Leonardo Padura: "Das Meer der Illusionen"
Der letzte Teil des Havanna-Quartetts: "Herbst"
Mario Conde nähert sich seinem
37. Geburtstag und feiert seine Kündigung von der Polizei, die er beantragt
hat, nachdem sein Chef Rangel im Rahmen einer Ermittlung der Inneren Abteilung
in den Ruhestand gezwungen wurde. Er betrinkt
sich durchgängig und wartet sehnsüchtig auf die Ankunft des Hurrikans Félix,
damit dieser seine Stadt in einer Art und Weise säubert, wie es ihm selbst als
Polizist nie gelungen ist.
Am dritten Tag dieser Selbstzerstörung bekommt er Besuch von seinem Partner,
der ihn zur Arbeit abholen will. El Condes Antrag ist abgelehnt worden und
Rangels Nachfolger hat einen Mordfall an der Hand, für den er El Conde
einsetzen möchte. Die beiden Beamten treffen eine Vereinbarung. El Conde löst
den Fall und dann - und nur dann - genehmigt der neue Vorgesetzte das
Entlassungsgesuch. Und so untersucht el Conde den Fall eines reichen und
einflussreichen Kubaners, der mit einem Spezialvisum aus seiner Fluchtburg in
Miami auf die Insel gekommen war, nur um eines Morgens aus dem Meer gezogen zu
werden, erschlagen mit einem stumpfen Gegenstand und mit den eigenen Genitalien
in seinem Mund.
Wieder führen die Ermittlungen weit zurück in Kubas politische Geschichte und
damit auch in Marios eigene Vergangenheit innerhalb dieser Geschichte, die
voller schwerwiegender Enttäuschungen für Mario war, die ihm jetzt, da er mit
dem System gebrochen hat, das er so lange unterstützte, immer mehr persönlich
verletzend erscheinen. Denn zusammen mit Kuba und der Polizei, deren Teil er
gewesen ist, beginnt auch Mario sich zusehends aufzulösen.
Im Laufe der Geschichte, die immer mehr autobiografische Signifikanz bekommt,
wie ein Interview am Ende des Buchs zeigt, wendet sich El Conde zunehmend von
seiner überaus erfolgreichen zehnjährigen Karriere als Polizist ab und der
noch unsicheren Karriere als Schriftsteller zu, als sich der Hurrikan der Insel
nähert und nicht nur sein Leben durcheinander wirbelt, bevor es nur wenige
Monate später im Zuge des Falls des Eisernen Vorhangs der sozialistische Welt
ähnlich ergehen soll.
Dies ist nun also der letzte Band des Havanna-Quartetts, aber nicht die letzte Geschichte
über El Conde, die in "Adiós, Hemingway" und Paduras neuestem
Roman fortgesetzt wird und dabei seinen Weg als Schriftsteller, nebst weiterer
Erinnerungen an sein früheres Leben, darstellt. Darauf kann man sich wieder
freuen, wenn man die farbenfrohe und doch melancholische Sprache Paduras nicht
missen möchte, die mindestens so süchtig macht wie guter Rum und kubanische
Zigarren.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2005)
Leonardo Padura: "Das Meer der Illusionen"
(Originaltitel "Paisaje de otoño")
Aus dem kubanischen Spanisch von Hans-Joachim Hartstein.
Unionsverlag, 2005. 284 Seiten.
Buch
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Adiós Hemingway"
Vierzig Jahre nach Hemingways Tod wird auf seiner Finca bei Havanna eine Leiche
gefunden, getötet mit zwei Kugeln aus einer Maschinenpistole seiner legendären
Waffensammlung. War Hemingway ein Mörder? Die kubanische Polizei ist beunruhigt
und will um jeden Preis die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit vermeiden.
Doch auf Kuba gibt es nur einen, der diesem Fall gewachsen ist: Ex-Polizist
Mario Conde. Im Zuge seiner Recherchen durchlebt Conde das Drama von Hemingways
letzten Tagen in Kuba. Er befragt ehemalige Angestellte und alte Weggefährten
und findet schließlich ganz unerwartet die Lösung für Hemingways letztes
Geheimnis, nicht zuletzt dank Ava Gardners schwarzem Spitzenhöschen. (Unionsverlag)
zur Rezension ...
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