Azteken ist daher kurz und
beinahe punktuell. Dieses Buch stellt das Selbstverständnis der Azteken dar,
ihre Mythen und Sagen, die Religion und den Kult, aber auch Wirtschaft und Geschichte.
Es verfolgt den schnellen Aufstieg der Azteken zur Großmacht, schildert ihre
Kultur zum Zeitpunkt der spanischen Eroberung und zeichnet ihr Schicksal unter
der spanischen Herrschaft nach. (C. H. Beck)
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Royal Academy of Arts (Hrsg.): "Azteken"
Die sensationellen Funde aus dem Templo Mayor, dem geheiligten Tempelbezirk
der Götter, Priester und Herrscher, standen im Zentrum der Ausstellung "Azteken",
die von den mexikanischen Archäologen Félipe Solís und Matos Moctezuma gemeinsam
mit Norman Rosenthal und Adrian Locke für die Royal Academy of Arts in London
konzipiert wurde.
Berühmt ist die aztekische Kultur für ihren atemberaubenden Reichtum an Kunstschätzen.
Das Buch zur Ausstellung zeigt über 400 Objekte aus Kunst und Alltagsleben:
monumentale Skulpturen von Göttern, Menschen und Tieren, kostbare Türkismosaike,
feinste Arbeiten aus Federn, Keramik, nie gesehene illustrierte Handschriften
und natürlich auch Goldschmuck von einmaliger Schönheit.
Zahlreiche Beiträge zur Geschichte des aztekischen Reiches, zu Religion und
Gesellschaft, Riten und Alltagsleben machen diesen Band zu einem Standardwerk
über eine der faszinierendsten Zivilisationen der Welt. (DuMont)
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Miguel León-Portilla, Renate Heuer
(Hrsg.): "Rückkehr der Götter"
Als Cortés und seine "Eisenmänner", getrieben von Abenteuerlust, Ehrgeiz und
Goldgier, am Karfreitag 1519 bei Vera Cruz an der Küste Mexikos landeten, fanden
sie ein hochkultiviertes Land, prächtige Tempel und Städte und einen nie gesehenen
Reichtum vor.
Zwei Jahre später war Mexiko erobert und geplündert, die Krieger getötet, das
Volk gebrochen. Unter dem Eindruck dieser Geschehnisse entstand eine ungewöhnliche
Dokumentation. Von den Spaniern im Lesen und Schreiben unterrichtet, zeichneten
Azteken den Untergang ihres Volkes und den Zusammenbruch ihrer Welt auf. Die
Chroniken der Täter wurden rasch veröffentlicht, jene der Opfer lagerten jahrhundertelang
in Bibliotheksarchiven. Die hier zusammengestellten aztekischen Texte berichten
von der tiefen Verehrung und Furcht, mit der die Azteken die Spanier als "Götter"
empfingen, Götter allerdings, denen nichts heilig war außer dem
Gold.
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Der Priester Juan Diaz
und Fray Bartolomé de Olmedo näherten sich dem Scheiterhaufen, dessen
Flammen bis hinauf zu den Fenstern des Palastes schlugen, und vor dem Xicoténcatl
stand, die Hände auf dem Rücken gefesselt.
"Herr Xicoténcatl von Tlaxcala", sagte der Priester Juan Díaz,
"Don Hernán Cortés, unser großer Kapitän, hat
mir befohlen, nicht zuzulassen, daß an Euch das Urteil wegen Verrat an
den Königen von Kastilien und Aragón vollstreckt wird ... Unser
oberster Befehlshaber macht Euch das großzügige Angebot, so Ihr Euer
Tun bereut und bereit seid, die heiligen Sakramente der Taufe, der Beichte und
des Abendmahls
zu empfangen, und Ihr den Schwur leistet, unter der spanischen Fahne zu kämpfen,
so wie es Eure Brüder getan haben und noch tun ..."
"Du sagst, ich hätte den spanischen Herrscher verraten?" fiel
ihm Xicoténcatl ins Wort.
Orteguilla, die neue Zunge von Cortés, übersetzte, was gesagt wurde.
"Ihr seid ein Verräter!"
"Wie ist es möglich, daß ich einen König und eine Königin
verrate, die ich noch nie von Angesicht zu Angesicht erblickt habe?"
"Durch den Glaube, mein Sohn, durch den Glauben. Wer ohne Glauben ist,
begeht Verrat an den natürlichen Herrschern, den Königen von Kastilien
und Aragón, und mit ihnen am ganzen Christengeschlecht ..."
"Aber ich bin kein Christ."
"Schweigt!" schrie der Priester, des Wortwechsels überdrüssig
geworden. "Ihr seid nicht hier, um Fragen zu stellen, sondern Antwort zu
geben." Und auf das Kreuz zeigend, stellte er ihn vor die Wahl: "Ihr
müßt Euch entscheiden, jetzt und sofort: das Kreuz oder den Scheiterhaufen.
Die Freiheit oder den Untergang, das Leben oder den Flammentod."
"Was bekäme ich noch, außer daß ihr mir das Leben ließet?"
"Einen christlichen Namen. Ihr würdet die Ehre haben, Euch Don Hernando
oder Don Fernando oder Don Felipe nennen zu dürfen. Und obendrein das Versprechen
auf ein ewiges Leben im Reiche Gottes des Allmächtigen, sobald Euch der
natürliche Tod ereilt."
"Ich bitte, daß man mich losbindet."
Der Priester gab Anweisung, die Hände von Xicoténcatl loszubinden.
Er freute sich, daß der wilde Krieger ihn darum ersucht hatte wie um einen
Gefallen.
"Ich möchte gern wissen, ob ich, so ich eines natürlichen Todes
sterbe, dorthin komme, wohin auch die Weißen kommen?" fragte Xicoténcatl
ironisch.
In diesem Augenblick gab ein unruhig gewordener Soldat trockenes Holz an den
Scheiterhaufen. Das Feuer belebte sich; die Flammen schlugen hoch und immer
höher.
"Ja, auch Euch wird die Herrlichkeit Gottes zuteil."
"Heißt das, daß ich die Ewigkeit der Monde und die Ewigkeit
der Sonnen mit der gleichen Person teilen werde, die von den Kriegern aus Tenochtitlan
Topiltzin genannt wird? Mit deinem Herrn Hernán Cortés?"
"Der Himmel der Christen wird für immer auch Euer Himmel sein, durch
die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und durch die Heilige Mutter Kirche in
dem geheiligten Schoß der Jungfrau Maria ..."
"Und wenn ich mich weigere?"
"Dann werde ich den Befehl erteilen, Euch wieder zu fesseln. Ihr werdet
verbrannt und kommt in
die Hölle, ins ewige Feuer."
Xicoténcatl blickte ihn voller Verachtung an, und bevor die Soldaten
ihn daran hindern konnten, lenkte er mit entschlossener Miene seine Schritte
mitten hinein in den Scheiterhaufen ...