Uwe Naumann (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit Astrid Roffmann: "Die Kinder der Manns"
Ein Familienalbum
Gewichtiges Album mit erfüllenden Texten und Bildern
Wer diesen bald zwei Kilogramm schweren Band liest und betrachtet, der
kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Eine Unmenge an Bildmaterial
und Texten strömt hervor, als ob sich eine Mann'sche Schleuse geöffnet
hätte und sich der Reichtum einer ganzen Familie über einen ergieße.
Und hiermit ist nicht nur der in der enormen Anzahl an Fotografien
sichtbar gewordene Reichtum gemeint, sondern insbesondere auch der
Erlebnis- und Erfahrungsschatz dieser einzigartigen Familie Mann.
"Die Kinder der Manns" ist nicht nur ein Familienalbum der Kernfamilie,
sondern ein weltbürgerliches Erinnerungsbuch, das an großartige, aber
auch tragische Persönlichkeiten der deutschen, europäischen und
amerikanischen Kultur, Politik und Wissenschaft im vergangenen
Jahrhundert erinnert.
Dem Germanisten und Soziologen Uwe Naumann ist es zusammen mit der
studierten Germanistin und Kunsthistorikerin Astrid Roffmann gelungen,
die Spanne von 1905 bis 2002, in welcher die Kinder von Thomas und
Katja Mann lebten, sowohl von der persönlichen Geschichte her als auch
kulturell und politisch sehr lebendig darzustellen, so dass man schon
von einem historischen, reich bebildertem Lesebuch sprechen kann.
Wie sieht nun dieser Sammelband konkret aus?
Nach einer gelungenen Einführung der Herausgeber, die neben ihren Text
einzelne Porträtfotos der Eltern und Kinder stellen, wird in sieben
Kapiteln ausführlich von den Manns erzählt.
Während das erste Kapitel sich mit dem Elternpaar Thomas und Katja Mann sowie der Kindheit ihrer
Sprösslinge befasst, geht es im zweiten Kapitel um die Jugend und die frühen Erwachsenenjahre der Manns.
Der folgende Teil zeigt sehr facettenreich, wie die Manns als aus
Deutschland Ausgebürgerte in Europa zunächst noch ihr Zuhause suchten.
Im vierten Kapitel mit dem Titel "Das andere Deutschland" wird das
Leben der Manns während des Zweiten Weltkrieges beschrieben.
Relativ kurz geraten ist das fünfte Kapitel und lenkt die
Aufmerksamkeit auf die ersten Nachkriegsjahre, ehe im treffend
überschriebenen
sechsten Kapitel ("Die letzte Adresse") die Zeit kurz vor und nach dem
Tod des "Familienoberhauptes" Thomas Mann im Jahre 1955 in den
Mittelpunkt gerückt
wird bis zum Tod der Mutter Katja Mann im Jahre 1980.
Das letzte Kapitel ist quasi der Abschiedsabschnitt, welcher die
letzten Jahre der drei zuletzt noch verbliebenen Mann-Kinder (Monika,
Golo und Elisabeth) aufzeigt.
Im äußerst sorgfältig angelegten Anhang finden sich Zitatnachweise,
Hinweise zu Primärliteratur der Mann-Kinder und ebenso
Sekundärliteratur über sie sowie eine Danksagung des Herausgeberduos,
welches - das muss erwähnt werden - noch einmal deutlich macht, wie
weit gestreut und gefächert die Familie Mann im 20. Jahrhundert gewirkt
hat.
Mit einem Bildquellen- und einem Namensverzeichnis endet dieses Buch,
nachdem noch einmal auf zwölf Seiten für jedes Kind von Thomas und
Katja Mann eine Zeittafel zum Überblick abgedruckt wurde.
"Beheimatetes Weltbürgertum unstet auf Reisen": mit diesem Gegensatz
lassen sich wohl die Lebensläufe der Mann-Kinder treffend beschreiben.
Wer die Familie Mann bislang nur aus einzelnen Blickwinkeln kannte, der
wird durch dieses Werk sowohl die Eltern als auch die Kinder in vielen
Spektralfarben kennen lernen.
Es ist ein ungeheurer Verdienst dieses Bandes, das Leben einer
herausragenden Familie sowohl hinter- als auch vordergründig (wenn auch
ohne Anspruch auf Vollständigkeit) aufgezeichnet zu haben!
Wie weit und vielfältig die Wirkung der Familie Mann ging, zeigen nicht
nur die offiziellen und privaten Fotografien, sondern ebenso auch die
reichhaltig in dieses "Familienalbum" aufgenommenen
Zeitungsausschnitte, Urkunden, Flugblätter, Einbürgerungsurkunden,
Umschlagabbildungen von Erstausgaben, Briefkopien, Tagebucheinträge,
Postkarten, Schiffskarten, Plakate, Karikaturen, Schülerausweise und
vieles mehr.
Wer die Familie Mann entdecken will, braucht diesen Band; freuen darf
man sich, wenn man darüber hinaus die Welt, Europa, Deutschland und
sich selbst besser kennen lernt ... die Chancen hierzu stehen sehr gut!
(Detlef Rüsch; 11/2005)
Uwe Naumann (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit Astrid Roffmann: "Die Kinder der Manns"
Rowohlt, 2005. 340 Seiten, 500 Abbildungen.
ISBN 3-498-04688-8.
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Schmuckausgabe mit CD (Erika Mann parodiert ihren Vater):
ISBN 3-498-04687-X.
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Uwe
Naumann, geboren 1951 in Hamburg. Studium der Germanistik und Soziologie, Promotion
1983. Programmleiter Sachbuch im Rowohlt Verlag. Lebt in Hamburg. Mitherausgeber
von rowohlts monographien, Herausgeber der Werke von Erika und Klaus Mann und
Heinar Kipphardt. 1999 edierte er den Bildband
"'Ruhe gibt es nicht, bis zum Schluß'. Klaus Mann (1906-1949)":
Er ist die schillerndste Figur in der "Dynastie Mann". Der Schriftsteller Klaus
Mann, geboren 1906 in
München, 1933 von den Nationalsozialisten ins Exil getrieben,
starb im Alter von nur 42 Jahren am 21. Mai 1949 in Cannes an den Folgen einer
Überdosis Schlaftabletten. Von Marcel Reich-Ranicki stammt das Diktum, Klaus
Mann sei ein "dreifach Geschlagener" gewesen: "Er war homosexuell. Er war süchtig.
Er war der Sohn Thomas Manns." Doch gerade die Radikalität, mit der Klaus Mann
sich selbst erprobte, wirkt aus heutiger Sicht verblüffend modern. Er blieb
stets auf der Suche ruhelos und getrieben; ein Außenseiter, der oft bis an
die Grenzen der Selbstzerstörung ging.
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Weitere
Buchtipps:
Marcel Reich-Ranicki: "Thomas Mann und die Seinen"
Marcel Reich-Ranicki gehört zu den besten Kennern der an herausragenden Begabungen
und Persönlichkeiten reichen Familie Mann. "Aber so glücklich wir sein müssen,
dass es diese einzigartige Familie gibt, so aufschlussreich, so faszinierend
ihre Geschichte ist, so wenig brauchen wir (und die Manns) einen Hofberichterstatter."
Von einem solchen freilich ist Reich-Ranicki weit entfernt. "Entmonumentalisierung"
heißt vielmehr sein Gebot. Gerade wer über Thomas Mann schreibt, "der, allen
Interpreten misstrauend, die Deutung seines Lebens und seines Werkes schon früh
in die eigenen Hände genommen hat", kann die Aufgabe nur erfüllen, "wenn sie
aus der direkten oder indirekten Polemik gegen sein Autoporträt hervorgeht."
Was Reich-Ranicki über Golo Mann schreibt, der sich "nur mit oder gegen, doch
nicht ohne Thomas Mann entfalten konnte", gilt für alle Mitglieder der Familie,
in höherem Maße für die Söhne Golo und Klaus, in geringerem für die Tochter
Erika, möglicherweise sogar noch für den Bruder Heinrich. In ihm finden wir
die zweite charakterliche und künstlerische Autorität, den einzigen Widerpart,
mit dem oder gegen den auch Thomas Mann sich nur entfalten konnte.
Die Gegensätze und Abhängigkeiten, die Kämpfe und der Zusammenhalt der Familie
werden von
Reich-Ranicki in biografischen und literaturkritischen Studien, vor allem
aber vor dem Hintergrund der Tagebücher und Korrespondenzen untersucht. (Fischer)
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Manfred Görtemaker: "Thomas Mann und die Politik"
Die Politik ist aus Thomas Manns Leben nicht wegzudenken. Ausgehend von dem
scheinbar "unpolitischen" Thomas Mann vor dem Ersten Weltkrieg ergründet
Manfred Görtemaker die wichtigsten Stationen in der Beziehung des Autors zur
Politik: seine Zeit als "Vernunftrepublikaner" in der Weimarer
Republik, die frühe Gegnerschaft zum Nazistaat, die Emigrationszeit in der
Schweiz und den USA, schließlich seine skeptische Haltung zur "fragilen
Republik" Adenauers, mit der er sich bis zu seinem Tod 1955 nicht
anfreunden konnte.
Das Bild, das sich dabei ergibt, zeigt einen Thomas Mann, der immer wieder
zwischen der Neigung zum Rückzug in die Sphäre des "reinen Künstlers"
und der Verpflichtung zur politischen Stellungnahme schwankte. Manfred Görtemakers
Buch lässt zum ersten Mal nach Vorliegen der Tagebücher Thomas Manns und der
großen Biografien das Verhältnis Thomas Manns zur Politik in einem neuen Licht
erscheinen. (S. Fischer)
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Brigitte Roßbeck, Kirsten Jüngling: "Katia Mann. Die
Frau des Zauberers"
Die erste große Biografie Katia Manns, der Frau des
Jahrhundertdichters. Sie
war die lenkende Hand im Hintergrund und schrieb an der
Erfolgsgeschichte Thomas
Manns maßgeblich mit. Der Blick auf diese eindrucksvolle Frau
vervollständigt
das Bild, das man von der bedeutendsten deutschen Familie des 20.
Jahrhunderts
haben mag. (List)
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Inge Jens, Walter Jens: "Katias
Mutter. Das außerordentliche Leben der Hedwig Pringsheim"
Man kannte Hedwig Pringsheim bisher nur als Thomas Manns Schwiegermutter. Jetzt
erzählen Inge und Walter Jens zum ersten Mal das Leben dieser außergewöhnlichen
Frau, die durch Lebensklugheit und selbstbewussten Witz schon ihre Zeitgenossen
faszinierte. Nach einer kurzen Karriere als Schauspielerin in Meiningen heiratet
sie den Mathematikprofessor und Kunstmäzen Alfred Pringsheim, der seinerzeit
zu den reichsten Männern Münchens gehört. In ihrem Palais in der Arcisstraße
führen die Pringsheims ein glanzvolles Haus, umgeben von Prominenten aus Kultur
und Politik. Der Machtantritt der Nazis 1933 bedeutet das abrupte Ende dieses
Lebens: die Familie der assimilierten Juden Pringsheim wird geschmäht, gedemütigt,
nach und nach enteignet und schließlich aus dem Lande gejagt. In Zürich verbringen
Hedwig und Alfred Pringsheim ihre letzten Lebensjahre und sterben dort Anfang
der vierziger Jahre. Inge und Walter Jens beschreiben das Leben Hedwig Pringsheims
und ihrer Familie auf der Basis zahlreicher unbekannter Quellen. Vor allem die
Briefe von Katia Manns Mutter erweisen sich als ein bisher ungehobener Schatz
und machen das Buch zu einem großen Lesevergnügen. (Rowohlt)
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Viola
Roggenkamp: "Erika Mann. Eine jüdische Tochter"
Über Erlesenes
und Verleugnetes in der Familie Mann-Pringsheim.
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