Naomi Klein: "No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht"
Ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern
Das von
vielen noch immer wie ein Naturgesetz verteidigte Globalisierungscredo unserer
Tage wird immer stärker als verkommen und mörderisch entlarvt. Nach dem Ende des
Kalten Krieges haben sich mit rasanter Geschwindigkeit wirtschaftliche Gepflogenheiten
verändert. Unternehmen begannen mit scheinbar unumschränkter Gewalt ihren Interessen
nachzugehen. Regierungen verschrieben sich dem "freien Markt" und willigten immer
kritikloser ein, Forderungen der Wirtschaft nach grenzenloser Deregulierung zu
erfüllen.
Konzerne, die bereits weltweit zu den Marktführern
gehörten, verabschiedeten sich von ihren Unternehmensphilosophien und entwickelten
neue Strategien für optimale Gewinnmaximierung
und Verantwortungsminimierung. Die Börsennotierung des Unternehmens und das Image
als neugegründeter und bestens gehegter Wert bestimmten ihr Handeln. Umfangreiche
Marketinginvestitionen zur penetranten Imagepflege ließen wenig Spielraum für
Personal und Produktion. Die in Schwellen- und Entwicklungsländer verfügten "Arbeitslager"
zur Herstellung der im Westen verkauften Waren sollten das Problem lösen.
In
von der westlichen Öffentlichkeit abgeschirmten, militärisch kontrollierten, steuerfreien
"Exportproduktionszentren" fernab vom Mutterunternehmen stellt die von fairen
Löhnen und Sozialrechten lösgelöste -
meist sehr junge weibliche - Belegschaft die im Westen beworbenen und teurer verkauften
Produkte her. Unternehmen und örtliche Regierungen haben sich arrangiert - die
einen erwarten steigenden Profit, die anderen ein bisschen Technologiefortschritt.
Die leidtragenden Arbeiter und Arbeiterinnen sind mit Lächelverbot bis Menstruationskontrolle
an ihrer Arbeitsstätte konfrontiert. Es versteht sich von selbst, dass westliche,
allmächtig agierende "Investoren" an einer Beibehaltung dieser Zustände interessiert
sind.
Da diese Art
der Unternehmenspolitik auch in ihren Zielländern zu sozialen Verschlechterungen
geführt hat, ließ die Entstehung einer Gegenentwicklung nicht lange auf sich warten.
Teures westliches Personal wurde abgebaut, diese Arbeitsplätze sind auf Dauer
zerstört. Das Kräfteverhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen ist
heute unausgewogen. Zweitere gingen und gehen ihrer Arbeits- und Sozialrechte
verlustig und werden mit neuen, unsicheren und unregelmäßigen Arbeitsformen bedient.
Diese Entwicklung ließ Widerstand
gegen die "Global Players" wachsen und ihre Untaten ins Interesse der Öffentlichkeit
rücken.
Naomi Klein
setzt multinationalen Markenunternehmen (stellvertretend auch für weniger bekannte
Firmen mit ähnlichen Praktiken), die heute bedrohlich mächtig sind wie noch nie,
eine erstarkende Protestbewegung entgegen, die kreativ, selbstbewusst, global, hoch organisiert und technisch versiert
agiert. Die scheinbar unverwundbaren, gierigen Wirtschaftriesen werden dabei an
ihrer empfindlichsten Stelle getroffen - ihrem Image. Anti-Marken-Kämpfer und
-Kämpferinnen entzaubern die weltweit verbreiteten Firmen und machen deutlich, wie wichtig ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen einer den Bürgern eines Staates verpflichteten
Politik und den Interessen einzelner Unternehmen ist.
(ama; 01/2002)
Naomi Klein: "No Logo! Der Kampf der Global Players um
Marktmacht"
Riemann Verlag, 2002. 512 Seiten.
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Ein
weiteres Buch von Naomi Klein:
"Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus"
Erst Schock durch Krieg oder
Katastrophe, dann der so genannte Wiederaufbau. So lautet die immer gleiche
Strategie. Ob in Bagdad oder Afghanistan nach der Invasion, ob in New Orleans
nach "Katrina" oder in Sri Lanka nach dem Tsunami: Während die
Menschen noch gelähmt von der Katastrophe sind, werden sie einer weiteren,
diesmal ökonomischen "Schock-Behandlung" nach den neo-liberalen
Vorstellungen unterzogen. Existenzen werden durch den Ausverkauf an westliche
Konzerne vernichtet, es herrscht Wild-West-Kapitalismus der reinsten Sorte.
Naomi Klein erzählt die Geschichte einer der wirkmächtigsten Ideologien
unserer Zeit, Milton Friedmans ökonomischer Doktrin des freien Marktes. Sie
zeigt, wie deren Siegeszug in den letzten dreißig Jahren auf extremer Gewalt
und auf Katastrophen beruht, um die Mechanismen der ungezügelten
Marktwirtschaft rund um die Welt von Lateinamerika über Osteuropa und Russland
bis nach Südafrika und in den Irak durchzusetzen. (S. Fischer)
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Weiterer Buchtipp:
Rüdiger Safranski: "Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch" zur Rezension ...