Johann Georg Lughofer: "Des Kaisers neues Leben"
Der Fall Maximilian von Mexiko
Das tragische Schicksal
des habsburgischen Erzherzogs Ferdinand Maximilian, der als Kaiser von
Mexiko nach offizieller Geschichtsschreibung 1867 hingerichtet wurde,
bewegt auch mehr als hundert Jahre danach die Gemüter. Der
Historiker Johann Georg Lughofer, der sich selbst als
Gastforscher in Mexiko aufhält, zweifelt daran, dass der
jüngere Bruder von
Kaiser Franz Joseph I.
tatsächlich damals den Tod fand. Vielmehr greift er eine These auf, die seiner
Meinung nach viel weniger Ungereimtheiten um das Ende des Habsburgersprosses
zurücklässt.
Der Autor beschreibt
Ferdinand Maximilian als fein- und kunstsinnigen Mann, der zeitlebens
darunter litt, Zweitgeborener und somit nicht direkter Thronfolger
im
Hause Habsburg zu sein. Er sehnte sich nach
einer sinnvollen, verantwortungsvollen Aufgabe, die ihm in Form der
mexikanischen Kaiserwürde angetragen wurde.
Das ferne,
große Land lag nach Erlangung seiner Unabhängigkeit
jahrzehntelang im Bürgerkrieg. Europäische
Mächte, aber auch konservative Kräfte Mexikos,
sehnten sich nach Intervention, um an alte Zeiten des Glanzes
anzuschließen. Allen voran strebte der französische
Kaiser
Napoleon III.
nach Einfluss im lateinamerikanischen Raum. Ein von Frankreich gestütztes
Marionettenregime unter einem europäischen Herrscher wurde angepeilt.
Maximilian schien der
ideale Kandidat für diese Aufgabe zu sein. Voller Tatendrang
verließ er seine Heimat, um sich der abenteuerlichen Aufgabe
zu stellen, als mexikanischer Kaiser sein neues Reich zu befrieden. Das
Vorhaben endete in einer Katastrophe für ihn - oder aber auch
nicht. Er könnte - nach Inszenierung seines Todes - ein
glückliches und zufriedenes Leben als bürgerlicher Justo Armas in El Salvador geführt haben. Lughofer widmet sich
dieser Theorie, die von einem geschichtsinteressierten Architekten
namens Deneke stammt. Jener ging jahrelang intensiv offenen Fragen nach, die
nach dem Tod des jungen Kaisers aufgeworfen wurden.
Warum versuchte der
Kaiser nicht zu flüchten? Warum fand die angebliche
Hinrichtung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt? Warum
empörten sich die europäischen
Herrschaftshäuser - besonders Österreich-Ungarn -
nicht über dieses Todesurteil, gegen das sie intensiv
interveniert hatten? Die offizielle Geschichtsschreibung kann hier
tatsächlich viele Ungereimtheiten nicht auflösen. Das
Thema Maximilian ist nach wie vor umstritten. Auch Lughofers
aufgegriffene These bleibt noch unbewiesen.
Fazit:
Leichte, spannende
Lektüre für Geschichtsinteressierte.
(ama; 10/2002)
Johann Georg Lughofer: "Des Kaisers neues Leben.
Der Fall Maximilian von Mexiko"
Ueberreuter, 2002. 200 Seiten.
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