(...) Als er die zweite Flasche öffnete, verschüttete er den Champagner über seine Kleidung. Wir lachten beide, und ich legte meine Hand auf seinen durchnässten Pullover: Unter der Wolle spürte ich seine harte Brust, seine Stahlmuskeln. Er ging ins Badezimmer, um sich umzuziehen, und ich dachte bei mir: ja. Es wurde spät, ich musste los zur Arbeit, aber ich dachte nur: ja, ja, ja. Das Halbdunkel war mir zusammen mit dem Champagner und den Luftbläschen zu Kopf gestiegen. Die Gewichte ruhten auf dem Boden wie schlafende, prähistorische Tiere. Ich streichelte die Scheiben mit den Fingerspitzen: ein mächtiges Metall, eine eisige und zarte Oberfläche. Neben dem Eimer glänzte das Messer, das er benutzt hatte, um die Austern zu öffnen; im Zwielicht strahlte die Klinge bläulich.
    Dann kam er zurück ins Zimmer, und es war, als würde er von einer sehr langen Reise zurückkehren. Er setzte sich wieder im Gegenlicht auf den Stuhl und begann zu reden. Er meinte, dass er während unserer Jugendzeit, als ich ein Hippie war, alle gehasst hätte, die so wie ich gewesen wären, diese Langhaarigen, diese Schweine. Dass er sogar ein paarmal mit einem extrimistischen Kommando unterwegs gewesen sei und sie einmal mit Gewalt einen Jungen kahlgeschoren hätten. Ich betrachtete seine dunkle Silhouette, und ich sagte mir: Ich kenne ihn nicht. Ich betrachtete seine dunkle Silhouette, und versuchte, mich an sein Gesicht zu erinnern, und ich konnte es nicht. "Jetzt tut mir das natürlich alles leid", fuhr er fort, "diese Grausamkeiten waren typisch für das Alter, es war dasselbe wie dein Hippietum." Ich versuchte ihm zu erklären, dass das etwas anderes wäre, dass mir nichts leid tun würde, dass dieser einzige Abstecher nach Indien und dieser Rausch, mich als Reisende und wie eine Schriftstellerin à la Kerouac zu fühlen, das Beste waren, an das ich mich erinnere, dass mein Leben seither eine reine Zeitverschwendung war. Und er wurde wütend und verstand nicht. Er ist verrückt, dachte ich; und entschied mich, zu gehen. Aber es war schon fast Nacht, und die Wohnung hatte sich in ein undurchdringliches Spinnenzeug verwandelt, diese Bücher, diese Gewichte, dieser Tisch und dieser Stuhl, allesamt feindselig. Schweigend spielte er mit dem kleinen Messer, klappte es auf und wieder zu; das Klavier, das aus dem Schallplattenspieler erklang, schien den Puls der Zeit zu messen, als hätte die Welt aufgehört, sich zu drehen, als wäre alles nur ein Traum. Ich bin verrückt, dachte ich; und ich hatte keine Kraft zu gehen. Und dann stand er auf und nahm mich in die Arme; Stahlarme, mit denen er mich in Stücke hätte reißen können, ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen war, dass er nicht stark war. Und so wie er fähig war, mich nur durch das Anspannen seiner Muskeln zu vernichten, so behandelte er mich mit der ausgesuchten Zärtlichkeit, mit der man den Rand einer Feder streichelt. Es war schon sehr spät, und ich machte blau; zur Hölle mit dem "Espiral", zur Hölle mit der Arbeit hinter der Theke, dem Servieren von Getränken und Spülen von Tellern. Wir liebten uns leidenschaftlich, aber ohne Eile, mein Gehirn war Körper, meine Seele
Kannibale, seine Haut und meine Haut sprühten Funken.
    Die Nacht war sehr lang, und ich blieb schließlich, um bei ihm zu schlafen. Als ich das Licht ausmachte, entdeckte ich neben seinem Bett ein altes und großes Jagdmesser in einer Lederhülle, das halb versteckt hinter einem Bücherturm lag; und es war, als würde ich die Verkündung eines Urteilsspruchs entgegennehmen. Ich blieb einige Zeit auf dem Rücken liegen und fühlte die dumpfe Zurückweisung seiner Möbel, seiner Dinge, der feindlichen Wände; und hörte das schwere Atmen dieses Unbekannten, den ich geliebt hatte. Als ich endlich die Augen schloss, war ich mir nicht sicher, ob ich es erleben würde, sie am nächsten Tag wieder zu öffnen. Und eigentlich war mir das egal. (...)


Aus der Erzählung Kannibalenseele; dem Buch "Geliebte und Feinde" von Rosa Montero entnommen.