Hans Petschar: "Die junge Republik"
Alltagsbilder aus Österreich 1945-1955
Die
Nationalbibliothek leistet
ihren Beitrag zum "Gedankenjahr 2005" mit vorliegendem Bildband. Es
sind gut 10.000 Fotos aus der Alltagsgeschichte Österreichs
zwischen 1945 und
1955 erhalten. Ein kleiner Teil davon, etwa 350 Erinnerungsbilder,
werden
nunmehr vorgestellt.
Einerseits sind es bekannte Fotografen aus
Österreich wie Otto Croys, Lothar Rübelts
oder Harry Weber; andererseits der Bilddienst der Amerikaner in
Österreich,
welche für die Fotos verantwortlich zeichnen.
Die Fotos sind in Kapitel unterteilt, wobei aber der Übergang
fließend ist.
"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", lautet ein Sprichwort.
Tatsächlich
werden in diesem Bilderbogen der frühen
österreichischen Nachkriegsgeschichte
samt der Besatzungsszenarien teilweise zu viele Worte gemacht.
Anmerkungen zu
einzelnen Fotos oder Fotoserien wirken unbeabsichtigt satirisch, wenn
sie fünfzig
Jahre später gelesen werden. Entscheidend ist freilich, die
Bilder auf sich
wirken zu lassen. Wenn etwa die Zerstörungen, die der Krieg in
Wien bewirkt
hat, betrachtet werden, und man die unglaubliche Kraft der
Bevölkerung bedenkt,
welche den Wiederaufbau ermöglichte, so werden
mögliche ewiggleiche Klischees
im Keim erstickt. Tatsächlich herrschte eine Aufbruchstimmung,
und obzwar erst
im Laufe der Zeit durch Hilfsprojekte der Amerikaner die
große Not gemildert
werden konnte, war von Anfang an der Wille der Menschen da, alles zu
tun, um ihr
Land wieder lebenswert zu machen.
Jeder Betrachter dieser Bilder wird seinen persönlichen Zugang
dazu haben. Der
Eine wird die Reise der Pummerin von Linz
nach Wien mit viel Emotion
begutachten, der Andere kleine Vergnügungen im langsam
restaurierten Wiener
Prater mit den Augen genießen. Die Texte dienen dazu, kleine
Geschichten zu
jenen Ereignissen zu erzählen, welche geschichtsbestimmend
waren.
Über einen prächtigen Bildband sollte man nicht viele
Worte machen. Die Fotos
sprechen für sich. Eines ist allerdings klar erkennbar: Die
Menschen auf diesen
Fotos der Jahre 1945 bis 1955 tragen eine Hoffnung in sich,
die sie fröhlich
zu machen scheint. Eine Hoffnung, die nur aus einer Extremsituation
heraus so
viel Lebenswillen zu schaffen vermochte? Oder der Paukenschlag, dass
alle an
einem Strang zu ziehen bereit waren?
Jedenfalls mögen diese damals weit verstreuten Kräfte
heutzutage nur mehr
vereinzelt auftreten ...
(Al Truis-Mus; 06/2005)
Hans
Petschar: "Die junge Republik"
Ueberreuter, 2005. 304 Seiten, 350 s/w-Abbildungen.
ISBN 3-8000-7087-1.
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Hans Petschar wurde 1959 in Töplitsch/Kärnten geboren. Er ist Direktor des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek. Als Historiker und Bibliothekar hat er zahlreiche Publikationen zur Österreichischen Kulturgeschichte verfasst.