Martin Palmer: "Die Jesus Sutras
Die
wiedergefundenen Evangelien und Kultstätten taoistischen Christentums in China"
Die Jesus Sutras verbinden die Glaubenslehren des Ostens, Buddhismus und Taoismus mit jenen des jüdisch-christlichen Westens
Anlass
für dieses faszinierende Buch war ein Aufsehen erregender Fund: Der englische
Sinologe Martin Palmer entdeckte in Zentralchina ein christliches Kloster aus
dem 7. Jahrhundert. Zur selben Zeit, in der das Christentum mit Feuer und Schwert
in Mitteleuropa durchgesetzt wurde, blühte im fernen China ein Christentum auf,
das sanft, tolerant und demokratisch war, also der Lehre Christi in weit höherem
Maße entsprach.
Palmer
weist nach, dass die Lehre Jesu im alten China sehr verbreitet war und sogar das
Wohlwollen der kaiserlichen Familie genoss. Während der ersten Tang-Dynastie (7.
bis 10. Jahrhundert) wäre das Christentum fast zur chinesischen Staatsreligion
geworden.
Dieses Buch erzählt
also die abenteuerliche Geschichte der Entdeckung des Klosters von Lou Guan
Tai in Zentralchina, eine Gründung nestorianischer Christen aus dem Jahre 638
und Entstehungsort der Jesus Sutras, auch "taoistische Evangelien" genannt.
Sie stellen eine faszinierende Verbindung der Glaubenslehren des Ostens, also
Buddhismus und
Taoismus,
mit denen des jüdisch-christlichen Westens dar. Diese heiligen Schriftrollen
aus dem 5. bis 11. Jahrhundert wurden bereits 1907 in einer Höhle im nordwestlichen
China von einem Mönch gefunden. Deren Übersetzung und Kommentierung ermöglicht
nun interessierten Laien erstmals die eingehende Beschäftigung mit dem "taoistischen
Christentum". Die Bedeutung dieser Funde stieg nach Palmers Entdeckung des verschollenen
Klosters und kann in ihren Auswirkungen mit den Funden von Qumram verglichen
werden, sodass schon von einem "asiatischen Qumram" gesprochen wurde .
Warum
sich das Christentum in China - wie auch in anderen Regionen Asiens nicht halten
konnte, liegt möglicherweise an dessen Pazifismus und Unpragmatismus. Tatsächlich
hat sich durch den Lauf der Jahrhunderte das Christentum des Heiligen Stuhls als
robuster, zäher, widerstandsfähiger erwiesen. Immerhin verblieb einiges an Grundlegendem,
wenn auch gleichsam verschüttet, erhalten: vieles an Gleichmut, an Toleranz, an
Sanftheit in den asiatischen Religionen wie auch in den asiatischen Mentalitäten
könnte auf christliche Wurzeln zurückzuführen sein. So zeigte etwa
Gandhi sich
nicht zufällig vom der Seligpreisung der Gewaltfreiheit in der Bergpredigt angetan
und erkor sie zum zentralen Paradigma.
Das "taoistischen Evangelien" wirken erstaunlich modern und bieten für uns Europäer die Chance einer spirituellen Erneuerung bzw einer nachhaltigen Bereicherung des heutigen Christentums. Dem Leser bietet dieses glänzend recherchierte und geschriebene Buch eine faszinierende Reise durch Jahrhunderte und Kontinente.
(Franz Lechner; 11/2002)
Martin Palmer: "Die Jesus Sutras"
Ansata, 2002. 350 Seiten.
ISBN 3-7787-7190-6.
ca. EUR 22,-.
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Lien: eine Annäherung der Deutschen Bibelgesellschaft an Jesus von Nazareth