(...) Mitten in der Nacht werde ich wach und sehe sie an. Ich streichle ihre Haut und ihr Haar, sie ist ein Kind, das kein Kind ist. Sie riecht so süß, als würde Kirschsaft oder so was durch ihre Adern fließen. Sie ist von weither zu der cremefarbenen Tür des Apartments 121 gekommen und mit mir ins Bett gegangen. Sie hat mich nicht ausgezogen, ich habe sie ausgezogen. Jeder erfüllt seinen Part. Sonia zieht mich aus. Ich ziehe Yu aus. Und Yu, da könnte ich schwören, zieht Eduardo aus. Auch wenn mir der Gedanke nicht gefällt, dass Eduardo mit ihr zusammen war, denn das ist ein bisschen so, als ob er mit uns im Bett liegen würde, eine wirklich abstoßende Vorstellung. Bevor wir ins Bett gegangen sind, habe ich die Schränke geschlossen, um nicht seine Anzüge zu sehen, seine Schuhe, die Kleiderhüllen mit den Reißverschlüssen. Keines von uns beiden ist auf die Idee gekommen, das Licht auszumachen, und wir haben nicht einen Moment die Augen geschlossen.

Jetzt besteht mein wahres Lebensziel darin, wieder mit Yu zu schlafen. Wenn man mich fragen würde: "Was ist dein größter Wunsch?", müsste ich zugeben: "Mit Yu ins Bett zu gehen." Was nicht sehr für mich spricht, weil Sex immer eine Ergänzung ist, etwas Nebensächliches, und deshalb sind Typen wie ich, die ihn zu ihrem Lebensinhalt machen, Besorgnis erregend. Ich bin nicht normal, und nur ich weiß es, was mich einerseits beruhigt und andererseits ziemlich isoliert. Ich beginne, die Pornokunden zu verstehen, ich habe Verständnis für sie, ich sympathisiere mit ihnen. Sie sind so einsam. (...)

   Mit der Narbe im Gesicht, in einem schwarzen Sweatshirt und mit schwarzen Hosen, versuche ich, zu spät zu dem Treffen mit Yu zu kommen. Ich öffne die Tür, und sie kommt mir einige Schritte entgegen. Sie sieht mich erstaunt an oder eher verwundert. Sie sagt nichts. Sie tritt zurück, um mich besser betrachten zu können, und ich überreiche ihr eine Schachtel und sage:
   "Zieh dich aus."
   Sie zieht sich langsam vor dem Typ mit der Narbe aus, der keinen Moment lächelt, sondern sie nur anstarrt, ohne die geringste Scham und ohne seine Erregung zu verbergen. Ich glaube, es erregt auch sie. Als sie nichts mehr anhat, hole ich einen Chinaanzug aus schwarzer Seide mit einem aufgestickten Drachen aus der Schachtel. Ich ziehe ihn ihr an, binde ihr Haar zusammen und sage ihr, dass ich sie immer so sehen möchte. Sie sagt:
   "Deine Phantasien machen mir angst, sie sind obszön."
   Ich stehe vom Sofa auf und gehe auf sie zu, um meine Zunge zwischen ihre wunderschönen Zähne zu schieben. Ich umarme sie von hinten, um dann ihren Kopf ein wenig zu drehen und mich an ihrem Mund festzusaugen. Yus wunderbar weiche Zunge gleitet in meinen Mund. Ich streiche über die Seide des Pyjamas und küsse sie, bis sie mich bittet, sie zum Bett zu tragen. (...)


Aus dem Roman "Letzte Notizen aus dem Paradies" von Clara Sánchez.