Malika Mokeddem: "Zersplitterte Träume"
"Wenn du ernsthaft träumst, gibt es deinen Traum wirklich, du kannst ihn sehen!"
"Zersplitterte Träume" schildert das
Leben von Kenza, das von Verlust und Maßlosigkeit geprägt ist. Ihre Mutter hat
sie nie bewusst gekannt und ihren Vater, einen für seine sexuellen Ausschweifungen
bekannten Mann, verabscheut sie. Schon in ihrer Kindheit genießt sie die Zeit
außer Haus, verlebt die Ferien in einem Wüstendorf zwischen aufblitzender Angst
und Lethargie. Alilou, mit dem sie eine intensive Kinderfreundschaft verbindet,
verschwindet in der Wüste und Kenza verschließt sich zunehmend vor der Welt
in einer Art innerem Exil. Rasch erkennt die stolze und starke junge Frau, dass
ihre Chance in der Bildung liegt. Verbissen verfolgt sie ein einziges Ziel:
ihr Examen und ihr Diplom. Sie braucht diese Ziele, um Entbehrungen, Verwicklungen
und die wachsende Schizophrenie ihres Landes zu verdrängen.
Nach Abschluss des Studiums erhält sie die Stelle einer
Oberassistentin an der philosophischen Fakultät gemeinsam mit ihrem Freund
Yacef, dessen Liebe ihr inneres Exil zu durchbrechen versteht. Die Habgier ihrer
Familie ermöglicht Kenza in einer kleinen Dienstwohnung zu leben, eine Sensation
für eine Frau, und doch mit einem Drittel ihres Gehalts und einer Reihe von
Auflagen und Drohungen seitens ihrer Familie erkauft. Ihr Verhältnis zu Yacef
funktioniert mittels eines Codes. Der gemeinsame Freundeskreis besteht aus
intellektuellen Männern und Frauen, deren freiheitlicher Lebensstil immer wieder
von Terrorakten und Traditionalisten in Frage gestellt wird. Doch selbst
intellektuelle Männer begehren keineswegs gegen ihre Familien auf, verlassen
ihre Freundinnen aus Studententagen und heiraten die ihnen versprochenen Frauen.
Auch Yacef hält dem Druck der Familie nicht stand und Kenza erfährt erneut, dass
ihr als emanzipierter Frau kein angemessener Platz in der algerischen
Gesellschaft zusteht. Da sie sich einem Leben in Unfreiheit kompromisslos
verweigert, wendet sie ihrem Land, das seinen Frauen so viel Verachtung
entgegenbringt und seine Kinder zu Frauenfeindlichkeit und Fanatismus erzieht,
den Rücken zu.
Sie reist nach Montpellier um jene Frau zu finden, die ihr
einst die Nachricht vom Tod ihrer Mutter überbracht hat. Slim, Sohn einer
algerischen Mutter und eines afrikanischen Vaters begegnet ihr und wird sie zu
jenen Frauen führen, die ihre Mutter gekannt haben.
Erstmals im Leben wird
einer ihrer Träume wahr: einen Happen essen und dazu ein Bier trinken, allein
auf einer Terrasse - ohne Zurückweisung, ohne Beschimpfung und ohne
Gewalttätigkeiten!
Ein berührender Roman, der aus weiblicher Sicht vom
heutigen Algerien berichtet, einem Land voller Terror und Verachtung gegenüber
seinen Frauen.
(Margarete; 06/2004)
Malika Mokeddem: "Zersplitterte
Träume"
(Originaltitel "Des rêves et des assassins")
Aus dem
Französischen von Barbara Rösner-Brauch.
Unionsverlag, 2004. 176
Seiten.
ISBN 3-293-20296-9.
ca. EUR 8,90.
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Malika Mokeddem wurde 1949 in Kenadsa (Algerien) am Rande der Wüste geboren. Sie besuchte gegen den Widerstand des Vaters, aber mit Unterstützung der Großmutter als erstes Mädchen ihres Clans das Gymnasium. Beginn des Medizinstudiums in Oran, Abschluss 1977 im Exil in Paris. Sie lebt als Schriftstellerin und Ärztin für Immigrierte in Montpellier.
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Die Geschichte von Leila,
die am Rande der alles beherrschenden Wüste aufwächst, ist die Geschichte einer
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Nomadin, widersetzt sich Leila erfolgreich der Verheiratung und besucht als
erste Frau ihres Clans die Schule, später die Universität.
Doch die erste
Euphorie und Liberalisierung nach der Unabhängigkeit Algeriens müssen bald einem
rigiden Fundamentalismus weichen, der die Frauen wieder unter den Schleier und
ins Haus zurückdrängen will. Sittenpolizei und selbsternannte Tugendwächter
ziehen durch die Straßen, um im Namen der Religion die erkämpften Freiheiten
wieder zu beschneiden. Verleumdung, Verachtung und Angriffe auf Leib und Leben
können die junge Frau jedoch nicht von ihrem Weg abbringen. Die Tradition ihrer
Vorfahren, der "blauen Menschen", interpretiert sie auf ihre Weise: als Auftrag,
nicht aufzugeben, sondern weiterzugehen und immer wieder neu aufzubrechen.
(Unionsverlag)
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