Michail Lermontow: "Gedichte"
"Der Erde habe ich den
irdischen Tribut entrichtet ..."
Michail Lermontows Werke verkörpern das Ende der Russischen Romantik. Sie
behandeln bevorzugt Themen wie Verlorenheit,
Tod, Enttäuschung, Leiden aber
auch Sozialkritik. Letztgenannte bescherte ihm eine (weitere) Strafversetzung in
den Kaukasus, wo er im Alter von 26 Jahren bei einem Duell starb.
Der vorliegende zweisprachig gestaltete Band gibt einen chronologisch geordneten
Überblick seines Schaffens, ergänzt um literaturwissenschaftlich bedeutsame
Anmerkungen zu Entstehungszeitpunkten sowie Quellen und Interpretationsansätze.
Der dunkle Glanz seiner Gedichte entsteht durch vollendetes Zusammenwirken von
wortgewordener Magie, Schwermut und Verletzlichkeit. Michail Lermontow war im
Besitz aller Zutaten, die der alchimistische Poet in tiefster Einsamkeit aus
allen Winkeln seines Daseins herbeiruft, wenn es Zeit ist, die Wahrheit zu
Papier zu bringen.
Wie vertraut ihm die unterschiedlichen Wesensebenen waren, bringt das
nachfolgende Gedicht zum Ausdruck:
"Lache nicht über meine prophetische Trauer;
ich wusste:
Der Schlag des Schicksals wird nicht an mir vorbeigehen;
ich wusste, dass mein Kopf, den du liebtest,
von deiner Brust zum Richtplatz wechseln wird;
ich sagte zu dir: Weder Glück noch Ruhm
werde ich finden auf der Welt; es wird die blutige Stunde kommen,
da werde ich fallen, und heimtückische Feindseligkeit
wird mit einem Lächeln meinen nicht zur Blüte gelangten Schöpfergeist
verleumden;
und ich werde zugrunde gehen ohne eine Spur
meiner Hoffnungen, meiner Qualen.
Aber ich erwarte ohne Angst mein vorzeitiges Ende.
Schon lange ist es Zeit, dass ich eine neue Welt erblicke;
mag die Menge meinen Kranz zertreten:
den Kranz des Sängers, den
Dornenkranz!
...
Mag es so kommen! Hab keinen großen Wert darauf gelegt."
Wenngleich die Eleganz der Sprache Lermontows in diesen Übersetzungen
nicht durchgehend erreicht wurde, bleibt dennoch die intensive Verbundenheit mit
dem Urgrund der Dichtung spürbar.
(kre)
Michail Lermontow: "Gedichte"
Russisch/Deutsch.
Philip Reclam jun., 2000. 168 Seiten.
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