Ingrid Noll: "Röslein rot"
Man ist geneigt, Annerose
als Durchschnittstyp zu bezeichnen: Sie ist Hausfrau, hat zwei Kinder, ihr Mann
ist Architekt,
und sie bewohnt mit ihrer Familie ein Einfamilienhaus. Lediglich ihre Vorliebe
für Stillleben, die sie in allen Nuancen betrachtet und analysiert, und ihr
Faible für die Malerei,
an der sie sich ein wenig versucht, weichen von diesem Bild ab.
Anneroses Alltag
besteht im Wesentlichen aus ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, ihrer Malerei
und gelegentlichen Treffen mit Freunden. Ihre krankhafte Eifersucht, die sich
aber als nicht ganz unbegründet herausstellt, bringt nach und nach ihr
Familienleben ziemlich durcheinander. Eines Tages wird Udo, der Mann einer ihrer
Freundinnen, tot in seinem Bett aufgefunden. Aufgrund diverser Umstände vermutet
Annerose, dass es sich dabei um Mord gehandelt haben muss und offenbar ihr Mann
in diesen Mord verwickelt ist. Nun gerät ihr Leben total aus den Fugen - teilt
sie mit einem
Mörder ihr Bett ?
Der herbeigerufene Arzt
bescheinigt eine natürliche Todesursache. Nun liegt es allein an Annerose, die
Tat und die Verstrickung ihres Mannes und ihres Freundeskreises
aufzuklären.
Die Erzählkunst der
Autorin in diesem Roman liegt nicht am Handlungsreichtum oder an der Spannung der
Kriminaltat, sondern an der Beschreibung der Rahmenbedingungen der Tat.
Vergangenheit, Familienverhältnisse, Beziehungsprobleme und Umfeld der einzelnen
Personen werden spannend, witzig, ironisch und schwarz-humorig beschreiben. Die
Stillleben, die die Hauptfigur des Romans analysiert, werden absolut plastisch
wiedergegeben. Da kommt Lesefreude auf!
Es gibt wie gesagt
wenig Reißerisches, trotzdem schafft es Ingrid Noll - oft mit einzelnen Sätzen - den
Leser zum Weiterlesen zu motivieren. Dazu eine kleine Passage aus dem Buch:
"In einer Pause kam
Lara zu mir gelaufen. 'Rüdiger ist echt cool', sagte sie. 'Der kann voll gut ein
Pokerface machen.' Zwar empfahl ich meiner Tochter, einen Fremden nicht gleich
mit dem Vornamen anzureden, malte aber zufrieden weiter, ohne zu ahnen, dass er
in den nächsten Tagen ein anderes Spiel beginnen würde."
Das Ende des Romans
erscheint auf den ersten Blick ein wenig unglaubwürdig, aber was ist schon
unglaubwürdiger als die Wirklichkeit?
(Wolfgang Varga; 12/2002)
Ingrid
Noll: "Röslein rot"
Gebundene Ausgabe:
Diogenes, 1998. 288 Seiten.
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Taschenbuch:
Diogenes, 2000. 273
Seiten.
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