David Mitchell: "Chaos"
"Innerhalb des Lebens ist es der
Zufall. Wenn man es aber von außen betrachtet und wie ein Buch liest, ist es von
Anfang bis Ende Schicksal."
Haben Sie schon einmal das 3D-Schach aus
der Science-Fiction-Serie "Star
Trek" gespielt? Wenn ja, böte das Spiel geradezu eine ideale
Vorbereitung auf die Lektüre von David Mitchells Roman "Chaos". Beim
galaktischen Schach bewegen sich die Spieler auf sieben treppenförmig angelegten
Ebenen. Drei Ebenen sind fixiert, vier verschiebbar. Jede Etage scheint für sich
allein zu sein, dabei unterliegen aber alle zusammen demselben Regelprinzip.
"Chaos" wartet mit zehn Kapiteln auf, die an unterschiedlichen
Örtlichkeiten ihren Rahmen haben. Einmal sind die Episoden zeitgleich, dann
wieder chronologisch versetzt. Schnell wird klar, dass jede der in sich abgeschlossenen
Geschichten eine Reihe an Querverbindungen zu den anderen hat. Der Konnex
scheint oft marginal, erweist sich aber nicht selten als wirkungsgebend. Wie die
Synapsen des Gehirns
kommunizieren die Erzählungen über fein verwobene Dendritenstränge miteinander.
Das Chaos gebiert allmählich Ordnung.
Okinawa
Auf diesem kleinen
Eiland, weit im Süden der japanischen Hauptinseln, sucht Quasar (ein
kosmologischer Begriff, der im Laufe des Buches mit unterschiedlicher Bedeutung
vermehrt auftaucht) Unterschlupf. Getarnt als Computerfachmann, der nach Ruhe
vor dem hektischen Alltag trachtet, vergräbt sich der Terrorist in der
Anonymität. Quasar ist ergebener Anhänger "Seiner Luzidität", eines
Endzeitgurus, der in Tokio einen Giftgaseinsatz angeordnet hatte, um die Welt zu
"reinigen". (Anm.: Am 20. März 1995 verübten Anhänger des Kults Aum Shinrikyo in
der Tokioter U-Bahn tatsächlich einen Anschlag mit dem Gaskampfstoff Sarin.
Zwölf Menschen starben, über tausend wurden verletzt). Quasar selbst war zum
"Reiniger" indoktriniert worden. Er glaubt, einen "erhöhten Alphaquotienten"
(spirituell-mental hohe Bewusstseinsstufe) zu besitzen und daran, dass ein Komet
das Ende der verderbten Welt bringen wird. Als er am TV-Schirm mitverfolgt, wie
der gesamte Führungsstab seiner Sekte verhaftet wird, tätigt er einen Anruf, um
den Geheimdienst der Gruppe zu kontaktieren. Die Worte, die er in den Hörer
spricht, lauten: "Die Hunde müssen gefüttert
werden."
Tokio
In der Hauptstadt nimmt der junge Satoru
diesen merkwürdigen Anruf im Musikladen seines Chefs entgegen. Er hängt ein, da
er den Anrufer für einen Spinner hält. Dem Leser stellt sich die Frage: Ist
Satorus dem Hedonismus frönender Boss vielleicht in Wahrheit ein fanatisierter
Sektierer? Hatte sich Quasar verwählt? War ihm bewusst eine x-beliebige falsche
Nummer gegeben worden? Satoru hat mit alldem nichts zu tun. Er ist Verkäufer
antiquarischer Jazzplatten und hat sich unsterblich in Tomoyo verliebt, eine
Halbchinesin, die zu ihm, dem Halbfilipino, scheinbar zufällig fand. Er folgt
seiner Angebeteten nach Hongkong.
Hongkong
In der chinesischen
Wirtschaftsmetropole sitzen Tomoyo und Satoru verliebt in einem Imbissladen.
Neal Brose, Brite mittleren Alters und Angestellter einer Anwaltskanzlei,
beobachtet die beiden neidvoll. Gerne würde er sein Geld gegen deren Glück
tauschen. Die überehrgeizige Kollegin Avril macht ihm das Leben schwer, seine
Frau Katy Forbes hat ihn verlassen, da er eine Affäre mit dem chinesischen
Hausmädchen unterhielt. Zuvor veranlasste ihn Mr Cavendish, sein Chef, für einen
Herrn Grigorskij aus
St. Petersburg Geld zu waschen. Der Betrug flog auf. Nun
ist Neal auf der Flucht vor dem Gesetz wie vor seinem verpatzten Leben, das
aufgrund einer nicht erkannten Diabetes just dann ein Ende nimmt, als der
gestresste Mann endlich zu sich selbst findet.
Heiliger Berg
China in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Der Kaiser wurde gestürzt,
die Republik proklamiert. Doch schon bald terrorisieren die nationalistischen
Kuomintang das Land, gefolgt von der japanischen Besatzungsmacht bzw. Maos
Kommunisten. Die Tochter eines Teehausbesitzers am Fuße des Heiligen Berges
erlebt diese chaotischen Zeiten hautnah mit. Sie wird bedroht, gedemütigt und
vergewaltigt. Ihre einzige Zuflucht ist der "sprechende Baum", in dem sie einen
gütigen Naturgeist wähnt. Die aus der Vergewaltigung geborene Tochter schickt
sie nach Hongkong, um ihr dort - im prosperierenden Kapitalismus - ein besseres
Leben möglich zu machen. Deren Tochter wiederum - das Enkelkind der Frau am Fuße
des Heiligen Berges - wird Hausmädchen. Und der Leser ahnt es bereits, es
handelt sich um die Geliebte von Neal Brose.
Mongolei
Die
okkulteste aller "Chaos"-Episoden wird aus Sicht eines so genannten
Incorpus erzählt, einer körperlosen Wesenheit, die auf der Suche nach ihrer
Herkunft ist. In der Fabel "Drei Tiere denken über das Schicksal der Welt
nach" soll die Antwort darauf zu finden sein. Also wechselt die
immaterielle Seinsform ihre menschlichen Wirtskörper, hüpft von einem zum
anderen, in den Gehirnen stets nach Informationen stöbernd. Schon bald wird
ersichtlich, dass der "sprechende Baum" am Heiligen Berg besagter Incorpus war.
Mittlerweile ist er über europäische Reisende mit der Transsibirischen Eisenbahn
in die Mongolei gelangt. Dort sucht er nach einem
bekannten Volkskundler,
welcher die erwähnte Fabel zu deuten wüsste. Leider begegnet die formlose
Entität dem ehemaligen KGB-Agenten und nunmehrigen Killer Suchbataar. Dieser
erschießt den menschlichen Wirt, in dem die Wesenheit gerade steckt. Der
Incorpus landet irgendwo im Limbus zwischen den Welten und sieht einen Mönch mit
gelber Mütze. Er erfährt, dass dieser sein ehemaliger Meister war. Kurz vor der
nahenden Erschießung durch die Kommunisten hatte der Mönch die Seele seines
Adepten in ein in der Nähe stehendes kleines Mädchen verfrachtet. Im Körper
eines anderen kleinen Mädchens, dem er das Leben rettet, wird der Incorpus am
Ende der Episode wiedergeboren. Endlich hat seine gestaltlose Wanderschaft ein
Ende.
St. Petersburg
Margarita ist Aufseherin in der berühmten
Eremitage. Um ihre gesellschaftliche Position im korrupten Russland nach dem
politischen Umbruch halten zu können, ist sie gezwungen, sich wöchentlich dem
Museumskustos hinzugeben. Ihre Liebe gilt aber dem koksenden Kunsthehler Rudi.
Ein großer Coup noch - "Eva und die Schlange" von Delacroix soll gestohlen
werden, dann wartet ein Leben ohne Geldnöte in der Schweiz. Auftraggeber für den
Diebstahl ist Herr Gregorskij (aus der Hongkong-Episode bekannt). Überwacht wird
die Aktion von Agent Suchbataar (vgl. Mongolei). Der mongolische Killer
verabreicht Rudi eine tödliche Überdosis und schafft es, dass Margarita Jeromé,
Rudis Partner, erschießt, den sie für den Mörder ihres Geliebten hält. Der Traum
vom Glück in der Schweiz ist geplatzt. Der Killer zieht lächelnd von
dannen.
London
Britanniens Hauptstadt ist ein wahrer
Verkehrsknotenpunkt der Handlungsfäden. Marco, seines Zeichens Ghostwriter
(Mitchells "Chaos" heißt mit Originaltitel "Ghostwritten") und
Schlagzeuger der Band "The Music of Chance" rettet eine Unbekannte, die beinahe
von einem Taxi überfahren
worden wäre. Gemäß der "Musik des Zufalls" wird sie im nachfolgenden Kapitel die
tragende Rolle inne haben. Doch zuvor verbringt Marco eine Nacht mit Katy
Forbes, der Witwe von Neal Brose (vgl. Hongkong). Wie die Räuber der Eremitage
scheint sie Delacroix zu schätzen, zumindest hängt ein Poster des Künstlers in
ihrer Wohnung. Marcos Bekannter, Alfred, driftet phasenweise in ein
Paralleluniversum ab (oder ist es die Zukunft?). Er hatte sich selbst auf der
Straße erkannt und die Verfolgung seines doppelten Ichs aufgenommen. Alfreds
Bekannter wiederum wurde in St. Petersburg ermordet aufgefunden. Sein Name:
Jeromé. Nicht genug des Schicksalsgeflechts. Marcos Literaturagent Tim Cavendish
ist der Bruder des korrupten Anwalts aus Hongkong (Boss von Neal Brose und
Geschäftspartner des russischen Mafioso Gregorskij). Mehr noch, in Cavendishs
Bücherladen liegt das Werk "Die Offenbarungen seiner Luzidität"; womit
der Kreis nach Okinawa/Tokio sich schließt.
Neben philosophischen
Betrachtungen über das Londoner U-Bahn-Netz sowie das Glückspiel im Casino
wartet "Chaos" mit einem weiteren Zusammentreffen auf. Im Café lernt
Marco die ganzheitliche Therapeutin Nancy Yoakam kennen. Sie erzählt ihm von
mysteriösen "Alphaemanationen" bzw. vom Buch "Horizont ohne Grenzen - dein
Weg zur
außerkörperlichen Erfahrung". Dessen Autor, ein gewisser Dwight
Silverwind, führt (möglicherweise?) zwei Episoden nach London tiefsinnige
Gespräche mit einem us-amerikanischen Radiomoderator.
"Die Zukunft existiert bereits, Propheten sehen nur das, was schon da ist" - mit dieser
Offenbarung des Autors verlassen wir London in Richtung
Irland.
Clear Island
Die USA führen wieder einmal Krieg am Golf. Der "Präventivschlag" wurde
mit der neuen Homer-Quangcog-Raketentechnologie ausgeführt. Mo Muntervary fühlt
sich mitschuldig. Als genialer wissenschaftlicher Kopf der Firma "Light Box
Research" war sie hauptverantwortlich für die Entdeckung und Nutzung der
"Quantenkognition", die nun bei den Raketen zum Einsatz kommt. Mo hat das nie
gewollt. Ihre Intention ist es immer gewesen, Grundlagenforschung für die
Weltraumbehörde zu betreiben - im Dienste der gesamten Menschheit.
Die Regierung der Vereinigten Staaten denkt anders darüber: Eines Tages erscheint
der "Texaner" vor ihr und will die Wissenschafterin für das "Saragosa-Projekt"
zwangsrekrutieren. In einem Supercollider unter dem texanischen Wüstenboden
sollen neue Wunderwaffen mittels der "Quantenkognition" fabriziert
werden.
Mo löst alle ihre Konten auf und flieht. In London rettet sie ein
Mann (vgl. Marco) vor einem heranrasenden Taxi, Sibirien durchquert Mo mit der
Eisenbahn (vgl. Incorpus). Auch in der Mongolei und in Hongkong versucht sie
ihre Spuren zu verwischen. Doch selbst eine verschlungene Kreuzfahrt auf dem
kleinen Segelboot "St. Fachtna" kann die CIA nicht abschütteln. Der Geheimdienst
will Mrs Muntevary und ihre im "schwarzen Buch" verfeinerten
Forschungsergebnisse. Die Endstation heißt Clear Island, ein Inselchen im
urigsten Irland. Dort hat der "Texaner" Mo Muntevary in die Ecke getrieben. Ihr
Genius wird ab nun in den Dienst der US-Militärmaschinerie gestellt
werden.
Wie einst Kassandra sieht auch Mo den Untergang nahen: "Zu
welch pervertiertem Zoo haben wir die Welt verkommen lassen".
Night Train
"Night Train FM" auf 97.8 ist eine kleine
Radiostation in Texas. Moderator Bat Segundo führt in seiner gleichnamigen
Sendung nächtliche Gespräche mit mehr oder minder seltsamen Anrufern. Da wäre
z.B. Literatin Luisa Rey, die ihr Buch "Eremitage", ein Psychogramm
über einen Mord, bespricht (vgl. St. Petersburg). Eine Nachricht für "Seine
Luzidität" (vgl. Okinawa), verkündet ein anderer Anrufer: Der Komet Aloysius
nähere sich vom Orion aus der Erde. Und schließlich ist da der "Zoowärter", Bats
scheinbar allwissender Gesprächspartner, der über Zugang zu geheimen Daten
verfügt und dessen Position von der Regierung nicht geortet werden kann.
Monatelang meldet er sich wieder und wieder bei "Night Train FM" zu Wort. Er
scheint überall und nirgendwo zu sein. Mit Bat diskutiert der "Zoowärter" Fragen
der Ethik und des Gesetzes. Weder Frau noch Mann sei er, eigenen Analysen
zufolge. Segundos Zuhörer wie auch Mitchells Leser erfahren, dass er die
militärische Forschungsstation Saragosa zerstörte. Außerdem verhindert er
direkt auf Sendung den III. Weltkrieg, indem er die Abschussbefehle für Atomraketen
zunichte macht.
Wer ist der "Zoowärter"? Etwa Mo Muntevarys (vgl. Clear
Island) Mitarbeiter Alain, der einst sagte: "Im Zoo
werden keine Tiere umgebracht"? Oder handelt es sich um "Seine Luzidität" (vgl. Okinawa), der
seine Jünger lehrt, er beherrsche die Fähigkeit der feinstofflichen
Teleportation? Oder aber steckt Esoterik-Prophet Dwight Silverwind (vgl. London)
hinter dem "Zoowärter"? Silverwind war mit einem Leichtflugzeug in der Nähe
Saragosas spurlos verschwunden. Das Rätsel um den Anrufer gerät zur Lehrstunde
in Quantenphysik:
"Man kann den Ort eines Elektrons kennen, aber man weiß
nie, in welche Richtung es sich bewegt, noch, wo es sich zum Zeitpunkt aufhält,
da man die Messung abliest."
Unter der Erde
Am Ende des "Chaos" kommt wieder Quasar zu Wort. Im Subterrain scheint er einen
U-Bahn-Anschlag zu planen. Seine krausen Gedanken geben Angst und Fanatismus
preis. Zuletzt verschwindet er in einem Tunnel ...
Conclusio
Dem Rezensenten fiel auf, dass "Chaos" dem Lauf der Sonne folgt. Die
Geschichte nimmt ihren Anfang im pazifischen Osten, wandert über Asiens
Landmasse nach Europa, überquert den Atlantik und Nordamerika, um wieder im
Dunkel des Fernen Ostens zu vergehen. Pars pro toto steht der Satz:
"Schachspieler, Schriftsteller oder Mystiker wissen, dass der Weg zur
Einsicht tief in den Wald führt" (vgl. 3D-Schach). Der Rezensent wandelt
diese Weisheit dahingehend ab, dass der Pfad der Erleuchtung tief in den
Dschungel der knapp 600 Seiten des Romans führt. Es lohnt sich, bei einigen
Stationen ausgiebig Rast zu machen, Nebenpfade auszuleuchten und die
Vernetzungen zur Hauptroute grafisch festzuhalten; sonst sucht man vergebens
nach der rettenden Ariadne aus dem Erzähllabyrinth des "Chaos" - und es
wird so finster wie im Tunnel des Schlusskapitels.
(lostlobo)
David Mitchell: "Chaos"
(Originaltitel "Ghostwritten. A Novel in Nine Parts")
Deutsch von Volker Oldenburg.
rororo.
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David Mitchell wurde 1969 in Southport
geboren. Er studierte Englische sowie Amerikanische Literatur und promovierte in
Komparatistik an der Universität von Kent. David Mitchell lebte ein Jahr lang in
Sizilien, danach übersiedelte er nach Hiroshima, wo er jahrelang Englisch
unterrichtete. Anschließend kehrte er nach England zurück.
Mit seinem Aufsehen erregenden ersten Roman, "Chaos", gewann er den
"Mail on Sunday/John Llewellyn Rhys Prize". Sein zweiter Roman,
"Number9Dream" (2001), spielt im heutigen Tokyo und erzählt die
Geschichte von Eiji Miyakes Suche nach seinem Vater.
2004 erschien der dritte Roman:
"Der Wolkenatlas"
Ein us-amerikanischer Forschungsreisender macht Mitte des 19. Jahrhunderts auf
einem Schiff im Pazifik die Erfahrung, dass, wer Gleichheit und Brüderlichkeit
predigt, leicht gekreuzigt, gevierteilt und verbrannt wird. Einen jungen
britischen Musiker verschlägt es 1931 auf der Flucht vor Gläubigern nach
Belgien, wo er nicht nur einem berühmten Komponisten beim Verfassen seines
Meisterwerks hilft, sondern auch dessen Frau begattet. Ein Atomwissenschaftler
in den siebziger Jahren ist auf der Flucht vor seinen Mördern und spielt einer
schönen Journalistin Berichte über Sicherheitslücken in einem neuartigen
Atommeiler an der amerikanischen Westküste zu. In der Jetztzeit landet ein
Londoner Schundverleger irrtümlich in einem Irrenhaus. In naher Zukunft wird
eine geklonte koreanische "Fabrikantin" wegen des Verbrechens verhört,
ein Mensch sein zu wollen. Und im Hawaii einer fernen Zukunft wird ein junger
Ziegenhirt Zeuge des endgültigen Falls der Menschheit. Sechs Leben in fast
tausend Jahren: und doch ein einziges Abenteuer - denn diese Geschichten sind
allesamt miteinander verbunden, bedingen einander, entwickeln sich aus einander.
"Der Wolkenatlas" ist ein ebenso raffiniert wie unterhaltsam
fabulierter globaler Kontinuum-Roman, der nichts weniger als Gegenwart und
Zukunft der sogenannten westlichen Zivilisation zum Thema hat. Von der naiven
Welterkundungssehnsucht des 19. Jahrhunderts über das Geniedenken und das
Scheitern des Individuums im 20., die industriellen Allmachtsfantasien im 21.
und schließlich die fällige Zerstörung der Welt in der Zukunft - Mitchell
erfindet für all das eine eigene Ausdrucksform, ja eine eigene Sprache und
Gattung. Thomas Pynchon klingt hier mit, aber auch
William Gibson und
Philip
K. Dick. Mit einem Wort, ein Werk, das in seiner bizarren Grandezza selbst
schon wieder wirkt wie aus vergangenen, größer denkenden Zeiten und das doch
äußerst modern ist - und immer süffig, faszinierend, spannend. Ein
Lesevergnügen für Literatursüchtige. (rororo)
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Weitere Bücher des Autors:
"Die tausend Herbste des Jacob de Zoet"
Stellen Sie sich ein Reich vor, das sich seit anderthalb Jahrhunderten von der
Welt abschottet. Niemand darf hinaus, kein Fremder hinein. Und doch bietet ein
schmales Fenster Einblick in diese nationale Festung: eine künstliche, ummauerte
Insel in einem Hafen des Landes, bewohnt von einer Handvoll europäischer
Händler.
Das Land heißt Japan,
der Hafen Nagasaki und die Insel Dejima, man schreibt das
Jahr 1799. Dorthin versetzt David Mitchell seinen Helden, den jungen
Handelsangestellten Jacob de Zoet, der hofft, auf der von Geschäftemachern und
zwielichtigen Gestalten bewohnten Insel sein Glück zu machen. Stattdessen stößt
ihn das Schicksal in ein wildes Abenteuer: Er verliebt sich in die Japanerin
Orito, die Tochter eines Samurai und Hebamme, die sich vom Inselarzt Dr. Marinus
medizinisch ausbilden lässt. Doch eines Tages stirbt Oritos Vater, und sie
verschwindet. Plötzlich geht das Gerücht, sie sei in die Sklaverei verkauft
worden, um seine Schulden zu begleichen. Jacob geht dem nach und wird in
Falschheit, Verrat und Mord verstrickt ...
Dies ist ein staunenswertes künstlerisches Werk: ein historischer Roman mit
exotischem Kolorit, gefährlichen Verwicklungen, einer veritablen Seeschlacht und
einer Vielfalt bunter Gestalten. Zudem ist es meisterhaft erzählt und voller
poetischer Beschreibungen, die den Zusammenprall zweier Kulturen auf eine Weise
illustrieren, dass man einmal an flämische Malerei denkt, dann wieder an japanische
Tuschkunst. David Mitchell hat einen großen Abenteuer- und Ideenroman
geschrieben. (Rowohlt)
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"Der dreizehnte Monat"
1982: Es ist ein regennasser Jänner in Black Swan Green, einem Dorf in der
toten Mitte Englands. Jason Taylor - heimlicher Stammler und zögernder Poet -
befürchtet ein Jahr der schlimmsten Langeweile. Doch er hat weder mit einem
Haufen Schulschwänzer gerechnet, die ihm das Leben schwer machen, noch mit köchelndem
Familienzwist, der exotischen (belgischen) Immigrantin, dem Falklandkrieg oder
gar mit jenen rätselhaften Geschöpfen, die man Mädchen nennt.
David Mitchells ebenso bezaubernder wie turbulenter Roman kartografiert dreizehn
Monate im schwarzen Loch zwischen Kindheit und Erwachsenwerden, das Ganze im
Abendrot eines heruntergekommenen Ex-Weltreiches. (Rowohlt)
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