Stef Penney: "Die Zärtlichkeit der Wölfe"


Die spannende Geschichte einer Mörderjagd

Mit diesem rund 540 Seiten starken Roman präsentiert der Goldmann Verlag das Debütwerk einer bemerkenswerten Frau. Stef Penney, 1970 in Edinburgh geboren, widmete sich nach ihrem Philosophie- und Theologiestudium dem Filmemachen und absolvierte eine entsprechende Ausbildung, die sie mit Auszeichnung bestand. Allerdings begann sie schon damals unter Panikattacken zu leiden und entwickelte eine ausgeprägte Agoraphobie, die sie zwang, Recherchen für ihre Filme sowie ihr erstes Buch ausschließlich in der "British Library" zu machen.

In ihrem ersten Drehbuch charakterisierte sie vor einigen Jahren mit Mrs. Ross eine Frau, von der sie nicht mehr loskam und die sie nun in den Mittelpunkt ihres Romans stellt. "Die Zärtlichkeit der Wölfe" spielt in Ontario, Kanada im Winter 1867. Es ist die spannende Geschichte einer Jagd nach einem Mörder, die mitten durch die Weite und Wildnis der kanadischen Landschaft führt.

Eines Tages wird in einer Siedlung die Leiche von Laurent Jammet gefunden. Er wurde brutal zugerichtet und regelrecht skalpiert. Mrs. Ross entdeckt den Toten. Gleichzeitig ist jedoch ihr Sohn Francis, mit dem sie eine nicht ganz einfache, manchmal auch sehr problematische Beziehung verbindet, verschwunden und bleibt auch nach Tagen unauffindbar. Logisch, dass sich der Tatverdacht bald gegen ihn richtet. Auch die Fahnder der "Hudson Bay Company", die bald im Dorf eintreffen, vermuten dies. Mrs. Ross aber begibt sich selbst auf die Suche nach ihrem Sohn. Und so folgt ein Suchtrupp dem nächsten, Francis wird schwer verletzt in einer Christensiedlung fünf Tagesreisen entfernt gefunden und bekennt seine Unschuld. Er selbst habe, noch vor seiner Mutter, Laurent Jammet blutüberströmt und noch warm entdeckt, als er ihn besuchen wollte, und sich sofort auf die Suche nach dem Mörder gemacht, den er noch nicht weit weg wähnte.

Im Rückblick erfährt der Leser nicht nur von der homosexuellen Beziehung zwischen Francis und dem Fallensteller Laurent Jammet, sondern auch vom Schicksal eines geheimnisvollen Knochenplättchens, hinter dem viele Leute her sind, und das möglicherweise Hinweise auf eine frühe schriftliche Kultur Kanadischer Indianerstämme enthält. Letzten Ende geht es aber um Geld, das der Verkauf einer Menge versteckter Felle des seltenen Silberfuchses verspricht.
Der Leser erfährt auch von zwei Mädchen aus dem Dorf, die vor vielen Jahren verschwunden sind und bei Indianern vermutet werden. Der Mann, der am eifrigsten hinter dem Knochenplättchen her ist, hat sie im Auftrag ihres Vaters jahrelang gegen gute Bezahlung gesucht.

Dieser bemerkenswerte Debütroman zeichnet aus einer zarten und sehr mitfühlenden Perspektive das Porträt einer Gesellschaft von Einwanderern in Kanada Mitte des 19. Jahrhunderts. "Die Zärtlichkeit der Wölfe" ist zugleich Abenteuerroman, Liebesgeschichte, Western und Kriminalroman. Besonders haben den Rezensenten die Darstellungen der unterschiedlichen Charaktere beeindruckt und wie die Autorin diese sowohl durch den Gang der Handlung begleitet, als auch sensibel ihren jeweiligen biografischen Hintergrund beleuchtet.

Der Roman ist lang, vielleicht zu lang. Aber in der Länge des Texts drückt sich auch etwas von dem Lebensverständnis und dem Lebensgefühl der Menschen damals aus. Als unterhaltsame Herbst- und Winterlektüre ist der Roman zu empfehlen. Um wirklich große Literatur handelt es sich aber nicht. Warten wir auf Stef Penneys zweites Buch.

(Winfried Stanzick; 09/2007)


Stef Penney: "Die Zärtlichkeit der Wölfe"
(Originaltitel "The Tenderness of Wolves")
Übersetzt von Stefanie Retterbush.
Goldmann Verlag, 2007. 543 Seiten.
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