Helmut Schareika: "Weizenbrei und Pfauenzunge"
Die alten Römer bitten zu Tisch
Lukullische
Genüsse?
Beim Stichwort "Esskultur im alten Rom" drängen sich dem
modernen
Leser fast zwangsläufig Gedanken an maßlose Orgien
auf, bei denen im Anschluss
an die ersten Gänge unter Zuhilfenahme von Pfauenfedern Platz
für weitere
Delikatessen geschaffen wird.
Das wahre kulinarische Leben im Römischen Reich sah
natürlich etwas anders
aus. Dieses Buch informiert über die Ernährung der
alten Römer, über die
Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Nahrungsmitteln, wobei
auch auf
Im- und Exporte und deren politische Bedeutung eingegangen wird,
über Esskultur
je nach sozialem Status, über Kücheneinrichtung und
Zubereitungstechniken
sowie auch über die Ausstattung von Häusern,
insbesondere von Küche und
Triklinium. Vor allem bezüglich der Ernährung
berücksichtigt der Autor stets
die unterschiedlichen sozialen Schichten, denn dem einfachen
Römer und dem
Sklaven blieb angesichts der Kosten für Fleisch, bessere Obst-
und Gemüsesorten
sowie Spezereien nicht viel Abwechslung.
Der Autor setzt bei den Ursprüngen an und leitet die Esskultur
der späten
Republik und der Kaiserzeit von ihnen ab. Es gelingt ihm vor allem im
Kapitel
"Einer geht durch die Stadt - Momentaufnahme antiken Lebens", den
römischen
Alltag lebendig und überaus anschaulich zu schildern, doch in
den anderen
Abschnitten dominiert trotz der sehr sachlichen und informativen
Gestaltung
ebenfalls ein kurzweiliger Stil. Dazu tragen auch etliche, zumeist
humorvolle
Literaturzitate bei.
Das Buch ist üppig illustriert. Fotografien von
Häusern und Gärten sowie
kunstvollen Wandgemälden und Mosaiken mit Motiven rund um
Kulinarisches aus
Pompeji, Ostia und anderen archäologischen Stätten
geben einen unmittelbaren
Eindruck von der Lebens- und Esskultur der antiken Römer, ob
in Rom selbst oder
beispielsweise auch in den germanischen Provinzen. Grafiken, etwa
Aufrisszeichnungen von Gebäuden, bieten weitergehende
Informationen. Und, wie
der Leser es sich möglicherweise erhofft hat, finden sich auch
zahlreiche
Rezepte im Buch, inhaltlich passend in die Texte integriert: vom
"moretum",
einem zu Brotfladen genossenen Kloß aus zerkleinertem
Hartkäse und Kräutern
als bäuerlich-frugalem Mahl bis hin zu "Hase im eigenen Saft"
kann
der Leser alles, einschließlich verschiedener Saucen (unter
denen natürlich
das berühmte "garum" hervorsticht), ausprobieren - so weit
sind die
Rezepte modifiziert. Ob sich der moderne Gaumen damit anfreunden kann,
steht auf
einem anderen Blatt. Die meisten Rezepte stammen aus der Feder des
berühmten römischen
"Kochbuchautors" Apicius. Auch Küchentipps dieses Autors
fehlen
nicht, zum Beispiel eine Anleitung zur Herstellung von
"Weißwein" aus
Rotwein.
Wirklich erstaunlich ist die Themenvielfalt des Buchs. Praktisch kein
denkbares
Thema rund um die Ernährung bleibt unberührt, sogar
eine Gegenüberstellung
von Löhnen und Lebensmittelpreisen anhand des Preisedikts von
Diokletian ist
enthalten, ebenso eine Liste von Gemüsesorten und
Kräutern mit lateinischen
und deutschen Namen. Wer sich noch ausführlicher informieren
möchte, sollte
sich die Literaturempfehlungen im Anhang nicht entgehen lassen.
Ein schön gestaltetes, informatives und angenehm zu lesendes
Buch, das ein
lebensnahes, detailliertes Bild des Lebens in der Antike vermittelt!
(Regina Károlyi; 10/2007)
Helmut
Schareika: "Weizenbrei und Pfauenzunge.
Die alten Römer
bitten zu Tisch"
Theiss-Verlag, 2007. 147 Seiten.
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Helmut
Schareika hat
Altphilologie,
Archäologie
und Germanistik studiert. Er ist Autor und Übersetzer
zahlreicher Sachbücher zu Kultur und Geschichte des
Römischen Reiches.
Noch ein Buchtipp:
Achim Werner: "Keltische Kochbarkeiten. Mit
60 Rezepten vom Fünf-Steine-Koch"
"Die fressen, die Kelten!" - so oder ähnlich stellten viele
antike Schriftsteller die keltischen Ess- und Trinkgewohnheiten dar.
Begeben Sie
sich auf eine kulinarische Reise in die Vergangenheit und Sie werden
entdecken,
dass die keltische Küche mehr hergab als den obligatorischen
Wildschweinbraten
von Asterix und Obelix.
Assistiert von Profiköchen hat der Autor den Speisezettel der
alten
Kelten
selbst getestet. In farbig illustrierten Rezepten stellt er hier 60
keltische
Gerichte vor, die auf die Möglichkeiten heutiger
Küchen zugeschnitten sind.
Das mit viel Liebe zum Detail gestaltete Buch bietet außerdem
eine Einführung
in keltische Ernährungsgrundlagen, Tipps und Tricks zu den
Rezepten, eine
Bestimmungshilfe für
Wildkräuter,
Bezugsquellennachweise und Internetliens.
(Theiss-Verlag)
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