Frederick William Deakin, George Richard Storry: 
"Richard Sorge. Die Geschichte eines großen Doppelspiels"

Richard Sorge (geboren am  4. Oktober 1895, hingerichtet 1944) war deutscher Journalist und Spion für die Sowjetunion in Japan während des Zweiten Weltkriegs.


Das vorliegende Buch erzählt die Geschichte des vielleicht bekanntesten Doppel- bzw. Dreifachagenten des Zweiten Weltkriegs anhand der im Jahr 1965 zugänglichen Daten- und Faktenlage. In erster Linie basieren die Darstellungen auf Protokollen von Polizeiverhören durch die japanischen Sicherheitsorgane. Dabei wird Sorges Leben nicht unbedingt erschöpfend abgehandelt, zumindest werden zahlreiche Personen sowie deren Umfeld vorgestellt, wodurch das historische Bild, das dieses Buch zeichnet, recht umfassend erscheint.

Beginnend mit Richard Sorges Kindheiterfahrungen und seinen Erlebnissen während des Ersten Weltkriegs wird der Weg des jungen Mannes durch die kommunistischen Bewegungen und Schulen in seiner Studienzeit bis zu seiner Ausbildung in Moskau nachgezeichnet, wobei verschiedene prominente Einflüsse deutlich werden. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt war Sorge auch schon veröffentlichungstechnisch aktiv und genoss in den Kreisen der Komintern ein gewisses Ansehen. Dennoch bleibt stets der Eindruck eines Einzelgängers erhalten.

Durch seine Arbeit in verschiedenen Ländern qualifizierte sich Sorge stetig weiter, bis er nach einem längeren Aufenthalt in China in Japan landete, wo er schlussendlich enttarnt und hingerichtet werden sollte ...

Bei all diesen Darstellungen steht der Mensch Richard Sorge weder als Individuum noch als Objekt der Betrachtung im Vordergrund, obwohl es die erklärte Absicht der beiden Autoren war, das Gegenteil zustande zu bringen. Deakin und Storry sahen nämlich bereits um 1960 eine starke Mythenbildung um Richard Sorge aufkommen.
Tatsächlich fungiert Richard Sorge lediglich als Vehikel, um die Lebensgeschichten vieler anderer Personen in seinem wie auch in anderen Spionageringen mehr oder weniger detailliert zu beleuchten, politische und historische Entwicklungen nachzuzeichnen und auch Mentalitätsvergleiche anzustellen. Was diese Aspekte anbelangt, vermittelt das Buch angemessen ausführliche Kenntnisse, hinsichtlich des Informationsgehalts in Bezug auf die Person Richard Sorge wird der Leser jedoch mit einiger Wahrscheinlichkeit enttäuscht sein. Folglich ist es ratsam, sich diesbezüglich nach anderen Quellen umzusehen.

Das Buch ist vollgestopft mit Informationen und darum sicherlich nicht geeignet, oberflächlich und nebenher gelesen zu werden. Eventuell möchte man sich auch an einigen Stellen Notizen machen, um den Überblick über das Beziehungsgeflecht der erwähnten Personen nicht zu verlieren. Es wäre eine gute Idee gewesen, eine entsprechende Grafik im Buch abzudrucken.
Im Anhang finden sich immerhin ein Schlussnotenapparat, Literaturhinweise, eine Auflistung der Codenamen des Sorge-Rings, eine Beschreibung der verschiedenen Geheimdienste und eine Zeittafel, wie man sie bei einer solchen Biografie selbstverständlich erwarten kann. 
"Richard Sorge" erschien erstmals im Jahr 1965, somit sind Buch und Apparat inzwischen selbst schon ein Stück Geschichte, aber die Sicht der frühen 1960er Jahre auf das Phänomen Sorge birgt doch auch ihren eigenen historischen Reiz.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2004)


Frederick William Deakin, George Richard Storry: "Richard Sorge"
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Ein weiteres Buch zum Thema:

Robert Whymant: "Richard Sorge"
Getarnt als Korrespondent der "Frankfurter Zeitung" baute Richard Sorge im Dienst der Sowjetunion seit 1933 in Tokio ein nachrichtendienstliches Netz auf und entwickelte Beziehungen zur deutschen Botschaft und zu Botschafter Ott, für den er ein unentbehrlicher Berater wurde und über den er die Politik der Nationalsozialisten mitbestimmte. Im Oktober 1941, nachdem er die Sowjetunion vom geplanten Angriff der Deutschen informiert hatte, wird Sorge von den Japanern enttarnt und zum Tode verurteilt. Die Sowjetunion verleugnete ihn. 1944 wurde Richard Sorge in Tokio gehenkt. Der Autor hat sowjetisches Archivmaterial ausgewertet, japanische Dokumente eingesehen, Zeitgenossen befragt, darunter die japanische Geliebte Sorges, er stellt die Biografie Sorges in die politische und gesellschaftliche Atmosphäre Tokios und in den größeren Zusammenhang der dreißiger Jahre und des Zweiten Weltkriegs.
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