Julie Parsons: "Zähl die dunklen Stunden nur"
Schuld und Erlösung, Vergeltung und Vergebung
Im
Haus Trawbawn in der Nähe von Fastneck Rock lebt Lydia
Beauchamp bereits seit etlichen Jahren sehr allein, aber nicht
unbedingt zurückgezogen. Die erfolgreiche Autorin von
Büchern über Gärtnerei ist eine gefragte
Expertin und kann sich nicht über mangelnde Aufmerksamkeit
beklagen. Doch direkt vor Ort ist sie nicht allzu gut angesehen, denn
das Anwesen gehörte ursprünglich jemand Anderem, und
die Beauchamps gelten für einige der "Eingeborenen" als
Kuckuckskinder. Dies unter Anderem auch, weil ihre familiären
Verbindungen sich dem Betrachter nicht direkt ohne Weiteres
erschließen.
Ein Außenstehender, der dies zu ändern gedenkt,
nennt sich Adam Smyth. Dieser Mann ist in der Tat eine überaus
seltsame Gestalt, die durch einige Gelegenheitsarbeiten seit kurzem in
der Gegend überlebt und öfters vergnügliche
Sexabenteuer mit Touristinnen hat. Dieser Herr Smyth beginnt sich
für das große Anwesen zu interessieren, und der
Leser merkt schnell, dass dieses Interesse nicht unbedingt
wohlwollender Natur sein dürfte.
Lydia ist in ihrer Einsamkeit schnell an den jungen Mann gebunden, der
sich nach einem Unfall als sehr hilfreich erweist und sich immer wieder
bereit erklärt, kleine Aufträge für sie zu
übernehmen. Als sie in einer Zeitung einen Artikel
über ihre Tochter Grace liest, von der sie seit Jahren
entfremdet ist - seitdem sie sie dazu gezwungen hatte, ihren ersten
Sohn, für den sie keinen Vater hatte, zur Adoption frei zu
geben - und dort von ihrem Schwiegersohn und ihrer Enkelin Amelia
erfährt, bittet sie den jungen Mann, mit ihrem privaten Wagen
nach Dublin zu fahren und Grace dort ausfindig zu machen. Durch ihre
Hilflosigkeit nach ihrem Unfall nachdrücklich auf die
Zerbrechlichkeit des Lebens hingewiesen, möchte sie mit ihrer
Tochter jetzt endlich Frieden schließen. Ebenso mit einigen
anderen schwarzen Punkten ihrer eigenen Vergangenheit.
Die als Lehrerin sehr erfolgreiche Grace, die sich ständig in
neue Projekte stürzt, die hilfreich sind und ihr wenig Zeit
zum Sinnieren über ihr Leben lassen, ist mit der Schule und
der Leitung einer Schreibgruppe im
Frauengefängnis
von Dublin eigentlich mehr als ausgelastet, was die Probleme in ihrer
Ehe und mit ihrer Tochter ein wenig erklärt. Als
plötzlich ein junger Mann in ihr Leben eintaucht, der ihr
irgendwie vertraut vorkommt, ist sie zunächst irritiert, bis
ihr deutlich wird, dass dies ihr verloren geglaubter Sohn ist, den sie
vor etwa 28 Jahren zur Adoption freigegeben hat. Aber niemand, wirklich
niemand, ist in diesem Roman so ganz das, was er zu sein vorgibt.
Eine Geschichte um menschliche familiäre Verwicklungen und
Schuldkomplexe im besten irisch-katholischen Sinn. Der kritische und
leicht zynische
Irlandliebhaber
wird an "Zähl die dunklen Stunden nur" seine reine Freude
haben und Lust auf eine Reise auf die grüne Insel bekommen.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2006)
Julie
Parsons: "Zähl die dunklen Stunden nur"
(Originaltitel "The Hourglass")
Übersetzerin: Doris Styron.
Droemer, 2006. 393 Seiten.
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Julie
Parsons, 1951 als Tochter irischer Eltern
in Neuseeland geboren, lebt
mit ihrer Familie in Dun Laoghaire bei Dublin. Seit ihrem
internationalen Senkrechtstart mit dem Psychothriller "Mary, Mary" ist
sie eine der erfolgreichsten Autorinnen von subtilen Spannungsromanen.
Weitere Bücher der Autorin (Auswahl):
"Sündenherz"
Owen Cassidy, acht Jahre alt, dichtes blondes Haar, hellblaue
Augen -
spurlos verschwunden mitten in Dublin
Halloween
1991. Alle dachten, Owen würde mit seinem besten Freund
spielen. Zu Hause ist er aber nie angekommen. Das Verschwinden seines
Sohnes stürzt Nick in tiefe Schuld. Denn statt sich um ihn zu
kümmern, hatte er den Nachmittag im Bett verbracht - mit der
Nachbarin. Diese Affäre kostet ihn seine Familie, sein
Glück. Ruhelos flieht er nach Amerika und versucht vergeblich
zu vergessen. Zehn Jahre später kehrt er nach Irland
zurück, um sich seiner Vergangenheit zu stellen und
herauszufinden, was sich wirklich ereignet hat, damals, an diesem Tag
im Herbst. Doch alles kommt ganz anders. Nick gerät in eine
Welt des Schreckens, von der er nichts, aber auch gar nichts geahnt
hatte ...
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"Mary,
Mary"
Die Ärztin Margaret Mitchell wird mit dem Undenkbaren
konfrontiert. Ihre geliebte Tochter Mary fällt einem
Gewaltverbrechen zum Opfer. Für Margaret beginnt eine
qualvolle Reise in die Vergangenheit: Was hat sie falsch gemacht im
Leben? Und welche Geheimnisse hat ihre Tochter vor ihr verborgen? Als
der Mörder ihr plötzlich geheimnisvolle Botschaften
sendet, lässt sich Margaret auf das gefährlichste
Spiel ihres Lebens ein.
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"Die Insektenforscherin"
Insektenforscherin Anna aus Dublin vertraut sich nach dem
plötzlichen Tod ihres Gatten Matthew Makepiece an, einem
freundlichen jungen Mann. Zu spät erkennt sie, dass ihr neuer
Partner ein psychopathischer Mörder ist, der seine Verbrechen
so akribisch plant und ausführt, wie er es in einem Lehrbuch
über Insekten
gelernt hat ...
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"Marys Schatten" zur Rezension ...