Catherine Sauvat, Jean-Luc Manaud: "Isabelle Eberhardt"
Abenteuer in der Wüste
Das
an Jahren kurze, nichtsdestoweniger reiche Leben einer Ruhelosen
"Ja, ich liebe meine Sahara, ich liebe sie mit einer dunklen,
geheimnisvollen, tiefen, unerklärlichen, aber durchaus
wirklichen und unzerstörbaren Liebe."
Dieser Ausspruch stammt von Isabelle Eberhardt, einer - nicht nur
für ihre Zeit - außergewöhnlich
konsequenten Frau, was Selbstbestimmung und Freiheitsliebe anbelangt.
Der vorliegende Band wirft ein sanftes Licht auf Leben und Werk der am
17. Februar 1877 in Genf als Tochter einer russischen Aristokratin
geborenen, zum Islam konvertierten unermüdlich Reisenden, die
vorzugsweise Männerkleidung trug, sich Männernamen
gab, in die religiöse Bruderschaft der Kadriya aufgenommen
wurde, die eigentlich Männern vorbehalten war, trank, rauchte
und offene Liebschaften unterhielt, wie es sich - den Sitten
gemäß - zu jener Zeit so gar nicht für
Frauen schickte, und die anno 1904 kurioserweise bei einer
Überschwemmung in der Sahara unter den Trümmern ihrer
Unterkunft ums Leben kam: Stoff, aus dem Legenden gemacht sind ...
Isabelle Eberhardt begeisterte sich bereits früh für
den Orient (damals eine Modeerscheinung in Europa), lernte als
Heranwachsende u.a. Arabisch, und bereiste ab ihrem zwanzigsten
Lebensjahr Algerien und die grenznahen Gebiete Tunesiens und Marokkos.
Dies freilich nicht im "Touristenkostüm" und in Hotels
logierend, sondern in landesübliche Männerbekleidung
(Gandoura und Burnus) gewandet, bei nordafrikanischen Beduinen.
Im Jahr 1901 überlebte Isabelle Eberhardt ein Attentat, dessen
wahre Hintergründe im Dunkeln blieben. Der Attentäter
begründete seinen Angriff auf die junge Frau damit, dass diese
sich frevelhaft verhalte, indem sie lebe wie ein Mann; vermutet wurden
jedoch auch politische Motive, denn Isabelle Eberhardt nahm in Bezug
auf das Vorgehen und Verhalten der französischen Kolonialmacht
in ihren kämpferischen Reportagen kein Blatt vor den Mund.
Noch im selben Jahr wurde die Freizügige, die für
viele Mitmenschen eine ständige Provokation darstellte, des
Landes verwiesen. Isabelle Eberhardt, deren Glaube infolge des
überstandenen Anschlags auf ihr Leben weiter erstarkte,
heiratete den Unteroffizier Slimène Ehnni, der ihr ein
verständnisvoller Gefährte, wenngleich bisweilen fern
von ihr, war und sie nur um drei Jahre überleben sollte.
Das schriftstellerische Werk Isabelle Eberhardts umfasst detaillierte
Reiseberichte sowie Reportagen, die in Zeitungen erschienen und
solcherart den Lebensunterhalt sicherten, gefühlvolle Romane
und Erzählungen, Briefe und Tagebücher.
Ihre Texte sind vom wachen, interessierten Blick für das
Alltags- und Gefühlsleben der einheimischen
Bevölkerung geprägt, deren Probleme Isabelle
Eberhardt hautnah miterlebte; naturverliebte Landschaftsbeschreibungen,
eine sehr persönliche, kraftvolle Sprache und poetische
Reflexionen zeichnen einfühlsame Bilder von Menschen und
Orten.
Der ansprechend gestaltete Band folgt den Stationen Isabelle Eberhardts
mit Texten von Catherine Sauvat, die ausgewählte Zitate aus
Werken Isabelle Eberhardts aufnehmen und einflechten, und bietet
stimmungsvolle Fotos von Landschaften und Leuten; eine gelungene
Komposition aus Wort und Bild, ein bekömmlicher Augenschmaus.
Darin zu blättern und zu schmökern bedeutet, sich den
von Isabelle Eberhardt so sehr geschätzten Menschen, den
Märkten, Oasen und Bauwerken, dem klaren Licht, den
Farbspielen und dem Formenreichtum der Wüstenlandschaft
anzunähern, in dezenten Schwarzweißabbildungen und
zarten Farbbildern zu schwelgen, die Lebensumstände der
Nomaden kennen zu lernen - und nicht zuletzt, sich mit einer
faszinierenden Persönlichkeit auseinander zu setzen.
(K. Eckberg; 09/2004)
Catherine
Sauvat (Text), Jean-Luc Manaud (Fotos):
"Isabelle Eberhardt"
Aus dem Französischen von Eva Plorin.
Gerstenberg, 2004. 168 Seiten; 95 Abbildungen.
ISBN 3-8067-2922-0.
ca. EUR 36,-.
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marokkanischen Atlas, durch Tafilet, Tuat und die Sahara gen Osten
gehend in der Stadt Tripolis an. Es war meine Absicht, gleich dort zu
bleiben, ohne erst wieder nach Europa zurückzukehren; allein
die große Sehnsucht, meine Geschwister nach so langer
Trennung wiederzusehen, sowie der Umstand, daß ich, alles
reiflich erwogen, das Interesse an meiner neu projektierten Reise nach
Innerafrika durch persönliche Vorstellung in Berlin, Gotha und
Bremen nachdrücklicher als auf schriftlichem Wege zu
fördern hoffte, bestimmten mich zur Änderung dieses
Vorhabens. Ein längeres Weilen in Europa sollte mir freilich
im Winter 1864/65 nicht beschieden sein.
Kaum hatte ich die Mittelmeerzone verlassen und war in Paris angelangt,
als meine damals noch offenen Schußwunden mir derartige
Beschwerden verursachten, daß ich daran denken
mußte, meinen Aufenthalt
in
Deutschland soviel als möglich abzukürzen.
Nach einem flüchtigen Besuch bei meinen Geschwistern in Bremen
eilte ich nach Gotha und konnte hier dem Mann, der sich meiner
während der Reise durch
Marokko
mit so aufopfernder Tätigkeit angenommen hatte,
Dr. Petermann, zuerst mündlich meinen Dank abstatten.
Eingehend besprach ich mit ihm den Plan, von Tripolis aus über
Rhadames dem Irharhar entlang oder im Tal desselben selbst bis Ideles
zu gehen, das Hogar-Plateau zu übersteigen und auf der
südwestlichen Seite desselben dem Tachirt folgend
zum Niger
vorzudringen."
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