Paul Babiak, Robert D. Hare: "Menschenschinder oder Manager"

Psychopathen bei der Arbeit


Paul Babiak ist Arbeits- und Organisationspsychologe, Professor Robert D. Hare berät als Psychologe unter anderem das FBI. Zusammen haben sie einen Titel verfasst, der als 282-seitiges gebundenes Buch im März 2007 in deutscher Sprache im Hanser-Verlag erschien. Das Thema: Psychopathen im Alltag.

Die Autoren schildern in ihrem Werk, wie häufig Menschen mit psychopathischen Zügen im Umfeld anderer Menschen zu finden sind. Im Vordergrund steht hierbei das Berufsleben und dabei vor allem Menschen, die Führungspositionen besetzen. Anschaulich und mit zahlreichen (teilweise fiktiven) Fallbeispielen zeigen sie auf, was einen Psychopathen ausmacht, wo seine besonderen Stärken und Schwächen liegen und auch, in welche Schwächen anderer Menschen sie leicht wie eine Wespe stechen können. Babiak und Hare schildern sie als schillernde, einnehmende, forsche und überzeugungskräftige Personen, die leicht das Vertrauen ihrer Mitmenschen gewinnen und diese unbemerkt bis zuletzt zum Werkzeug ihrer eigenen Interessen machen können. Die Palette reicht hierbei von Betrügern, die sogar etablierte Unternehmen ins Wanken oder in den Ruin treiben können, bis hin zum doch eigentlich netten Kollegen, dem man lange Zeit nicht anmerkt, dass das, was er - in der Regel hinter dem Rücken anderer - treibt, echtes Mobbing ist.

In diesem Buch wechseln sich stark plakative Passagen mit informativen ab. Vor allem die zahlreichen Fallbeispiele, bei denen manche eine bestimmte psychopathische Vorgehensweise in abgeschlossener Weise skizzieren, andere wiederum kapitelübergreifend immer wieder auftauchen, haben einen reißerischen Anstrich.
Zum Glück wird in etwa mehr als ein Drittel des Buches für fachliche Hintergrundinformationen verwendet. Wer sich mit Psychologie oder Psychiatrie schon ein wenig auskennt, findet hier eine leicht zu lesende Lektüre vor; wer aus rein privatem Interesse ohne Vorkenntnisse aus den Fachbereichen zu diesem Titel greift, wird aufgrund der allgemein verständlichen und zusätzlich mit Beispielen und in separaten Rahmen gesetzten, ausformulierten Querverweisen ebenfalls eher keine Schwierigkeiten haben, dem Thema zu folgen. Hier zeigt sich die größte Stärke des Buches: komplexe Zusammenhänge werden leicht verständlich erläutert, und die Autoren verzichten trotz des begrenzten Rahmens, der für solcherlei Fachinformationen verwendet wurde, nicht darauf, auch explizit abzugrenzen. Nicht jeder in beschriebener Form auffällige Mensch ist zugleich auch Psychopath. Manche Menschen weisen Züge des Psychopathen auf, bewegen sich damit aber durchaus in einem nicht pathologischen Rahmen (was den Begriff des Psychopathen also an dieser Stelle negiert). Wieder andere Menschen weisen zwar pathologische Züge auf, lassen sich aber eher anderen psychiatrischen Störungen, etwa der narzisstischen, zuordnen. Diese feinen, aber wichtigen Unterschiede finden ebenso ihren Platz in diesem Buch wie die plakativen Fallbeispiele, so dass der Titel inhaltlich dadurch keineswegs zu einem Trendbuch niederen Niveaus verkommt, sondern durchaus als interessante und ernst zu nehmende Lektüre zu werten ist.

Wer sich für Psychologie und Psychiatrie interessiert und ein aktuelles Thema dazu in Form eines unterhaltsamen Sachbuches lesen möchte, ist mit "Menschenschinder oder Manager" in jedem Fall gut beraten. Wer sich eher nicht für das Fachliche interessiert, sondern mehr für die Beschreibung von Missständen in Hinblick auf das Hauptthema "Fehlbesetzungen in Führungspositionen", wird allerdings ebenfalls auf seine Kosten kommen.

Die etwas reißerisch aufgemachten Fallbeispiele finden sich wohl für beide Zielgruppen in eher grenzwertigem Maße in diesem Buch, doch bleibt dennoch die Empfehlung dafür bestehen.

(Tanja Elskamp; 04/2007)


Paul Babiak, Robert D. Hare: "Menschenschinder oder Manager"
(Originaltitel "Snakes in Suits. When Psychopaths go to Work")
Übersetzerin: Ingrid Proß-Gill.
Hanser Wirtschaft, 2007. 282 Seiten.
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