"Die Macht der Päpste"
Das Papsttum ist eine der interessantesten, ältesten und gleichzeitig am wenigsten verstandenen Institutionen der Welt. Einige halten den Papst für wenig einflussreich, andere sehen ihn als einen der großen Lenker der Welt. Diese Ausgabe von "GEO-Epoche" bietet eine ansprechende Zusammenfassung der Geschichte des Papsttums seit Petrus und der Entwicklung seines globalpolitischen Einflusses.
Wie groß dieser Einfluss
im Endeffekt wirklich ist und wie viele Verschwörungstheorien hierbei in der Realität
verwurzelt sein könnten, wird auf diesen Seiten nicht zu klären versucht, was
sicherlich eine gute Sache ist, denn andernfalls wäre dieses Magazin bald in Effekthascherei
verfallen. Wie man es von "GEO" gewöhnt ist, sind
die ersten 20 Seiten wunderschönen und auch nachdenklichen Bildern aus dem Vatikan
gewidmet, gefolgt von einem kurzen Aufsatz über das Papsttum im Allgemeinen. ("IM
VATIKAN: Der Petersdom ist Bühne für Pomp und Macht im Herzen der katholischen
Kirche. Wichtige Entscheidungen aber fallen in den Fluren der Palazzi in seinem
Schatten. Ein Bildessay über Inszenierung und Geheimnis des Heiligen Stuhls.")
Danach folgt ein ausführlicher Artikel über Petrus, der die Ursprünge des
Christentums und seine frühe Ausbreitung in einen überschaubaren historischen
Rahmen stellt. ("PETRUS: Jesus gründetet eine Religion, Petrus aber begann, den
Glauben in die Welt hinauszutragen. Wer war dieser Menschenfischer aus Galiläa,
der zum Stammvater der Päpste wurde? Wissenschaftler können inzwischen das Leben
des Kirchengründers nachzeichnen.")
Der
nächste Artikel widmet sich dann der so genannten kostantinischen Wende (312 n.
Chr.), die nach Ansicht einiger Historiker den Beginn des frühen Mittelalters
darstellt. Von hier aus erfolgt ein Sprung in die Zeit des "Saeculum obscura"
(880 bis 1045), eine Phase des Mittelalters, in der es 45 Päpste gab, und über
die nur sehr wenige gesicherte historische Quellen greifbar sind. In dieser Zeit
soll auch Donna Cross' "Die Päpstin" spielen. ("ZEIT DER FINSTERNIS:
Bis heute hält sich die Legende, im Frühmittelalter seien Minderjährige, Laien,
ja sogar eine Frau auf den Papstthron gekommen. So viel zumindest ist erwiesen:
In jenem 'dunklen Zeitalter' durchlebte die römische Kirche eine tiefe Krise.")
Darauf
folgt ein Artikel über die endgültige Teilung der Kirche in einen west- und einen
oströmischen Zweig, gefolgt von einem Aufsatz über Heinrich IV, seinen
Gang nach Canossa
und dessen Folgen.
Ein
weiterer bildgewaltiger Abschnitt beschäftigt sich mit den Urkunden aus den vatikanischen
Archiven, von denen einige sehr schöne Beispiele abgebildet sind. ("VOM WISSEN
DER WELT: Seit vielen Jahrhunderten verwahren die Päpste in ihren Archiven einmalige
Dokumente, darunter Bibelhandschriften, Forschungsberichte und Denunziationen,
aber auch antike Lehrbücher und Manuskripte. Drei bedeutende Sammlungen bewahren
die Erfahrung von Jahrtausenden: die Vatikanische Bibliothek, das Archiv der römischen
Inquisition und das Geheimarchiv des Vatikans.")
Dem folgt ein sehr umfangreicher
Artikel über das Konzil von Konstanz (1414).
Der
Petersdom in Rom bildet den Kern der nachfolgenden Artikel, wobei zunächst seine
Baugeschichte erläutert, und deren kirchenpolitische Bedeutung aufgezeigt wird.
("GOTTES HAUS: Päpste im Größenwahn; 120 Jahre Bauzeit; Künstler, die die Werke
ihrer Vorgänger vernichteten: Die Errichtung des Petersdoms war ein Drama ohnegleichen.")
Einen
weiteren wichtigen Höhepunkt stellt die Reformation dar, die in einem eigenen
Artikel beschrieben wird. Hierbei wird einem die Figur des Martin Luther auf verschiedenen
Ebenen sehr nahe gebracht. ("REFORMATION: 1521 stellt sich ein Mönch Papst und
Kaiser entgegen, ohne Geld, ohne Armee, ohne Gefolgsleute: Martin Luther. Und
das Ungeheuerliche geschieht - er entgeht dem Scheiterhaufen. Auch, weil die kurz
zuvor erfundene Druckerpresse seine Thesen in die Welt hinausträgt und die Kirche
für immer verändert.")
Auch die Bearbeitung der Sixtinischen Kapelle durch Michelangelo erfährt eine ausgiebige Behandlung, vor allen Dingen ihre zeitgenössische Rezeption und die nach Michelangelos Tod vorgenommenen Änderungen. Und da man gerade im Bereich der kirchlichen Zensur ist, bekommt danach auch noch Galilei seine Würdigung in einem eigenen Artikel. Hierbei wird auch die Arbeit der Inquisition unter die Lupe genommen, ohne dabei übertriebenes Gewicht auf die verschiedenen Hinrichtungs- und Foltermethoden zu legen, wie man es bei Bearbeitungen dieses Themas sonst gewöhnt ist.
Eine sehr nüchterne Betrachtung des umstrittenen Papstes Pius XII. rechtfertigt alleine schon den Preis dieses Hefts, da sie die gesicherten Fakten zu diesem Papst, den man oft als Handlanger der Nazis gesehen hat, sehr klar darstellt und unwissenschaftliche Spekulationen unterlässt. Folgerichtig kommt danach ein kleiner Aufsatz über die verschiedenen Sünden der Kirche und wie sie heute damit umgeht. Hierauf folgt ein Bericht über die Wahl unseres amtierenden Papsts mit einer Erklärung des Wahlverfahrens. Der letzte längere Artikel gibt dann einen Zustandsbericht des Vatikans im frühen 21. Jahrhundert, bevor das Heft mit einer komplexen Zeitlinie der Geschichte des Papsttums abschließt. ("VATIKAN HEUTE: Nur 2500 Menschen arbeiten im Kirchenstaat - Laien, Ordensfrauen, Mitglieder der Kurie und Diplomaten in heikler Mission. Und nur eines ist so wichtig wie ihre Glaubensstärke: ihre Verschwiegenheit.")
Nicht ein durchgängig wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes Werk, aber für den Laien sehr ansprechend und verständlich und für denjenigen, der sich gerne mit der Geschichte der katholischen Kirche auseinandersetzen möchte, ein guter Einstieg wie auch ein schneller Überblick. Mit - wie bei "GEO" nicht anders zu erwarten - wunderschönen Bildern.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2003)
"Die Macht der Päpste" -
"GEO-Epoche" Nr.
10
Mairs Geographischer Verlag, 04/2003. 178 Seiten.
ISBN 3-570-19404-3.
ca.
EUR 8,-.
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