Nagib Machfus: "Das Buch der Träume"


Doris Kilias, die Arabistik und Romanistik in Berlin studierte, übersetzte - wie zuvor schon andere Werke Machfus’ - "Das Buch der Träume" und stellte eine Übersicht über Leben und Werk des 2006 verstorbenen ägyptischen Autors ans Ende des Buches. Zum Glück, denn ohne diese Übersicht oder von vornherein gegebene Kenntnis über Nagib Machfus würden die auf 187 Seiten dargestellten Fragmente weniger tief wirken können.

Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass Machfus 1994 bei einem Attentat religiöser Fanatiker unter anderem die Hand verletzt wurde, so dass er in der folgenden Zeit das Schreiben neu einüben musste. Dies tat er unter anderem dadurch, dass er Aufzeichnungen über seine Träume machte, die ab 1999 auch regelmäßig in einer ägyptischen Frauenzeitschrift veröffentlicht wurden.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn die einzelnen Texte nur eine Länge von einer halben bis hin zu maximal anderthalb Seiten haben. Wie Träume es ebenfalls sind, sind auch die Inhalte teils absurd. Schauplätze wechseln von einem Moment zum anderen, Personen ebenso. Dialoge sind oft unlogisch, und Tote wie Lebende treten manches Mal einträchtig nebeneinander auf.

So fragmentarisch und experimentell diese Sammlung auch ist, verrät sie doch auch sehr viel über den Autor selbst. Was man sich hier und da denken kann, wird später mit Hilfe des bereits erwähnten Nachwortes noch einmal gefestigt. Warum Beamtentum und Bürokratie häufig Gegenstand eines Textes sind, oder inwieweit Machfus mit Drehbüchern und Filmen zu tun hatte, all diese Feinheiten erklären sich aus seiner Biografie.

Dennoch verraten die einzelnen Träume - auch wenn manch eine Sequenz zu durchdacht und in sich stimmig erscheint, als dass man sie als Traum einsortieren wollte - auch viel über die verschiedenen Zustände Ägyptens und über das Innenleben des Autors - und zwar von Kindesbeinen an bis ins Alter.
Einige Texte sind witzig und unterhaltsam, andere zeigen Fragmente aus Liebe, Partnerschaft, Romantik, Begierde und auch Moralvorstellungen, doch viel häufiger sind die angstvollen Momente.
Machfus fühlt sich verfolgt, wird beraubt, betrogen, sieht sich in auswegloser Situation, wird verprügelt oder gar zum Tode verurteilt - es zeigen sich viele scheinbar verschlossene Türen, viel Verzweiflung und viele Ängste.

Trotz alldem gibt es jedoch immer wieder Szenen, die von Hoffnung künden und von der Wichtigkeit und Tragweite persönlicher Entscheidungen.
Und so ist "Das Buch der Träume", so leicht und rasch es sich vom Umfang her auch lesen lässt, zugleich ein Buch, das nachhaltig zu wirken vermag. Zudem eines der wenigen Bücher, bei denen es lohnt, sie immer wieder zur Hand nehmen und in ihnen zu lesen.

(Tanja Elskamp; 10/2007)


Nagib Machfus: "Das Buch der Träume"
(Originaltitel "Ahlam Fatrat al-Naqaha")
Aus dem Arabischen von Doris Kilias.
Unionsverlag, 2007. 192 Seiten.
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