Douglas Preston, Lincoln Child: "Ritual. Höhle des Schreckens"
Eine verlassene Kleinstadt inmitten der Getreidefelder von Kansas wird Schauplatz grausamer Morde. Ihr ritueller Charakter erinnert an Indianermythen und ein historisches Massaker ...
In Medicine Creek warten alle auf eine
Entscheidung der University of the State of Kansas über die Vergabe von Geldern
für ein Versuchsfeld für den Anbau von genmanipuliertem Mais. Es steht nämlich
offen, ob Medicine Creek oder der nahe gelegene Ort Deeper den Zuschlag und die
damit verbundene Belebung der Wirtschaft bekommen soll.
Zu diesem Zweck
trifft man im Ort Vorbereitungen, einen Abgeordneten der Universität zu
empfangen. Da ist es ziemlich schlecht, dass Sheriff Dent Hazen die Leiche einer
vorerst unbekannten Frau in einer künstlich angelegten Lichtung ausgerechnet in
einem Maisfeld auf dem Gemeindegrund von Medicine Creek findet:
"Eben noch
hatte die Luft nichts als Staub zu ihm getragen, nun aber machte sich ein
anderer Geruch bemerkbar: der Pesthauch der Verwesung, fünfzig Meter vor ihm,
schätzte er. Die Geier zogen weiter ihre Kreise, nun in größerer Höhe. Stille
hüllte ihn ein, kein Lüftchen regte sich. Er nahm die Winchester von der
Schulter und zwängte sich - inzwischen allerdings vorsichtiger geworden - weiter
durch den Irrgarten aus Maisstängeln. Der widerliche Gestank, von süßlichem
Maisduft überlagert, wurde stärker. Obwohl der rot glühende Abgesang des
Abendhimmels der Dunkelheit gewichen war, konnte Hazen inmitten der Stängel eine
kahle Stelle ausmachen, eine Art Lichtung. Nur, die hätte es dort nicht geben
dürfen. Merkwürdig."
Die Leiche ist fürchterlich zugerichtet, und um sie
herum sind antike Cheyenne-Pfeile drapiert, auf denen zum Teil Vögel aufgespießt
sind. Der ansässige Sheriff ist solches nicht wirklich gewöhnt und darum auch
zunächst sehr froh, als ihm der im Urlaub befindliche Special Agent Pendergast
vom FBI seine Hilfe bei den Ermittlungen anbietet.
Pendergast quartiert sich
bei Winifred Kraus ein, einer sonderbaren alten Dame, die eine als
Touristenattraktion dienende Höhle verwaltet.
Aber neben der seltsamen Sprache, der Kleidung und dem Gebaren des aus New Orleans
kommenden FBI-Mannes irritieren den Sheriff bald auch andere Dinge, wie zum
Beispiel Pendergasts Auswahl einer Mitarbeiterin, die er direkt aus dem Gefängnis
des Sheriffs rekrutiert. Und außerdem laufen die durch Pendergast ermittelten
Ergebnisse schnell den Interessen der Stadtoberen entgegen, weil es so aussieht,
als ob sowohl das Opfer als auch der mögliche Täter direkt aus dem Ort selbst
stammen könnten. Nachdem zwei
Hunde
sowie einige Menschen gestorben sind - ein Serienmörder, das "Kansas Monster",
zieht eine Blutspur
- verhärten sich die Fronten.
Der Roman ist größtenteils annehmbar, aber dass sich unbedingt
wieder eine Person in absoluter Hirnrissigkeit - nach zuvor deutlich bewiesener
Intelligenz - alleine an einen sehr dunklen, unübersichtlichen Ort begibt, wo
sie den überaus gefährlichen Mörder erwartet, ist ein allzu deutlicher
Handlungsdreh. Es passt weder zur Figur noch in die Szenerie. Von dieser etwas
armseligen Prämisse für den Handlungsendpunkt ausgehend entwickelt sich die
weitere Geschichte allerdings wieder sehr charakteretreu und logisch, so dass
dies zwar an der gegebenen Stelle ein erzählerischer Tiefschlag ist, von dem man
sich jedoch einigermaßen rasch erholen kann.
Ab und zu beschleicht den Leser
der Gedanke, dass die beiden Autoren schauplatzmäßig vielleicht mal aus den
dunklen unterirdischen Räumen herauskommen sollten, bevor es allzu formelhaft
wird.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2004)
Douglas
Preston, Lincoln Child: "Ritual. Höhle des Schreckens"
Übersetzt von
Klaus Fröba.
Droemer, 2004. 522 Seiten.
ISBN 3-426-19648-4.
ca.
EUR 23,60.
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