Ingo Arndt, Claus-Peter Lieckfeld: "Logbuch Polarstern"
Expedition ins antarktische Packeis
Mit Forschern und Besatzungsmitgliedern unterwegs zur Antarktis auf dem Forschungsschiff "Polarstern", das ein einmaliges Experiment durchführt: Es dockt an eine riesige Eisscholle an und macht diese für vier Wochen zum Freiluftlabor. Eine brillant fotografierte und geschriebene Reportage - Bildband und Wissenschaftsbuch zugleich! |
Expeditionsberichte und Schiffslogbücher sind heute nicht mehr fester Bestandteil des Literaturmarktes, im Gegensatz zu früheren Zeiten. Und das ist eigentlich bedauerlich, denn betrachtet man die Klassiker der Entdeckungs- und Forschungsreisenliteratur, handelt es sich doch meist um sehr positive Geschichten von Menschen, die sich großen Aufgaben stellen, die irgendwie irgendwann einmal eine große globale Wirkung erzielen können. |
Insofern
ist "Logbuch Polarstern" eine wahre Freude, denn dieser Bericht der 88.
Fahrt der "Polarstern" in die Antarktis beinhaltet vieles, was man an
früheren Berichten dieser Art schätzen konnte - mit
dem Vorteil einer technisch hochstehenden fotografischen Dokumentation,
wie sie mit modernster Technik und von einem Fachmann aus dem Bereich
der Naturfotografie zu erwarten ist. Da "GEO" Mitherausgeber dieses
Buchs ist, lässt sich unschwer erahnen, welche
Qualität die von Ingo Arndt zwischen dem 06.11.2004 und dem
19.01.2005 geschossenen Bilder haben.
Der Bericht von Claus-Peter Lieckfeld beginnt mit dem Aufbruch in
Kapstadt und beschreibt zunächst einmal, wie ein
Wissenschaftsjournalist sowohl das Schiff, wie auch einige der
Wissenschaften an Bord näher kennen lernt. Er nimmt dabei die
Rolle des enthusiastischen Dilettanten ein, durch dessen Augen und
Ohren und neugierige Fragen der Leser allerlei wichtige grundlegende
Informationen erhält. Denn es geht ihm nicht darum,
langwierige, komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge zu
erklären - die den 57 mitreisenden Wissenschaftlern
fachübergreifend meist selbst nicht ganz klar sind - sondern
vielmehr darum, auch dem Leser einen allgemeinen Einstieg in so
exotische Bereiche wie CTD, Eisbergkunde, Eistypen, im und unter dem
Eis lebende Mikro- und Makroorganismen,
Meeresströmungsdynamiken, Salinitätsbestimmungen und
ähnliches zu geben. Begriffe wie "Kammerling" oder "Aufeis"
werden dabei erklärt, genau wie die Probleme des Eistauchens
zwischen unternehmungslustigen Robben und Seeleoparden.
Nach dem Bericht über die Annäherung legt die
"Polarstern" an eine Scholle an, die für die nächsten
Wochen und Monate ihr mehr oder weniger fester Liegeplatz sein soll -
immerhin legt diese Scholle in der Liegezeit über hundert
Seemeilen zurück, und die Forschungsarbeiten um die, unter und
über der Scholle beginnen. Hierbei erfährt man beim
Lesen - genau wie der Autor beim Erleben -, dass die reine Betrachtung
von Eis und Wasser bereits erstaunlich viel Faszination mit sich
bringen kann, so dass mitgebrachte Lektüre in der Regel im
Koffer bleibt und die Augen lieber zum Bullauge wandern. Und ebendies
demonstriert die Bedeutung der Fotos in diesem Buch, denn genau das,
was Claus-Peter Lieckfeld so fasziniert, wird durch Arndts Arbeit
zumindest so gut dargestellt, dass man die Faszination des Erlebnisses
durchaus nachvollziehen kann - sogar, wenn man die Robben, Seeleoparden
und Kaiserpinguine weglässt. Was die beiden
Werkschöpfer aber glücklicherweise nicht getan haben.
Es gibt an dieser Expedition eigentlich nichts wirklich
überaus Spektakuläres. So war zum Beispiel das
größte Problem der Krankenstation auf dieser
Expedition, neben Seekrankheit und Schleimhautentzündungen in
trockener Luft, ein Nierensteinabgang. Aber die Faszination dieses
Abenteuers kommt auf leisen Sohlen daher und legt sich in die Augen der
Betrachter, die sich sicherlich an den Bildern nicht so schnell satt
sehen werden.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 04/2006)
Ingo
Arndt, Claus-Peter Lieckfeld: "Logbuch Polarstern"
Frederking & Thaler, 2005. 199 Seiten.
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Ingo Arndt ist einer der renommiertesten deutschen
Naturfotografen.
Claus-Peter Lieckfeld war mehrere Jahre Redakteur der Zeitschrift
"natur" und ist seither freier Autor.
Weitere Buchtipps:
Roald Amundsen: "Die
Eroberung des Südpols 1910-1912"
Mit einem Vorwort von
Fridtjof
Nansen.
Kein Ereignis der an Abenteuern und Opfern so reichen
Entdeckungsgeschichte der Erde kommt an Dramatik und menschlicher
Tragik dem Kapitel nahe, mit dem die Erforschung der Antarktis ihren
Höhepunkt fand: dem beispiellosen Wettlauf zwischen dem
Norweger Roald Amundsen und dem Engländer Robert F. Scott zum
Südpol. Die Aufzeichnungen Amundsens sind für den
vorliegenden Band neu zusammengestellt worden. (Edition Erdmann)
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Diana Preston: "In den
eisigen Tod. Robert F. Scotts letzte Fahrt zum Südpol"
Sie hatten kaum eine Chance. Ihre neuartigen Motorschlepper versagten
nach kurzer Zeit in der beißenden Kälte. Auch die
Ponys erwiesen sich schnell als für die Antarktis ungeeignete
Lasttiere. Deshalb zogen sie ihre Schlitten selbst durch die
lebensfeindliche Eiswüste. Robert F. Scott und seine vier
Begleiter, tragische Helden des zwanzigsten Jahrhunderts, geschlagen im
Wettlauf zum Südpol. Nach einem dreitausend Kilometer langen
Weg trennte sie nur ein Tagesmarsch von einem Lebensmitteldepot. Doch
die Kräfte waren verbraucht, und tagelang tobte ein
Schneesturm.
Wie der Untergang der "Titanic" zählt das Scheitern von Scotts
Expedition zu den großen Tragödien des beginnenden
Jahrhunderts. Sie haben bis heute nichts von ihrer Dramatik
eingebüßt. Doch anders als die "Titanic", die als
Ikone der Ingenieurskunst im Nordatlantik versank, weisen Scotts
Abenteuer und Tod auf uralte Menschheitsmythen. Die Herausforderung
durch das Unbekannte, sportlicher Wettstreit und die Ehre des
Vaterlandes ließen die fünf Engländer ihr
waghalsiges Unterfangen beginnen. Mit großem psychologischem
Gespür für die Abenteurer und ihre Frauen, die ihre
Männer in den letzten weißen Fleck des Globus ziehen
ließen, erzählt Diana Preston diese fesselnde
Geschichte. (DVA)
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Robert
Falcon Scott: "Letzte Fahrt 1910-1912. Kapitän Scotts
Tagebuch. Tragödie am Südpol 1910-1912"
"Die Norweger
sind uns zuvorgekommen - Amundsen ist der Erste am Pol. Eine furchtbare
Enttäuschung! All die Mühsal, all die Entbehrungen,
all die Qual - wofür? Für nichts als Träume,
Träume über Tage, die jetzt zu Ende sind. Mir graut
vor dem Rückweg!"
Das Tagebuch
des dramatischen und tragischen Wettlaufs um die Entdeckung des
Südpols. (Edition Erdmann)
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Tina Uebel: "Horror
Vacui"
Die vollkommene Abwesenheit von allem - das ist es, was vier
Extremtouristen in der Antarktis suchen. Tina Uebel erzählt
von Strapazen, Euphorie und Eiseskälte. Und von dem
verzweifelten Versuch, im äußersten Nichts der
inneren Leere zu entkommen.
Auch das gibt es: einen Reiseveranstalter, der
zahlungskräftigen Kunden eine professionell organisierte
Grenzerfahrung verspricht - die ultimative Südpol-Fahrt. Mit
zwei Führern machen sich vier hochmotivierte, perfekt
ausgerüstete Abenteurer auf den lebensgefährlichen
Weg durch Eis, Schnee und Sturm. Die US-Amerikanerin Susan arbeitet
verbissen an der Perfektionierung ihrer selbst, der Holländer
Ralph will die Leere füllen, die der schnelle Reichtum in sein
Leben gerissen hat, und Michael, erfolgreicher Geschäftsmann
aus New York, findet die großen Herausforderungen nur noch im
Extremsport. Zu ihnen stößt ein unerfahrener
Enddreißiger, der aus seinem normaldeutschen Dasein
ausbrechen und sich endlich wieder spüren will. Sie starten
als Team, doch je weiter sie kommen, desto einsamer werden sie. Als
Schneeblindheit und ein Blizzard das Vorankommen aufhalten, werden sie
von ihren Geschichten eingeholt - und die Situation droht zu
eskalieren. Mit einer klaren und mächtigen Sprache vereist
Tina Uebel dem Leser das Herz. Ihr raffiniert aus mehreren Perspektiven
erzählter Roman zeigt, dass selbst am fernsten Punkt der Erde
die Mechanismen und Werte der westlichen Zivilisation fortwirken - und
dass die fürchterlichste Leere nicht draußen,
sondern innen herrscht. (Kiepenheuer & Witsch)
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David Mercy:
"Berserk. Eine ungemütliche Reise in die Antarktis"
Die "Berserk", ein gerade einmal neun Meter langes Segelboot aus
Fiberglas, liegt im Hafen von Ushuaia, Feuerland.
Ihr Zustand ist erbarmungswürdig: In der winzigen
Kajüte herrscht Chaos, es gibt kein Radio, kein
Rettungsfloß, der Motor stottert.
Die Mannschaft besteht aus drei Männern: Der erste ist der
blutjunge Skipper Jarle aus Norwegen, in der Stadt nur "der wahnsinnige
Wikinger" genannt. Der zweite im Bunde ist Manuel, ein Argentinier, der
sich auf See das Rauchen abgewöhnen will. Der dritte
schließlich ist der Autor selbst. Jarle ist schon seit zwei
Jahren mit der "Berserk" unterwegs; David und Manuel dagegen haben vom
Segeln keinen blassen Schimmer. Doch die drei haben ein gemeinsames
Ziel: Die kälteste, unwirtlichste und entlegenste Region der
Erde - sie wollen in die Antarktis. Obwohl es sogar an Wollpullovern
mangelt, machen Jarle, David und Manuel unverdrossen die Leinen los.
Zum Abschied ruft man ihnen nach: "Das überlebt ihr nicht!"
Dann läuft die "Berserk" aus - mit Kurs auf die turmhohen
Wellen der Drake Passage und das Eis der Antarktis. Die Stimmung
könnte besser nicht sein. Doch schon bald wird es für
und zwischen den dreien an Bord der Berserk ungemütlich.
David Mercy liefert einen
Reisebericht,
der vor Spannung knistert und mit einer gehörigen Portion
Selbstironie Eiseskälte und Strapazen nicht nur
erträglich, sondern sogar höchst vergnüglich
macht. (Marebuch)
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