Till R. Lohmeyer: "Unter Zoologen"

Spannende Kriminalunterhaltung zwischen Käfern und Vögeln, Karrieren und tödlichen Liebestrieben


Im Mittelpunkt des Geschehens steht der durch seine langjährige TV-Sendung "Du und das Tier" populäre Zoologe Hans-Anders Ridderström. Krebskrank zieht kurz vor seinem Tod sein beruflich wie privat mehr als erfülltes Leben an ihm vorüber. Auf Grund der insistierenden Fragen seiner Enkelin Christina kommen zwei verdrängte Todesfälle bei ihm wieder hoch. Seine frühere Frau Maria war unter nie ganz geklärten Umständen während einer Expedition im guatemaltekischen Dschungel ums Leben gekommen. Ihre gemeinsame Tochter Lena starb später auf nicht weniger mysteriöse Weise in einem schwedischen Sumpf. Nach seinem Tode findet sein ehemaliger Kollege Wendelin Baumgarten in Ridderströms Nachlass zwischen Käfersammlung, Film- und Bucharchiv ein Manuskript, das die Todesfälle in erschütternd neuem Licht erscheinen lässt.

Ein psychologisch gut aufbereiteter Kriminalroman (auch ohne Kommissar Wallander) des 1950 geborenen Pilzberaters mit historisch-politischem Akademikerhintergrund über zwei Morde und Selbstmorde. Der vielseitig interessierte Leser wird seine Freude haben an dem biologischen Kontext, in den der Autor die spannende Handlung gebettet hat. Denn wann laufen ihm denn schon einmal Herpetologen (Amphibien- und Kriechtierwissenschaftler), Entomologen (Gliedertier- oder Insektenforscher), Lichenologen (Flechtenkundler), Mykologen (Pilzforscher) in dieser lockeren Massierung über den Weg. Wann erfährt er schon so viel über das Verhältnis der Zoologie zur Botanik und merkt, wie armselig die Welt ohne Koleoptere (Käfer oder Deckflügler), Schnabelkerfe oder Schnirkelschnecken wäre.  Bei der  Freude hierüber lässt es sich auch verkraften, dass die Handlung mittendrin etwas an den Haaren herbeigezogen erscheint. Doch versöhnt der halbwegs logische, furiose Schluss.

Interessant, gleichzeitig aber auch geglückt ist der formale Aufbau mit dem Kunstgriff des Autors, die wesentliche Handlung - eingebettet in zwei Schreiben des mutmaßlichen (Selbst)-Mörders Baumgarten an den Pfarrer Zeiselmann - durch das hinterlassene Manuskript des Hauptprotagonisten voranzutreiben. Hervorzuheben ist weiterhin der überaus geschmackvoll gestaltete Schutzumschlag. Der wunderbare Anblick des Goldkäfers auf blauem Hintergrund allein rechtfertigt bereits die Kaufinvestition.

Fazit: Gute, nicht zu lang geratene (189 Seiten) Unterhaltung zwischen Vögeln und Käfern, Karrieren und tödlichen Liebestrieben. Note (2+).

(Matthias Korner; 11/2004)


Till Reinhard Lohmeyer: "Unter Zoologen"
Gerd Haffmanns bei Zweitausendundeins, 2003. 189 Seiten.
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