Connie Palmen: "I.M. Ischa Meijer. In Margine. In Memoriam."
Die Schriftstellerin Connie Palmen ist 35 Jahre alt, als sie
den Mann ihres Lebens, den 48-jährigen Journalisten Ischa Meijer kennenlernt,
in dessen Radiosendung sie als Gast auftritt, um dort über ihren ersten Roman
"Die Gesetze" zu sprechen.
Bereits im Zuge dieses ersten Zusammentreffens wird
allen Anwesenden bewusst, dass sich zwei Menschen gefunden haben, die füreinander
bestimmt sind. So banal und abgedroschen das auch klingen mag, es stimmt
dennoch: Die beiden stellen die perfekte Kombination dar. Die in vielerlei Hinsicht
außergewöhnliche Beziehung entwickelt sich ständig weiter, zwischen Gleichklängen
und Differenzen, Erwartungen und Enttäuschungen, Abhängigkeit und Freiheitsdrang.
Connie Palmen und Ischa Meijer leben zunächst eine sogenannte "moderne" Zweisamkeit,
dies jedoch mehr durch Selbstzweifel bedingt als von echter Überzeugung getragen.
Anfangs überwiegt die vollkommene Abhängigkeit der Schriftstellerin (geistig
und körperlich) von ihrem Geliebten, doch durch ihren messerscharfen Verstand
und ihr offenes Wesen nimmt sie den grüblerischen, hochintelligenten aber durch
seine schwere Kindheit psychisch belasteten Partner im selben Ausmaß für sich
ein.
Ischa Meijer war als Kind zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester
in einem Konzentrationslager
interniert. Die gesamte Familie überlebte zwar die Gräuel des Lagerdaseins,
aber das zuvor bereits schadhafte Familiengefüge wurde vollständig zerstört.
Zwischen den Eltern und ihren Kindern gibt es keine Berührungspunkte, es herrscht
eisiges Schweigen, worunter Ischa Meijer leidet. Die
Spannungen,
die zwischen seinem Vater und ihm bis zu dessen Tod fortbestehen, und die innige,
unerwiderte Liebe zu seiner Mutter beeinträchtigen sein
Selbstwertgefühl und
überschatten seine beruflichen Erfolge, ebenso wie sie auch sein Verhalten Frauen
gegenüber prägen.
Einfühlsam aber dennoch unnachgiebig arbeiten Ischa und Connie
daran, die inneren Konflikte bewusst zu machen und zu überwinden und dadurch mit
vereinten Kräften, füreinander und doch auch jeder für sich, freier zu werden.
Gemeinsam
genießen sie die Annehmlichkeiten des Lebens ebenso wie sie dessen Schattenseiten
vereint bewältigen. Auf ihren Reisen, die sie vorwiegend in die Vereinigten Staaten
von Amerika führen, schreibt Ischa Kolumnen für Zeitungen, später auch an einem
Buch, in welchem er die Beziehung zu seinem Vater aufarbeitet, Connie schreibt
am Roman "Die Freundschaft".
Beide profitieren in wachsendem Ausmaß voneinander,
und jeder inspiriert die Arbeit des Anderen. Der Leser kann sich der Intensität
der Verbindung der beiden Personen nicht entziehen, wird Teil dieses einzigartigen
Zaubers, erkennt mitunter auch eigene Verhaltensmuster wieder und gewinnt ernsthafte,
oft auch humorvolle Denkanstöße und Einsichten.
Im Jahr 1995, jenem Jahr, in dem die beiden heiraten wollen, erleidet
Ischa Meijer einen Herzinfarkt und stirbt im Alter von 52 Jahren. Im letzten Teil
des Textes, "In Memoriam" betitelt, behandelt Connie Palmen auf erschütternde
Weise die durch Ischa Meijers Ableben bedingten Ereignisse und Gedanken, das alles
verdrängende Gefühl des Verlassenseins und die "Entzugserscheinungen", aber auch
erste zaghafte Schritte in einen neuen Lebensabschnitt.
Ein Buch von schonungsloser Offenheit, das in jeder Hinsicht
betroffen macht, wunderschön geschrieben und so wahr, dass es weh tut!
(kre)
Connie Palmen:
"I.M.
Ischa Meijer. In Margine. In Memoriam."
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers.
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