Joanne K. Rowling: "Harry Potter und der Stein der Weisen"
Es ist dies das erste der
Harry Potter-Bücher, in dem gleich zu Beginn die Berühmtheit Harry Potters in
Magierkreisen erklärt wird: und zwar hat er als knapp Einjähriger den Tötungsversuch
eines mächtigen Schwarzmagiers überlebt und damit die Macht dieses Zauberers
auf längere Zeit hin gebrochen.
Eine Narbe auf der Stirn in Form eines Blitzes ist ihm allerdings von diesem
Angriff verblieben, und vor allem waren seine Eltern nicht so glücklich wie er,
mit dem Leben davonzukommen. So hat Harry das Pech nicht nur ohne Eltern,
sondern bei Verwandten, einer ganz üblen Muggelfamilie ("Muggel"
nennen Zauberer alle nichtmagischen Menschen, mit einem ähnlichen Unterton wie
das längst etablierte "Spießer") aufwachsen zu müssen, meist im
Schrank eingesperrt, denn Onkel, Tante und Cousin hassen alles Magische und tun
ihr Möglichstes, ihm das Leben zu vergällen.
Doch an Harrys zehntem Geburtstag hat die Qual ein Ende: Harry bekommt einen
Brief, in dem ihm mitgeteilt wird, dass er die Zauberer- und Hexenschule
Hogwarts besuchen darf. Das lässt er sich nicht zweimal sagen, und es beginnt für
ihn ein neuer Lebensabschnitt in der Schule, einem unheimlichen
Schloss
mit zahlreichen Geheimgängen, fern der Zivilisation und am Saum eines magischen
Waldes befindlich. In Hogwarts verbringen zahlreiche Schüler den größten Teil
des Jahres um Ausbildung in Gebieten wie Verwandlung,
Zaubertränke,
Verteidigung gegen die dunklen Künste, Geschichte der Zauberei und dergleichen
zu erhalten. Harry ist - wie bei seiner Vorgeschichte nicht anders zu erwarten -
ein begabter Schüler, der Freund- und Gegnerschaften schließt und sich rasch
an den Alltag in der Zaubererschule gewöhnt hätte, wäre dieser nicht bald von
besonderen Vorkommnissen unterbrochen worden. Eine dunkle Macht versucht den im
Schloss sorgsam gehüteten Stein der Weisen, ein Unsterblichkeitselixier, zu
stehlen, und dies kaum zu guten Zwecken ...
"Harry Potter und der Stein der Weisen" ist im Großen und Ganzen eine
spannend erzählte Detektivgeschichte, vor dem Hintergrund einer Internatsschule
britischer Tradition, deren Regeln von der Autorin fast eins zu eins für die
Zauberschule übernommen wurden, mit eingestreuten Fiction-Elementen, die
die magische Atmosfäre schaffen sollen. Diese sind recht unterschiedlicher
Qualität, manchmal etwas banal (zum Beispiel verschiedene Marken von Hexenbesen
und Zauberstäben, alle käuflich zu erwerben), oft Bausteine für eine amüsante
Episode, und bisweilen ist sogar eine tiefsinnige Weisheit dabei. Jedenfalls
aber kein Grund für Verbrennungen - echte magische Übungen finden sich nicht
in dem Buch; es verschafft den
magischen
Künsten zwar ein positiveres Image, hält sich andererseits ziemlich
strikt an ein Gut-Böse Schema im ethischen Bereich (wobei man mancherorts das
Gefühl hat, die Autorin halte sich, was diesbezügliche Subtilität betrifft,
absichtlich zurück). Literarisch sehr gut gelungen finde ich die
Charakterzeichnung der jugendlichen Hauptfiguren, welche einerseits von der
Autorin stark idealisiert, andererseits in ihren unterschiedlichen Temperamenten
und ihrer Entwicklung sehr lebendig beschrieben werden. Neben der
geheimnisvollen Welt der Zauberei ist es der Reiz dieser Figuren, der den großen
Erfolg von Joanne Rowling erklären lässt: Harry Potter und seine Freunde
werden wohl noch weit mehr Kindern zum Vorbild (und manchen Erwachsenen zur
unterhaltsamen Lektüre) werden, als sie es ohnehin schon geworden sind.
(fritz; 01/2002)
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