Håkan Nesser: "Aus Doktor Klimkes Perspektive"
Das
vorliegende, in Schweden schon 2005 veröffentlichte Buch von
Håkan Nesser ist eine Sammlung von Erzählungen
unterschiedlichen Alters, geschrieben in einer Manier, wie sie
für den Autor typisch ist und wie nur er sie beherrscht. Wie
auch seine Van-Veeteren-Romane spielt die Handlung der Geschichten in
jener von Nesser erfundenen Fantasiewelt, die viel mit seinem
Heimatland Schweden zu tun hat, in vielem, besonders bezüglich
Namen der Orte und Plätze, aber auch an die Niederlande
erinnert.
Schon oft hat der Leser in den früheren Büchern
Håkan Nessers von einem Philosophen namens W. Klimke
erfahren. Immer wieder hat sich Nesser auf ihn bezogen, von dem es
leider keinen einzigen Text auf Deutsch als Lektüre gibt.
Nessers Bücher, auch die hier vorliegenden
Erzählungen, leben von seinen geografischen Landmarken und
Fixpunkten, die er immer wieder miteinander verknüpft und
aufeinander bezieht. Wie kein anderer Schriftsteller hat er bisher ein
Werk geschaffen, das als Ganzes verstanden werden will und dennoch
bisher völlig offen ist. Nesser sucht, seinem philosophischen
Vorbild Klimke gleich, nach den Determinanten hinter dem Muster, von
dessen Existenz er immer ausgeht, auch wenn es sich zuweilen als Chaos
ausnimmt. Diese Überzeugung ist quasi seine philosophische
Landmarke, an der er sich orientiert.
Diese Vision eines Musters hinter dem Chaos wurzelt im
Existenzialismus. Selbsteinsicht und Wachsamkeit sind nötig,
um nicht dem Selbstbetrug zu verfallen. Ob es sich bei der von Nesser
immer wieder beschriebenen Determinante um einen ironischen Gott ("der
Regisseur") handelt, oder doch nur eine augenzwinkernde
Anspielung auf den Autor selbst ist, muss offen bleiben.
Immer wieder taucht ein Thema auf in Nessers Werken: Der Mord an der
Kindheit als Initiationsritus ins Erwachsenenleben. Erst wenn durch die
Rückkehr an die Orte des damaligen Geschehens dieses
akzeptiert und bearbeitet ist, kann der Erwachsene seine Zukunft
wirklich die Hand nehmen. So ist Håkan Nesser nicht nur ein
philosophischer Schriftsteller, sondern auch ein tiefenpsychologischer.
Es ist schade, dass wie so oft bei Erzählungen, dieses Buch
nicht jene Aufmerksamkeit bekommt, die früheren Romanen
Nessers zuteil wurde. Dabei sind diese subtilen Erzählungen
eine hervorragende Einführung in seinen Schreibstil und
beziehen sich immer wieder auf frühere Texte und
erläutern sie.
Also: Nicht nur für die Nesser-Liebhaber ein sehr
empfehlenswertes Buch.
(Winfried Stanzick; 06/2007)
Håkan
Nesser: "Aus Doktor Klimkes Perspektive"
(Originaltitel "Från Doktor Klimkes Horisont")
Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt.
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Weitere Bücher des Autors (Auswahl):
"Mensch ohne Hund"
Mit diesem Buch startet eine vierteilige Reihe um einen neuen Ermittler namens
Gunnar Barbarotti.
Barbarottis Rätsel: "Wir haben zwei Personen, einen
Onkel und einen
Neffen. Gemeinsam mit einigen weiteren Verwandten kommen diese ein paar Tage vor
Weihnachten zusammen, um ein Familienfest zu feiern. In der ersten Nacht löst
sich der Onkel in Luft auf. In der nächsten Nacht löst sich der Neffe in Luft
auf. Warum?"
Trautes Heim, Glück allein? Es
ist Dezember in Kymlinge, einem kleinen verschneiten Dorf in Schweden. Familie
Hermansson ist zusammengekommen, um zwei
Geburtstage zu feiern: den fünfundsechzigsten
von Vater Karl-Erik - Lehrer von Beruf, Bildungsbürger par excellence und
gerade erst pensioniert - sowie den vierzigsten der ältesten Tochter Ebba,
erfolgreiche Ärztin, Mutter zweier halbwüchsiger Söhne und ihrer Ansicht nach
weit unter Stand mit einem Supermarktleiter verheiratet. Zu den Feierlichkeiten
erwartet werden zudem die jüngste Tochter Kristina, die beim Fernsehen
arbeitet, und ihr Ehemann, ein karrierebewusster TV-Produzent, mit dem sie einen
kleinen, leicht autistischen Sohn von zwei Jahren hat. Und schließlich gibt es
da noch das schwarze Schaf der Familie, Sohn Walter, der den Jubilaren schon im
vorhinein einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, indem er das geplante
rauschende Fest mit zahlreichen Gästen in eine traute Feier im kleinen Rahmen
verwandelt hat - zu peinlich erschien Familienoberhaupt Karl-Erik Sohn Walters
unrühmliches Verhalten im schwedischen Fern sehen, wo er bei einer Art
Dschungelcamp in Übersee mitgemacht hat: Dummerweise wurde er publikumswirksam
beim Onanieren erwischt und geistert nun als "Wichs-Walter" durch alle
Gazetten ... (btb)
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"Die Perspektive des Gärtners"
Wo ist Sara? Vierzehn Monate ist es her, dass Erik und Winnie
Steinbecks vierjährige Tochter verschwunden ist. Beim Spielen von einem fremden
Mann auf der Straße angesprochen, in einem dunklen, großen Wagen mitgenommen.
Das ist alles, was man weiß. Danach verliert sich die Spur. Kein
Erpresserbrief, kein Hinweis auf mögliche Täter. Es ist nicht der erste
Schicksalsschlag für Winnie - war doch ihr erster Mann zusammen mit der
gemeinsamen Tochter tödlich verunglückt. Um Abstand zu gewinnen, schlägt
Winnie Erik deshalb vor, in die USA zu ziehen. Die beiden lassen sich in New
York nieder. Und zunächst scheint dies die rettende Idee. Winnie fängt wieder
an zu malen, Erik geht jeden Tag in eine öffentliche Bibliothek, um dort zu
schreiben. Schon bald jedoch kippt die Situation. Seltsame Dinge geschehen.
Winnie behauptet zu wissen, dass Sara noch lebt. Sie malt ein Bild, das exakt
die Situation der Entführung wiedergibt, alles ist fotogenau wiedergegeben -
bis auf das Gesicht des Mannes. Erik ist beunruhigt. Durch Zufall entdeckt er,
dass seine Frau heimlich aus dem Haus geht, wenn er fort ist. Dass sie obskure
Bekanntschaften pflegt. Sie streitet es ab. Und dann erfährt er, dass Winnie
ihm nicht die Wahrheit gesagt hat über ihre Vergangenheit. (btb) (btb)
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"Das zweite Leben des Herrn Roos. Ein
Fall für Inspektor Barbarotti"
Ante Valdemar Roos, 59 Jahre alt, ist der Prototyp des Langweilers:
grau, unauffällig, in zweiter Ehe mit Alice verheiratet, seit mehr als zwanzig
Jahren als Ingenieur in einer Firma beschäftigt, die mittlerweile nur noch
Thermoskannen herstellt. Roos ist unzufrieden mit sich, dem Leben, seiner
Ehe,
weiß aber keinen Ausweg. Doch eines Tages geschieht ein kleines Wunder - er
gewinnt im Toto, das er seit dem Tod seines Vaters spielt. Anstatt seine Freude
groß hinauszuposaunen, beginnt er ein Doppelleben in einem abgelegenen Häuschen
im Wald. Dort macht er bald eine neue Bekanntschaft, die er in seinem ersten
Leben so nie für möglich gehalten hätte. Roos freundet sich mit einem jungen
Mädchen an, das aus einem Heim für junge Drogenabhängige ausgerissen ist und
nun verzweifelt eine Zuflucht sucht. Doch schon bald stört ihr Exfreund die
Idylle - und Inspektor Barbarotti hat einen Mordfall zu klären. (btb)
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