Silvio A. Bedini: "Der Elefant des Papstes"

Rom zur Zeit der Medici und der Hochrenaissance


Das Goldene Zeitalter der Renaissance - und eine "tierische" Biografie

Das Pontifikat des Medici-Papstes Leo X. repräsentiert das "Goldene Zeitalter" der Renaissance zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Zwar deutete sich die Reformation bereits an, aber in Rom gab man sich noch ganz den schönen Dingen des Lebens hin.

Leo X. war ein Verschwender auf dem Papstthron, ein gutgläubiger und von ganzem Herzen großzügiger Mensch, der von vielen geschickten Zeitgenossen ausgenutzt wurde. Er besaß sehr viel Sinn für alle Formen der Kunst einschließlich der Literatur und der Musik und förderte die Künste nach Kräften.

Zudem besaß Leo auch weltliche Macht. Daher beschloss König Manuel I. von Portugal, sich den Papst gewogen zu machen, indem er ihm eine Gesandtschaft mit außergewöhnlichen und wertvollen Geschenken schickte.

Portugal war es gelungen, durch die Umrundung von Afrika das Handelsmonopol der muslimischen Reiche im Nahen Osten zu umgehen, und es hatte zahlreiche Eroberungen vorzuweisen, die nun durch den Papst legitimiert werden sollten.

Zu den Geschenken gehörte auch ein junger indischer Elefant, der die weite Reise nur mit Müh und Not überstand, dann jedoch sogleich zum Liebling des Papstes avancierte. An diesem Elefanten entzündete sich die Kritik der Reformatoren, die ihn sozusagen als Sinnbild der Verschwendung ansahen, die im Vatikan betrieben wurde. Dies verwundert nicht allzu sehr, betrieben der Papst und seine Entourage doch einen regelrechten Kult um das exotische Tier, das Besucher von nah und fern anlockte. Allerdings bekam dem Elefanten seine Berühmtheit nicht sonderlich, denn er verstarb nach zwei Jahren. Der Papst überlebte ihn nur um wenige Jahre.

Der kurze Aufenthalt des Elefanten in Rom genügte allerdings, um viele Spuren zu hinterlassen, so in dem einen oder anderen Epitaph, vor allem aber auf Bildern und Zeichnungen, die von so berühmten Künstlern wie Raffael stammen. Heute sind sie in Vergessenheit geraten, aber wer sich aufmerksam umsieht, kann im Vatikan noch immer Erinnerungen an den tierischen "Star" des Leo-Pontifikats entdecken.

Sympathisch beschreibt der Autor, wie er zu der sonderbaren Aufgabe kam, der Geschichte des päpstlichen Elefanten nachzuspüren, und wie schwierig es war, Ansatzpunkte zu finden. Er schildert spannend und detailreich sowohl die historischen und kulturellen Hintergründe der Schenkung, insbesondere den wagemutigen und erfolgreichen Einsatz der Portugiesen bei der Erkundung fremder Gefilde, sowie das Umfeld Leos X., der in der Geschichtsschreibung möglicherweise eine etwas zu negative Beurteilung erfährt. Der Schwerpunkt des Buchs liegt natürlich bei der "Biografie" des Elefanten, der aufgrund seiner exotischen Natur in ganz Europa berühmt wurde und Künstlern wie Dürer als Motiv diente. Auch ein auf mehreren Kunstwerken verewigtes Nashorn, das Manuel I. später an den Papst schickte, das aber aufgrund eines Unglücks ausgestopft eintraf, findet Erwähnung.

Mit dem Tod des Elefanten und seines Besitzers begann der Niedergang der katholischen Kirche, den der Autor ebenfalls anleuchtet.

Der Titel des Buchs verweist zwar durchaus auf die zentrale Figur des Buchs, das jedoch eine sehr viel weitere Thematik umfasst, denn es vermittelt auf unterhaltsame Weise gründlich recherchierte Informationen über jenes "Goldene Zeitalter", das durch dekadente und üppige Lebensweise der Mächtigen der Kirche, aber auch durch eine großzügige Förderung der Künste geprägt wurde. Der Autor macht auch die politischen Verflechtungen dieser turbulenten Epoche transparent. Das Buch, das Abbildungen der meisten in die Kunst eingegangenen Spuren des Elefanten enthält, bietet somit eine ganze Reihe interessanter Erkenntnisse und ein ungewöhnliches Lesevergnügen.

(Regina Károlyi; 09/2006)


Silvio A. Bedini: "Der Elefant des Papstes"
(Originaltitel "The Pope's Elephant")
Aus dem Englischen von Klaus Kochmann.
Klett-Cotta, 2006. 336 Seiten.
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Silvio A. Bedini ist emeritierter Professor der Geschichtswissenschaften an der Smithsonian Institution in Washington, D. C. Er war viele Jahre lang stellvertretender Direktor des "National Museum of History and Technology" (heute "National Museum of American History"), anschließend Chefbibliothekar der Abteilung für seltene Bücher an der "Smithsonian Institution".