Christopher P. Jargodzki, Franklin Potter: "Singender Schnee und verschwindende Elefanten"
Physikalische Rätsel und Paradoxien
Anspruchsvolles
Frage- und Antwortspiel für Physikfans
Populärwissenschaftliche Bücher über
physikalische Themen haben spätestens seit Stephen Hawkings
"Eine kurze
Geschichte
der Zeit" das Zeug zum Bestseller. "Singender Schnee und
verschwindende Elefanten" ist aber nicht ein weiteres Buch, das
interessierten Laien ohne Vorkenntnisse ein Gebiet der Physik nahe
bringen soll: Es setzt das Verständnis der Grundlagen von
Thermodynamik, Optik, Mechanik, physikalischer Chemie,
Strömungslehre, Akustik und Elektrik voraus.
Bringt der Leser diese Voraussetzung zusammen mit Wissbegier und der
Bereitschaft zu Gedankenspielen mit, so bietet ihm das Buch eine
Fülle von ungewöhnlichen Rätseln,
Paradoxien
und Denkanstößen. Warum knirscht ("singt") Schnee
bei großer Kälte unter den Schuhsohlen, bei
Temperaturen nahe Null jedoch nicht? Mit welcher Anordnung von Spiegeln
kann man im Varieté einen Elefanten scheinbar aus einem
Käfig verschwinden lassen? Warum fließt Ketchup erst
langsam aus der Flasche und beschleunigt dann - oft ganz heftig? Warum
geben Nebelhörner nur tiefe Töne von sich?
Insgesamt werden 197 Rätsel und Paradoxien vorgestellt und
gelöst, die
aus den oben genannten Bereichen der Physik hervorgehen. Viele von
ihnen stammen aus dem "täglichen Leben" und wecken daher die
Neugier.
Gelegentlich
wundert man sich darüber, nicht von selbst auf die eine oder
andere
Frage gestoßen zu sein. Weitere Rätsel, darunter
einige typische und
klassische Paradoxien, sind zwar ausgesprochen theoretischer Natur,
verblüffen aber, weil die richtige Lösung dem
"Bauchgefühl" des Lesers
widerspricht. Die Autoren behalten übrigens im Vorwort Recht:
Auch mit
naturwissenschaftlichen Kenntnissen wird kaum ein Leser den
Großteil
der Rätsel selbstständig lösen
können. Als sehr nützlich erweisen sich
die zahlreichen, gut verständlichen Skizzen zur
Erläuterung. Die
Antworten umfassen rund zwei Drittel des Buchumfangs und sind trotzdem
aus Platzgründen inhaltlich stark komprimiert; daher werden
sie - auch
das räumt das Vorwort ein - je nach
Vorkenntnissen des Lesers unter Umständen eher mehr Nachdenken
erfordern als die Fragen selbst. Andernfalls hätte man auf
etliche
Paradoxien und Rätsel verzichten müssen, um den
Umfang des Buchs nicht
zu sprengen. Ob dies sinnvoll gewesen wäre, sei dem Urteil des
Lesers
anheim gestellt.
Auch wenn (oder: weil?) das Lesen und
Rätseln eine beachtliche
intellektuelle
Anstrengung und gelegentlich das Nachschlagen in Lehrbüchern
erfordert
- immerhin gibt es ein gut zusammengestelltes Glossar im Buch -, bietet
"Singender Schnee und verschwindende Elefanten" interessante und
durchaus charmante
Denkanstöße,
die zum Grübeln, logischen Denken und Hinterfragen anregen.
Das Buch
vermag Spaß an der Physik zu wecken oder wiederzubeleben und
zeigt
Lücken im Schulwissen auf.
Die Rätsel sind bis auf wenige Ausnahmen voneinander
unabhängig, sodass
man zwischendurch beliebig viele überspringen kann. Daher kann
der
Leser auch
zunächst einfacher erscheinende Fragen bearbeiten und sich
anschließend
an den schwierigen Problemen versuchen.
Fazit: Ein Buch, das eine geistige Herausforderung darstellt, klar und
spannend
verfasst - aber für eine recht klar definierte Zielgruppe
gedacht.
(Regina Károlyi)
Christopher P.
Jargodzki, Franklin Potter:
"Singender Schnee und verschwindende Elefanten"
Übersetzt von Michael Schmidt.
Reclam, 2008. 188 Seiten.
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Christopher P. Jargodzki lehrt
Physik an der Central Missouri State University. Er
veröffentlichte mehrere Bücher
über Rätsel der Wissenschaft.
Franklin Potter leitet die Forschungsabteilung Teilchenphysik und
Kosmologie an
der University of California, Irvine.