Gerhard W. Lauth, Matthias Grünke, Joachim C. Brunstein (Hrsg.): " Interventionen bei Lernstörungen"


Selbstständiges Lernen ermöglichen

Unsere Volksschule wandelt sich, und zwei bemerkenswerte Trends verstärken sich zurzeit: Auf sämtlichen Stufen unserer Schulen, von der Spielgruppe der Dreijährigen bis hin zur Berufsausbildung junger Erwachsener, häufen sich Lernstörungen und –behinderungen, und gleichzeitig beginnt man in den Klassen verstärkt integrativ zu arbeiten, das heißt, Kinder mit Lernstörungen, besonderen Begabungen und Verhaltensauffälligkeiten nicht mehr in Sonderklassen zu separieren, sondern in die Regelklassen zu integrieren. Einerseits hat man erkannt, dass sich die Gemeinschaft von Kindern mit den verschiedensten Lernbedingungen für alle befruchtend auswirkt, und andrerseits möchte man gewährleisten, dass möglichst jedes Kind im Wohnquartier zur Schule gehen kann.

So wünschenswert diese neue Schulform ist, so bedingt sie aber auch, dass das Lehr- und Fachpersonal sehr sorgfältig und fachgerecht auf die neuen Aufgaben vorbereitet werden muss, eben gerade im Hinblick auf sich weiter häufende Lernstörungen!

Das vorliegende Buch, in welchem eine ganze Reihe kompetenter Fachleute zu Wort kommt, kann zu dieser Ausbildung einen wichtigen Beitrag leisten.
In verständlicher Form werden in einem ersten Teil die verschiedenen Arten und Entstehungsbedingungen von Lernstörungen vorgestellt. Bemerkenswert dabei die Darstellung der „Allgemeinen Lernschwäche“, einer kombinierten Schulleistungsstörung, die heute vielleicht in jedem Klassenzimmer beobachtet werden kann.
Der zweite Teil des Buches widmet sich intensiv den Interventionsmöglichkeiten und deren Zielen. Besonders erfreulich ist dabei, dass nicht nur Wege zur Defizitbehebung aufgezeigt werden, sondern dass darüber hinaus praktikable Strategien skizziert werden, wie Kinder zu selbstständigem Lernen angeleitet werden können. Die Psychologin Katja Mackowiak unterstreicht dieses Anliegen denn auch in ihrem Kapitel „Vermittlung von Lernstrategien“ und betont die Wirksamkeit spezieller Lernstrategietrainings.
Im dritten Teil vertiefen die Autoren die Interventionsmöglichkeiten mit der Darstellung konkreter und bewährter Verfahren, die vom Üben mit Karteien über computergestützte Trainingsprogramme bis zu Ansätzen des selbstgesteuerten Lernens reichen.

Fachleute, die in ihrem Umfeld direkt mit Lernstörungen arbeiten, erhalten im Anhang weitere wertvolle Instrumente, etwa einen Leitfaden für ein verhaltensanalytisches Interview mit Eltern und Lehrpersonen oder eine ausführliche Auswahl geeigneter Schulleistungstests.
Das Buch vermittelt eine große Fülle aktueller wie umfangreicher Fachinformationen und wird seinen Platz als Lehrmittel in heil- und sonderpädagogischen Studiengängen ebenso finden wie in der Fachbibliothek moderner Klassen- und Förderlehrpersonen.

Es darf im Übrigen bemerkt werden, dass die verschiedenen Kapitel derart übersichtlich gestaltet und leserfreundlich verfasst sind, dass es einem breiteren, generell an Schulentwicklung interessierten Publikum als spannende Lektüre empfohlen werden kann.

(André Kesper; 05/2006)


Gerhard W. Lauth, Matthias Grünke, Joachim C. Brunstein (Hrsg.): " Interventionen bei Lernstörungen"
Förderung, Training und Therapie in der Praxis
Hogrefe – Verlag, Göttingen 2004
475 Seiten
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