Reinhard Urbach (Hg.): "Johann Nestroy"
Stich- und Schlagworte
Das Wort als Waffe - stechen und schlagen mit feiner
Klinge
Pünktlich zur 200. Wiederkehr
von Nestroys Geburtstag am 7. Dezember 2001 lag mit diesem Titel ein alfabetisch
geordneter Sammelband von klugen
Wortspielen
und sprachgewandten Kalauern mit theatralischer Wucht vor. Die berühmt-berüchtigten
Sager, zielsicher aufgeladen mit ätzendem Scharfsinn und höhnendem Schmäh, bisweilen
durchsetzt mit masochistischem Menschenhass haben nichts von ihrer Aktualität
verloren.
Johann (Nepomuk Eduard Ambrosius) Nestroy, der am
7. Dezember 1801 in
Wien geborene Sohn eines Rechtsanwalts, brach das Studium der Rechtswissenschaft
nach einem Jahr ab, begann eine Sängerlaufbahn in Wien und weilte von 1822 bis
1825 in Amsterdam. Es folgten Engagements in der österreichischen Provinz, wobei
er immer mehr als Schauspieler auftrat; Stationen waren Brünn, Graz und Preßburg. 1832 wurde er Mitglied des Ensembles im Theater an der Wien, das 1845
zum Leopoldstädter Theater wechselte. 1860 zog er sich in den Ruhestand nach
Graz zurück, spielte aber auch noch in den Jahren 1861/62 im Wiener Theater am
Franz-Josefs-Kai. Er starb am 25. Mai 1862 in
Graz.
Seinen ersten großen Erfolg feierte der satirisch-humoristische
Dramatiker mit der Zauberposse
"Der
böse Geist Lumpacivagabundus" (1833). Im Gegensatz
zu
Raimunds gemütsbestimmter naiver Fantasie zeigt Nestroys Werk geistvolle
Ironie und desillusionierende Skepsis. Als Meister der Sprachkunst hält er in
Dialekt und Hochsprache den menschlichen Schwächen einen Spiegel vor.
Reinhard Urbach zitiert aus dem
Gesamtwerk, das Volksstücke, Lokal- und Zauberpossen, Parodien sowie realistisch-satirische
Zeit- und Sittenstücke umfasst und Johann Nestroy zum beherrschenden Autor der
Wiener Vorstadttheater machte. Und Reinhard Urbach konnte in der Tat aus dem
Vollen schöpfen: "Ich wollte die alten bösen Sentenzen in ihrer boshaften Menschenfeindlichkeit
in eine willkürliche Ordnung bündeln. Ein Blütenstrauß, neu gewunden zum zweihundertsten
Geburtstag - er soll zum lachenden Nachdenken verleiten."
Ein besonderer Leckerbissen sind zwölf Fotografien, die den Dramatiker als Darsteller
in eigenen Stücken (kostümiert und gestikulierend) zeigen.
Johann Nestroys Beliebtheit gründet
sich zu einem guten Teil auf den dialektischen Witz, der schon die Zeitgenossen
begeisterte, gewürzt mit aforistischen Sentenzen und Wortspielen. Dass die Qualität
der Werke Johann Nestroys weit über die Anforderungen eines auf den Tagesbedarf
ausgerichteten Unterhaltungstheaters hinausgeht, ermöglicht(e) überhaupt erst
ein Buch
wie dieses!
(Felix Grabuschnig; 05/2001)
Reinhard Urbach (Hg.): "Johann Nestroy. Stich- und
Schlagworte"
Deuticke, 2001. 148 Seiten.
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