Peter Steinacker: "Das kann doch nicht wahr sein!"
Mathematische Debakel, Logische Katastrophen und Paradoxa
Anspruchsvoller Denksport vom
Feinsten
Man nehme ein Stahlseil, dessen Länge exakt dem Umfang der
Erde am Äquator entspricht, und umspanne diesen so, dass das Seil an der
Erdoberfläche anliegt. Wenn in das Seil ein Stück von einem Meter Länge
eingefügt und das Seil anschließend überall denselben Abstand von der
Erdoberfläche hat, kann dann eine Maus darunter durchlaufen?
Die Antwort
wird Sie vermutlich überraschen, und es wird nicht die einzige Antwort auf in
diesem Buch gestellte Fragen sein, die Sie eigentlich als unmöglich verwerfen
würden, selbst wenn Sie sich in der Oberstufenmathematik tapfer geschlagen
haben. Der so genannte gesunde Menschenverstand spielt uns manchen Streich, wenn
er gegen mathematische Logik und Beweisführung ins Feld ziehen muss. Wir lassen
uns schon einmal "eindeutig" beweisen, dass 3 = 5, wenn ein Mathematiker uns
aufs Glatteis führen will. Auch
der Begriff der
Unendlichkeit, mit dem aufs
Alltägliche, Fassbare fixierten Verstand nur schwer nachzuvollziehen, ermöglicht
das eine oder andere originelle Rätsel.
Selbst etwas so Vertrautes wie
ein Stück Karopapier kann uns jedoch verblüffen, wenn beim Ausschneiden und
neuen Zusammensetzen scheinbar Kästchen verloren gehen. Oder eben doch nicht.
Aber auch etwas so "Handfestes" wie die Geometrie kann zuweilen
verblüffen.
Manches Rätsel dürfte Ihnen in ähnlicher Form vertraut sein.
Wenn drei Personen, die einander ansehen können, je einen Hut in Schwarz oder
Weiß aus einem Fundus von drei schwarzen und zwei weißen Hüten tragen, wie kann
der Einzelne angesichts der Anderen und ihrer Reaktionen Rückschlüsse auf die
Farbe des eigenen Hutes ziehen?
Auch Zenons Aporien und das Paradoxon des
Epimenides ("Alle Kreter sind Lügner." Epimenides war jedoch selbst Kreter) sind
weithin bekannt, aber manches klassische und neue Paradoxon vermag den Leser aus
logischer Sicht aufs Kreuz zu legen. Und so kann der Leser sein Wissen und seine
mathematische Intuition in den Abschnitten "Ein wenig Logik kann nicht schaden",
"Mathematische Debakel" und "Große und kleine logische Katastrophen" auf
unterhaltsame Weise testen: Rund 130 Aufgaben bieten für jeden Freund
mathematischer Knobeleien die passenden Herausforderungen.
Recht dünn
wirkt das attraktiv aufgemachte Büchlein auf den ersten Blick, doch dieser
täuscht: Man sitzt über "Das kann doch nicht wahr sein!" mit Sicherheit länger
als über einem Belletristikband doppelter oder dreifacher Länge - sofern man
Spaß an rechnerischen Spielereien und
Rätseln hat (und nicht hauptberuflich
Mathematiker ist). In diesem Fall dürfte das Buch auch spannender sein als
mancher
Krimi.
Mit einigen mathematischen Gesetzen und Regeln, zum
Beispiel den Binomischen Formeln, sollte der Leser vertraut sein. Andernfalls
muss er zuweilen solche Grundlagen der Mathematik nachschlagen. Die Lösungen, im
Anschluss an die einzelnen Abschnitte zu finden, sind meistens ausführlich
genug, dass auch ein Laie sie einwandfrei nachvollziehen kann; in vielen Fällen
gibt es zudem aufschlussreiche Illustrationen.
Das Buch bietet Denksport
erster Klasse, originelle Aufhänger und für alle, die in der
Mathematik
nicht mehr so firm sind wie in ihrer Schulzeit, sehr charmante Aufgaben zur
Auffrischung des logischen Könnens.
(Regina Károlyi; 12/2006)
Peter Steinacker: "Das kann doch nicht wahr
sein!"
Hanser Fachbuchverlag, 2006. 163 Seiten.
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