Jan Assmann: "Ma'at"
Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten
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Glücklicherweise gibt es Menschen wie Jan
Assmann, die mit Akribie daran arbeiten, einer interessierten Leserschaft verdrängte
Kulturen sowie deren charakteristische ganzheitliche Sichtweise in Gedanken,
Worten und Werken nahezubringen! Der 1935 geborene Autor ist nicht nur Professor
für Ägyptologie an der Universität Heidelberg, sondern seit 1978 Leiter eines
Forschungsprojekts in Luxor und Autor zahlreicher Bücher, beispielsweise
"Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität
in frühen Hochkulturen", "Weisheit und Mysterium. Das Bild der
Griechen von Ägypten", "Religion und kulturelles Gedächtnis"
sowie "Tod
und Jenseits im Alten Ägypten".
Beim Studium der einzelnen Kapitel von "Ma'at.
Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten", darunter
"Weltordnung und soziale Gerechtigkeit", "Sinndimensionen der ägyptischen
Welt", "Konnektive Gerechtigkeit: Gegenseitigkeit und Solidarität",
"Vertikale Solidarität: Tugend und Fortdauer", "Reinheit und
Unsterblichkeit: Die Idee des Totengerichts", "Kosmos und Staat. Das
Gelingen des politischen Prozesses: Idee und Mythos des Staates in Ägypten"
und "Der Ort der Ma'at in der Religionsgeschichte der Gerechtigkeit"
wird deutlich, in welch großem Ausmaß nachfolgende Kulturgemeinschaften
Konzepte und Geisteshaltungen der Alten Ägypter wenn schon nicht übernommen,
so doch in adaptierter Form eingemeindet haben. Dies ist einer der Gründe,
warum es so wichtig ist, sich weit zurück, in die stabilste Staatsform der
Menschheitsgeschichte, versetzen zu können, wo "das Außen des Sozialgefüges,
in das Ma'at den einzelnen einbindet, irrelevant ist, weil dieses Gefüge mit
dem Totalhorizont der geordneten Welt gleichgesetzt wird. (...) Ma'at stiftet
eine integrative und vertikale Solidarität. Gleichwohl handelt es sich aber bei
Ma'at auch nicht um eine universale Menschheitsethik. Dafür ist der Bezug auf
den ägyptischen König und den pharaonischen Staat zu unauflöslich."
Die Ausbildung einer allgemeingültigen
Gerechtigkeitsidee im Gegensatz zu regionalen Bräuchen und Sitten war im Zuge
der ersten überregionalen Reichsgründung der Menschheitsgeschichte in den
ersten Jahrhunderten des dritten Jahrtausends v. Chr. erforderlich, um
Handlungen und Erwartungen zu steuern. Aus heutiger Sicht bedarf es besonderer
Erwähnung, dass hierbei Sinn, Moral und Recht ein ungeschiedenes Ganzes bilden.
Im vorliegenden Buch wird der Begriff der Ma'at als Staatsideologie und deren
Bedeutungswandel im Verlauf der historischen Entwicklung des Alten Ägypten
ebenso umfassend untersucht wie die Zusammenhänge zwischen Tun und Ergehen: der
Erfolg ist die logische natürliche Folge der guten Tat innerhalb der
selbstregulierenden Weltordnung - "das Rechte führt auch zum Erfolg".
Jan Assmann setzt die Ausprägungen unterschiedlicher Gesellschafts- und
Religionsformen der kulturgeschichtlichen Entwicklung vor dem Hintergrund der
Besonderheiten der Altägyptischen Weltordnung miteinander in Beziehung.
Dass nach ägyptischer Auffassung soziale
Kompetenz in erster Linie eine Sache des Verstehens ist; dass nicht was
eine Handlung bewirkt, sondern was sie besagt,
entscheidend ist,
steht für die zeitlose Gültigkeit einer Sichtweise, die
heutzutage mancherorts in kostspieligen Seminaren vermittelt wird!
Jan Assmanns Stil ist wissenschaftlich-anspruchsvoll, seriös, informativ und daher
selbstverständlich frei von dubiosen Interpretationen und Spekulationen. Der
Autor liefert eine Vielzahl an erstklassig recherchierten Fakten sowie
hervorragende Quellenangaben für Leser, die einen - nicht nur oberflächlichen
- Blick in die Welt hinter den prunkvollen, weltweit in Museen ausgelegten
Artefakten werfen und sich nicht mit dem Anblick des "Fleisches der Götter"
(Gold nämlich) abspeisen lassen möchten.
(sesh)
Jan Assmann: "Ma'at.
Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten"
C.H. Beck.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Exodus. Die Revolution der Alten Welt"
Die Geschichte vom Auszug aus Ägypten ist eine der größten Erzählungen der
Menschheit. Sie steht für die Befreiung aus Sklaverei, aber auch für die
Erfindung des Glaubens an den einen Gott. Jan Assmann verfolgt die Spuren der
Exodus-Erzählung zurück bis ins Alte Ägypten und nach vorne bis ins 20.
Jahrhundert. Er entfaltet eine neue Theorie des Monotheismus und zeigt, warum
die Geschichte vom Auszug aus Ägypten auch die Gründungserzählung der modernen
Welt ist. Das Buch Exodus enthält Schlüsselszenen der Heilsgeschichte, die in
Judentum, Christentum und Islam, aber auch in Kunst und Literatur eine
vielfältige Wirkung entfaltet haben: von der Fron der Israeliten in Ägypten
über die
Offenbarung Gottes in einem brennenden Dornbusch, die zehn Plagen, die
Stiftung des Passah-Festes und den Durchzug durchs Schilfmeer bis zum Empfang
der Zehn Gebote und
den Tanz ums goldene Kalb. Wann sind diese Geschichten entstanden? Welche
ägyptischen und altorientalischen Parallelen oder gar Wurzeln haben sie, und was
an ihnen ist radikal anders und neu? Wer hat diese Erzählungen schließlich zu
dem Buch Exodus, dem Gründungsdokument einer neuen Religion, verbunden? Jan
Assmann geht diesen Fragen auf dem neuesten archäologischen und
bibelwissenschaftlichen Forschungsstand nach. Er präzisiert seine viel
diskutierte Monotheismus-Theorie und erklärt die revolutionären,
weltgeschichtlichen Folgen des Auszugs aus Ägypten. (C.H. Beck)
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