Joanne K. Rowling: "Harry Potter und der Feuerkelch"


Wie immer bisher beginnt das Buch in den Sommerferien, die sich diesmal für Harry vergleichsweise schön entwickeln - er darf seine schreckliche Pflegefamilie, die Dursleys, schon vor Ferienende verlassen und einen Teil der Zeit bei den Weasleys, einer Zaubererfamilie, deren jüngster Sohn sein Freund Ron ist, verbringen. Damit nicht genug, wird er auch zur Quidditch-Weltmeisterschaft (Zauberermannschaftssport auf fliegenden Besen) mitgenommen, sieht ein packendes Finale (schließlich ist Harry selbst ein begnadeter Flieger) und macht dabei die Bekanntschaft mehrerer hoher Tiere der Zaubererwelt.

Kaum hat das (vierte) Schuljahr in Hogwarts, der Zauberschule begonnen, wartet schon das nächste Großereignis auf ihn und seine Freunde: dieses Jahr soll in Hogwarts ein trimagisches Turnier stattfinden, welches anhand dreier, einstweilen noch unbekannter Aufgaben, die Findigkeit, Mut und natürlich magisches Wissen erfordern, den besten Teilnehmer ermittelt, als Siegespreis winkt der Feuerkelch nebst einer hübschen Menge Gold. Es ist das erste Mal seit langem, dass das Turnier wieder stattfindet, weil nämlich die Todesrate der Teilnehmer bei den letzten Versuchen diese alte Tradition wiederzubeleben zu sehr in die Höhe gegangen ist. Bei der Gelegenheit erfährt Harry zum ersten Mal von anderen Zauberschulen, die extra für das Turnier Abordnungen nach Hogwarts entsenden um dann daraus einen Champion auszuwählen, der für seine Schule ins Rennen geht. Harry ist natürlich neugierig auf die anderen Zauberschüler, zumal er - ebenso wie seine Freunde Ron und Hermine - schön langsam Augen für die Reize des anderen Geschlechts entwickelt, auch deshalb aber, weil die anderen Zauberschulen angeblich Unterricht in manchen eher schwarzen Zweigen der Magie erhalten. Und wie zur Bestätigung mehren sich auch die Anzeichen, dass die Macht Voldemorts, des schrecklichen Schwarzmagiers und Intimfeinds von Harry, wieder im Wachsen begriffen ist ...

Überhaupt wird dem Bösen diesmal besonders viel Platz eingeräumt. Erstmals in diesem "Potter"-Buch wird tatsächlich gemordet, das Böse tritt in einprägsamen, unheimlichen Bildern, die an verborgene Tiefen der Seele rühren, in Erscheinung, und man erfährt auch etwas mehr über seine Motivation. Die andere Seite wiederum reagiert mit gesteigertem Misstrauen, Spione hüben und drüben sollen tätig sein, und es ist auch von Schauprozessen die Rede, die eine recht mittelalterliche Atmosfäre atmen. Harry selbst freilich bleibt seinem Stern und der Zielsetzung seiner Schöpferin treu, von den neuen Bedrohungen ziemlich unbeeindruckt, denn er hat bei seinen häufigen Auseinandersetzungen mit Voldemort und dessen Welt die Erfahrung gemacht, dass Furchtlosigkeit angesichts der Gefahr der beste Schutz ist - in entscheidenden Momenten vermag ihn auch der mögliche Tod nicht zu lähmen. A propos Tod: im nächsten "Harry Potter"-Band soll gerüchteweise die Einstellung Harrys zum Tod besonders ausführlich thematisiert werden. Mit allen "Potter"-Freunden freue ich mich darauf, und gebe auch gleich meiner Hoffnung Ausdruck, dass das Böse künftig auch einmal versuchen möge, Harry nicht zu töten, sondern zu seiner Welt zu verführen, schließlich ist ein weiser Zauberer ohne diese Erfahrung schwer vorstellbar.
Der vierte Band der "Harry Potter"-Serie ist übrigens sehr zur Freude seiner Leserschaft stolze 767 Seiten lang, insgesamt sind es schon knapp 2000, und da darunter kaum langweilige und keine schlecht geschriebenen zu finden sind, ist Harry auf dem besten Weg eine dauerhafte literarische Lichtgestalt zu werden.

(fritz; 01/2002)


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