Maximilian Schell, Thomas Montasser: "Meine Schwester Maria"
"Seltsam, im Nebel zu wandern.
Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den anderen,
jeder ist allein." (Hermann Hesse)
"Meine Schwester Maria" ist die
Geschichte einer großen Schauspielerin, einer Frau aus der Nachkriegszeit, der
es durch ihr herausragendes Talent gelang, sich in die Herzen der Menschen zu
spielen.
Maximilian Schell erzählt die Lebensgeschichte seiner Schwester auf
sehr persönliche, kritische und liebevolle Art und zeichnet damit ein
wunderbares Porträt einer sehr verletzlichen Frau, die in den letzten Jahren
gelernt hat, sich zu bescheiden. Wo ist das Recht geblieben, das Höchste zu
verlangen? Verloren gegangen wie ihre Erfolge, Siege, Niederlagen und
Träume.
Maria Schells Leben war geprägt durch grandiose schauspielerische Erfolge und
ihre internationale Karriere, aber auch immer wieder durch private Rückschläge,
Verluste und Enttäuschungen. Jahrelang standen nur ihr Ruhm und Glanz im Mittelpunkt
der Berichterstattung. Doch die Wunden der Vergangenheit haben Maria Schell
stark zugesetzt, und so kam sie immer mehr durch ihre Finanzgebarung, ihre angeschlagene
Gesundheit und ihren
Selbstmordversuch
in die Medien, die mit ihrem menschenverachtenden Umgang das Recht auf Privatsphäre
missachten und Maria Schell selbst in der Abgeschiedenheit ihrer Alm nicht in
Ruhe lassen.
Maximilian Schell fasst den Lebens- und Leidensweg seiner
Schwester in Worte und geht der Frage nach: Was passiert, wenn der Ruhm vergeht
und die Liebe nicht mehr funktioniert? Er zeigt einerseits Maria Schells
Gebrechlichkeit und Abgewandtheit vom Leben und andererseits ihren grandiosen
Überlebenswillen, der sich als Gehen im Schnee manifestiert. Die Schneebilder,
die am Anfang des Buches stehen, berühren zutiefst; dieses Kämpferische, sich
gegen widrige Verhältnisse zu wehren, ihnen zu trotzen - trotz all der
Zerbrechlichkeit, fasziniert und bestürzt zugleich.
"Meine Schwester
Maria" porträtiert nicht nur das Leben Maria Schells, sondern thematisiert auch
ihre Eltern, ihre Männer, Kinder und Geschwister. Es ist eine Betrachtung aus
nächster Nähe, voller Intimität. Der vertraute Umgangston vieler
geschwisterlicher Gespräche lässt die enge Beziehung zwischen Bruder und
Schwester erkennen, und es verwundert kaum, dass Maximilian Schell die Alm trotz
all der offenen Forderungen erhalten möchte und dafür bereit ist, seine Sammlung
an wertvollen Bildern zu opfern. Diese Sammlung wird ihm angesichts der Probleme
seiner Schwester plötzlich gleichgültig, und er entscheidet, dass es wichtiger
ist, Lebenden zu helfen als sein Herz an Dinge zu hängen, die man nicht auf
seine letzte Reise mitnehmen kann.
Fazit:
Ein Buch wie eine Collage, eine
Familiengeschichte geprägt von Trennung und Zusammenhalt und Maria Schell, deren
aufregendes Leben jeden Hollywoodfilm in den Schatten stellt.
(Margarete Wais; 08/2004)
Maximilian Schell, Thomas
Montasser:
"Meine Schwester Maria"
Europaverlag, 2004. 224 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:
Maximilian Schell: "Ich fliege über dunkle Täler. Erinnerungen"
Maximilian Schell, am 8. Dezember 1930
in Wien geboren, mit zahllosen
internationalen Preisen ausgezeichneter Theater- und Filmschauspieler,
Dramaturg, Regisseur, Filmproduzent, Konzertpianist, der "Hamlet" in
Gründgens' legendärer Abschiedsinszenierung am Hamburger Schauspielhaus
(1963), der gefeierte "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen
(1978-1982), "Oscar"-Gewinner als bester Hauptdarsteller 1962 (für
die Rolle des Anwalts Hans Rolfe in "Das Urteil von Nürnberg"),
vielfach "Oscar"-nominiert (etwa für seine Filmdokumentation
"Marlene") und vieles mehr.
"Ich werde verfolgt und habe Angst und renne und renne, immer höher
hinauf - schließlich stehe ich auf einem Balkon und realisiere: Ich kann jetzt
nicht mehr weiter. Plötzlich fällt mir ein: Ich kann ja fliegen. Und dann stoße
ich ab und fliege über dunkle Täler, und unten ist die Menge, die zu mir
raufschaut. Ein oft wiederkehrender Traum."
Maximilian Schell erzählt erstmals in einem Buch Privates wie Berufliches
aus allen Phasen seines Lebens, ehrlich, spannend und sprachgewaltig. Von der
Flucht der Familie vor den Nazis, von zwei bitteren Jahren als Kind im
Waisenhaus, von den ersten Schauspielversuchen und den Dreh- und Theaterarbeiten
mit Marlon Brando,
Gustaf Gründgens oder
Peter Ustinov ebenso wie über seine
Beziehungen zu Marlene Dietrich, Prinzessin Soraya oder zu seiner berühmten
Schwester Maria. Das Leben eines großen Künstlers, der als erster
deutschsprachiger Schauspieler nach dem Zweiten Weltkrieg einen "Oscar"
gewann und doch von sich sagt: "Ich bin kein Erfolgsmensch. Ich bin
Student. Das bleibt auch so." (Hoffmann und Campe)
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