Heidi Rehn: "Das Institut"


Die frisch promovierte Medienwissenschaftlerin Ines Miltenberg bekommt ein Angebot, das sie wirklich nicht ausschlagen kann: Der renommierte Professor Gernot Gräber bietet ihr eine Assistentenstelle an, die gleichzeitig die Möglichkeit zur Habilitation einschließt. In einer Welt, wo solche Möglichkeiten meist nur männlichen Kollegen offen stehen und dies auch erst in einer etwas späteren Phase ihres Lebens, ist das beinahe wie das Auffinden des Heiligen Grals. Und nach einer anstrengenden Promotion, nervigen Unterrichtsverpflichtungen und dem enervierenden Ende einer siebenjährigen Beziehung genau das Richtige, um die junge Frau wieder auf die Beine zu bringen.

Anders als in anderen Lehrstühlen erweist sich Gräber als Professor seiner Assistentin gegenüber als überaus korrekt und zurückhaltend, und so beginnt für Ines bald eine sich langsam entwickelnde Beziehung mit einem Assistentenkollegen, die ihre Freundin Sophie zunächst ein wenig kritisch sieht. Doch bald hört Ines, dass es im Institut allerlei Gerede über die Gründe gibt, warum eine junge, gut aussehende Frau den begehrten Assistentenposten bekommen hat, und diese Gerüchte beziehen sich in erster Linie auf sie und Professor Gräber. Der Professor scheint diese Gerüchte durch sein Verhalten sogar noch fördern zu wollen, was die Situation ein wenig haarig macht, weil Ines vorübergehend in die Professorenvilla eingezogen ist.

In all diese Probleme getaucht versucht mit ihrem Leben weiterzukommen und muss feststellen, dass 
Gerüchte und kleine politische Scharmützel in der akademischen Welt eine größere Rolle zu spielen scheinen, als man es sonst allgemein vermuten mag. Auch erkennt Ines, dass die Männer in ihrem Leben eine ganz andere Vorstellung von Liebe und Beziehung haben als sie selbst. Ein Konflikt, der sich aber auch zwischen anderen Figuren dieses Romans immer wieder auftut und damit vieles, was die Figuren in einer Beziehung als selbstverständlich erachten, immer wieder in Frage stellt.

Geschlechterpolitik und Geschlechterkrieg in Lehranstalten der Höheren Bildung sind Nichtakademikern nicht unbedingt zugänglich, aber durch ihre Figuren gelingt es der Autorin in diesem Roman hervorragend, die gefühlsmäßigen Verknüpfungen wie auch die inoffiziellen institutionellen Mechanismen in diesen Zusammenhängen einer breiten Leserschaft fassbar zu machen. "Das Institut" ist ein außerordentlich überzeugender Debütroman, der eventuell leichte Bezüge zur Biografie der Autorin aufweisen dürfte.

Wer Dietrich Schwan' "Der Campus" gelesen hat, wird feststellen, dass "Das Institut" wesentlich "deutscher" ist, als das klar an David Lodge angelehnte Werk des Hamburger Anglisten. Wer die Politik, die um Promotionen und Habilitationen betrieben wird, kennt, wird hier viel Vertrautes finden, und wer universitär völlig unbeleckt ist, hat hier eine Möglichkeit, einiges dazu zu lernen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2007)


Heidi Rehn: "Das Institut"
Rowohlt, 2000. 269 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:

Dietrich Schwanitz: "Der Campus"

Noch vor kurzem sonnte sich Vorzeigeprofessor Hanno Hackmann in akademischem Ruhm. Jetzt kocht der Campus, die Stadt ist entsetzt, und die Presse reißt sich um die Geschichte: Der Starsoziologe soll eine Studentin vergewaltigt haben. Eigentlich ist es kaum verständlich, wie aus der harmlosen Affäre des akademischen Olympiers mit seiner leicht exaltierten Studentin Babsie ein "Fall" werden konnte. Die Hatz auf Hanno Hackmann beginnt. Zudem steht die Wahl des Universitätspräsidenten an. Eine unglückselige Mischung aus wahlstrategischen Notwendigkeiten, radikalfeministischen Intrigen, Gesinnungsterrorismus und der Sensationsgier der Presse bringt den Professor an den Rand des Abgrunds.
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