Kurt Marti: "zoé zebra"
neue gedichte
Kurt Marti, einer der bedeutendsten
Schweizer Lyriker, versteht es, den Leser im vorliegenden Gedichtband mit
brillanten Sprachbildern, wohltuendem Wortwitz und seinem grandiosen Können in
seinen Bann zu ziehen. Tiefe Nachdenklichkeit wird abgelöst von fantastischem
Staunen und meditativer Gelassenheit. Zeitkritik und Engagement des Künstlers
werden spürbar und vor allem die große Zärtlichkeit, die seinen Betrachtungen
zugrunde liegt. Gerade diese Zärtlichkeit überträgt sich auf den Leser und macht
es möglich, die vorliegenden Gedichte zu erspüren, sich darauf einzulassen und
darin einzutauchen mit allen Sinnen.
Kurt Martis eigenwillige
Wortkreationen lassen berührende Bilder entstehen, die die Welt bunter und
intensiver machen und im Herzen des Lesers haften bleiben. Und so entsteht beim
Lesen an einem sonnigen Tag die Sehnsucht nach einem echten Gentleman-Regen und
der Wunsch, die Seelenfarben der Zweifler, Optimisten, Wolllüstigen, Scheuen,
Frommen und Gedemütigten, so wie Kurt Marti sie beschreibt, eines Tages
nachspüren zu können, vor allem jene der Liebenden, die aus kunterbuntem Mimikry
bestehen. Faszinierend nicht zuletzt die Vielfalt der Themen, die auch den
Herbst des Lebens und den Tod
behandeln und gleichzeitig neue Perspektiven eröffnen, wie im Gedicht
"wolkengucker", das mich sehr ergriffen hat:
werde das meer nie wieder
sehn
nie mehr auf einem berggipfel stehn
über keine grenze mehr
gehn:
mir bleibt die lust in den höhn
luftreisende wolken zu sehn
Kurt Marti wurde 1921 in Bern geboren und arbeitete nach dem Studium der
Theologie bis 1983 als Pfarrer in Bern. Sein umfassendes literarisches Werk ist
geprägt vom christlichen Glauben und politischem Engagement. Die Literatur der
deutschen Schweiz verdankt ihm wesentliche Impulse, denn Marti hat sich von
Anfang an nicht auf ein Thema oder eine Form beschränkt, sondern verschiedene
Möglichkeiten der Innovation erkundet. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet,
zuletzt 1997 mit dem
Kurt-Tucholsky-Preis und 2001 mit dem
Karl-Barth-Preis.
(Margarete Wais; 08/2004)
Kurt Marti: "zoé zebra"
Nagel & Kimche, 2004. 96 Seiten.
ISBN
3-312-00347-4.
ca. EUR 14,30.
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Leseprobe: | |
siesta leib im licht-schatten-wurf der lamellen stillstehen die hitze die zeit nur zoé zebras schlafatem geht (...) seiltänzerin fasst fuß auf wenig fußt auf fast nichts setzt fuß vor fuß hoch über köpfen (...) alte weise es zottelt ein wölklein heiter noch weiter ins blau und weiß doch genau was ihm droht denn das blau ist sein tod |