Fritz B. Simon: "Meine Psychose, mein Fahrrad und ich"
Zur Selbstorganisation der Verrücktheit
Wenn
man von Psychopathen redet, denken die meisten Menschen an
Hannibal
Lecter oder ähnliche erdachte oder reale Personen
der Rechtsgeschichte. Deshalb ist dieser
Begriff in Fachkreisen heute nicht mehr gebräuchlich und darum
haben die meisten Menschen nur eine vage Vorstellung davon, was eine
Psychose eigentlich ausmacht. Genauso, wie man etwas als schizophren
empfindet, ohne den Begriff unbedingt genau erklären zu
können. Was ist das überhaupt, "verrückt"?
Diese Problematik steht am Anfang - und am Ende - dieses Buches von
Fritz B. Simon, der langjährige Erfahrung im Umgang mit
Menschen hat, die von der Allgemeinheit gerne als verrückt
bezeichnet werden. Unter seinen etwa 20 Monografien ist dies sicherlich
eine der grundlegendsten, die den Laien in die
kritisch-wissenschaftliche Betrachtung von "Verrücktheit"
einführt und dem Fachmann eventuell eine neue Perspektive
gibt. Oder ihn zumindest wieder ein wenig aus den Fallen der Routine
seiner Arbeit herausholt.
Beginnend mit einem diagnostischen Text an den Leser hinterfragt Simon
unsere Wahrnehmungen und
Grundvorstellungen von uns und der
Welt
ständig in einmal humorvoller, einmal ein wenig repetitiver
Weise. Dann geht er direkt auf die Probleme der Begriffsbestimmung ein,
anschließend anhand verschiedener Modelle und Beispiele auf
die Selbstorganisation geschlossener und vernetzter Systeme. Hierbei
hinterfragt er genauso den Wert von Modellen, wie auch die Vor- und
Nachteile verschiedener Modelle zum Funktionieren von Systemen. Hierauf
widmet er sich der Rolle des Beobachters von Systemen - und dies in
einer überaus ausgiebigen Form. Dabei führt er den
Laien auch noch ganz nebenbei in die Grundlagen der klassischen Logik
und Philosophie mit Bezug auf die Identität ein.
Im nächsten Kapitel beschäftigt sich Fritz B. Simon
mit den Fallen und Problemen der menschlichen
Kommunikation und
all den
Problemen, welche die sachgerechte Beschreibung dieser Kommunikation
mit sich bringen kann. Folgerichtig führen die
anschließenden Abschnitte über das
"verrückte Denken" zur "verrückten Kommunikation".
Auf diese Betrachtungen folgen dann Kapitel zum Fühlen und zur
individuellen Entwicklung in Abhängigkeit zur Gesellschaft,
bevor dann auf die
"Familiären Wirklichkeiten" eingegangen
wird, die viele immer noch als Hauptübel und Hauptursache
seelischer Erkrankungen sehen. Hierbei werden einige der
grundlegendsten Momente der Familientherapie vorgestellt und dies mit
starkem Bezug auf den systemischen Ansatz.
Dieses Buch gibt wenige Antworten, stellt aber immer wieder neue
Fragen, und genau das ist auch seine Absicht. Denn "verrückte"
Menschen stellen unsere "unverrückten" Wahrheiten in Frage,
und wenn wir mit ihnen zu tun haben und sie verstehen wollen, dann
müssen wir von unseren "unverrückbaren" Wahrnehmungen
ein wenig abrücken - wobei dieses Buch sicherlich
mustergültig hilft.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2007)
Fritz
B. Simon: "Meine Psychose, mein Fahrrad und ich"
Carl-Auer Verlag, 2006. 295 Seiten.
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Fritz
B. Simon ist Mitbegründer und
geschäftsführender Gesellschafter der
Carl-Auer-Systeme Verlags-GmbH.
Lien zur Netzseite des Autors:
https://www.fritz-simon.de/
Zwei weitere Bücher des Autors:
"Gemeinsam sind wir
blöd!? Die Intelligenz von Unternehmen,
Managern und Märkten"
Alle reden von lernenden Organisationen und Wissensmanagement, doch in
Wirklichkeit geht es um Intelligenz - nicht nur die von Managern,
sondern auch und gerade die von Unternehmen und von Märkten.
Die Struktur der Kommunikation entscheidet, ob ein soziales System
intelligenter ist als seine einzelnen Mitglieder oder
"blöder". Wer ein Unternehmen, eine Abteilung oder ein Team
leiten will, muss die Mechanismen kennen, die zu intelligenteren oder
weniger intelligenten Entscheidungen führen.
Fritz B. Simon, Professor für Führung und
Organisation an der Universität Witten/Herdecke und einer der
Vordenker und Pioniere der systemischen Beratung und des systemischen
Managements, geht von diesen beiden Grundvoraussetzungen aus, wenn er
an Fallbeispielen von Hewlett-Packard über
Yahoo bis zu Jack Welch und der
Erfolgsgeschichte von Vileda das Zusammenspiel von
Unternehmen, Managern und Märkten im Hinblick auf deren
jeweilige Intelligenz untersucht.
Der Autor lenkt den Blick dabei auf neue Fragen, u. a.:
- Worauf muss der Manager seine Aufmerksamkeit und die des Unternehmens
fokussieren?
- Wie lassen sich
nicht kontrollierbare Systeme (Unternehmen) steuern?
- Was ist der Sinn des Unternehmens?
- Welches sind die Gesetze der Kreativität des Unternehmens?
- Warum sind Märkte in ihrer Intelligenz beschränkt?
An Themen wie Unternehmensgründung, Produktentwicklung,
Changemanagement, Ich-AG, Großgruppeninterventionen sowie der
Dynamik depressiver und überhitzter Märkte zeigt
Simon, wie sich die vorhandene Intelligenz von Organisationen im Blick
auf die Entscheidungsfindung nutzen und steigern lässt.
(Carl-Auer Verlag)
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"Die andere Seite der Gesundheit"
zur Rezension ...
Ansätze einer systemischen Krankheits- und Therapiethorie