Leena Lehtolainen: "Du dachtest, du hättest vergessen"
Eine
Geschichte des Vergessens und der schmerzhaften Arbeit des
Erinnerns
"Du dachtest, du hättest vergessen", der neue Roman der
finnischen Autorin Leena Lehtolainen, die sich mit ihrer Serie um die
Anwältin und Kommissarin Maria Kallio auch im deutschen
Sprachraum einen Namen gemacht
hat. Erzählt wird von Zusammenhängen in einer
Familie, die über Generationen wirken, von
Schuldverstrickungen ins zweite und dritte Glied,
vom Fluch des Alkoholismus und dem Schaden, den er anrichtet, von einem
rätselhaften Mord eines Sohnes an seinem Vater und vom
mutigen, mühsamen und anstrengenden, von dauerndem Scheitern
bedrohten Versuch einer jungen Frau, sich aus diesem Gewirr zu
lösen und zu einem eigenen, sinnvollen und
glücklichen Leben zu finden.
Vor 25 Jahren hat ein junger Mann namens Rane seinen Vater
getötet. Vater und
Sohn waren damals stockbetrunken, Rane konnte sich vor Gericht an
nichts mehr erinnern, und auch die anderen Familienmitgliedern wissen
nichts. Rane kommt ins Gefängnis und erhängt sich
kurze Zeit später, für viele der
nachträgliche Beweis seiner Schuld. Ranes Geschwister
schweigen auch die Jahre danach eisern über diesen Vorfall; er
wird in der Familie behandelt, als sei er nicht geschehen.
Leena Lehtolainen verarbeitet brillant die Erkenntnisse der
Familienforschung und Familientherapie und schildert in zum Teil
quälenden Selbstzeugnissen von betroffenen Familienmitgliedern
aus verschiedenen Generationen, was dieses Schweigen mit ihrem Leben
macht. Alle haben auf unterschiedliche Weise mit ihrem Leben zu
kämpfen, sind suchtkrank oder hüpfen von einer
esoterischen Mode zur anderen. Keiner bewältigt sein Leben,
und alles hat letztlich damit zu tun, dass es in dieser Familie ein
großes Geheimnis gibt, von dem alle denken, es wäre
vergessen. Wie es so oft ist, traut sich erst die dritte Generation,
dieses Schweigen zu brechen.
Katja, die junge Tochter von Ranes Schwester Sirkka, spürt
seit vielen Jahren, dass man ihr etwas verheimlicht. Zwar leidet sie
nicht akut, doch ihr Alkoholkonsum macht ihr große Probleme
und hindert sie an einem
erfüllten Leben. Als die Großmutter stirbt und Katja
zur Beerdigung in ihr Heimatdorf Pielavesi fährt,
beschließt sie für sich, dass es an der Zeit ist,
dieses dunkle Schweigen zu brechen und Licht in die Familiengeheimnisse
zu bringen, die sich wie ein schwerer Mantel über die Seelen
und Leben aller Familienmitglieder gelegt haben.
Ziemlich schnell findet sie heraus, dass das damalige Ereignis, der
Mord an dem Großvater, vielfältige Ursachen hatte.
Nicht alle Familienmitglieder sind begeistert von Katjas Fragen,
konfrontieren sie sie doch mit all ihren Lebenslügen.
Leena Lehtolainen lässt die Geschwister Ranes und Katja stets
abwechselnd auftreten, sie geben sich den Stab der Erzählung
sozusagen gegenseitig in die Hand und führen den Leser immer
tiefer hinein in eine Familiengeschichte, wie es eine Hellersche
Familienaufstellung nicht besser herausarbeiten
könnte. Und Katja stellt sich der Qual und dem Schmerz der
Erinnerung, fragt beständig weiter und wird am Ende heil. Sie
löst sich von ihrem Alkoholismus und wird fähig zu
einer wirklichen liebevollen und echten Beziehung.
Das Buch ist absolut empfehlenswert. Es ist mehr ein psychologisch
einfühlsamer Familienroman, der krankmachende
Beziehungsstrukturen und Schuldzusammenhänge beschreibt, als
ein "Thriller".
(Winfried Stanzick; 10/2007)
Leena Lehtolainen: "Du dachtest, du hättest vergessen"
(Originaltitel "Kun luulit unohtaneesi")
Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara.
Kindler, 2007. 415 Seiten.
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Leena Lehtolainen wurde am 11.
März 1964 in Vesanto geboren. Sie veröffentlichte bereits mit
zwölf Jahren ihr erstes Buch.
Den Durchbruch als Krimiautorin schaffte sie 1993 mit "Alle singen im
Chor", worin Kommissarin Maria Kallio das Licht der Welt erblickte.
Leena Lehtolainen erhielt 1997 den finnischen Krimipreis "Vuoden johtolonka".
Lien:
https://www.leena-lehtolainen.de/.
Weitere Bücher der Autorin (Auswahl):
"Im schwarzen See. Maria Kallio ermittelt"Veren
vimma
Nach ihrem zweijährigen Erziehungsurlaub ist Maria Kallio
wieder im Dienst. Ihr
Mann Antti hat wenig Verständnis für ihr berufliches
Engagement, und so zerrt
neben dem neuesten Mordfall auch ihre Familie gehörig an
Marias Nerven. Der
Besitzer eines kleinen Fachverlages meldet seine Frau, die Journalistin
Anukka
Hackman, als vermisst. Bald darauf finden Elchjäger im Waldsee
Humaljärvi die
Leiche der auf dem Wasser treibenden Frau. Was zunächst
für einen Jagdunfall
gehalten wird, entpuppt sich bald als
Mord
- offenbar wurde Anukka mit
ihrer
eigenen Waffe erschossen. Wie sich herausstellt, arbeitete sie an einer
unautorisierten Biografie über einen Formel-1-Piloten. Ihr
Manuskript jedoch
scheint keine außergewöhnlichen
Enthüllungen zu beinhalten - auf den ersten
Blick. (Kindler)
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"Alle singen
im Chor. Maria Kallios erster Fall" Ensimmäinen
murhani
Maria muss sich nicht nur in der harten Männerwelt des
Kommissariats behaupten,
die Verdächtigen in diesem Mordfall sind zudem ihre Freunde
und Kommilitonen. Hört
sie die falschen Töne im Chor heraus? (Rowohlt)
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"Wer sich nicht fügen will. Maria Kallio
ermittelt"
Eine misshandelte junge Frau wird ins Krankenhaus von Helsinki
eingeliefert. Sie
kann zunächst nicht identifiziert werden, doch alles deutet
darauf hin, dass
sie als Prostituierte
gearbeitet hat. Gerade hat die Kommissarin Maria
Kallio
herausgefunden, dass die Frau aus der
Ukraine stammt, da ist sie
plötzlich
spurlos verschwunden. Wenig später soll in einer beliebten
Fernsehsendung die
Edelprostituierte Lulu Mäkinen als Gast auftreten. Sie setzt
sich für die
Legalisierung von Prostitution in Finnland ein und kämpft
gegen den Mädchenhandel
aus Osteuropa. Doch Minuten vor ihrem Auftritt wird sie im Studio tot
aufgefunden - sie wurde vergiftet. Auf den ersten Blick scheinen die
Fälle
nichts miteinander zu tun zu haben, aber Maria Kallio bezweifelt es.
Schritt für
Schritt gelingt es ihr, die Fäden beider Verbrechen zusammen
zu spinnen, und
gerät dabei selbst in größte Gefahr.
(Rowohlt)
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"Wie
man sie zum Schweigen bringt. Maria Kallios sechster Fall" Ennen
lähtöä
Auf dem Weg zu einer Stadtratssitzung wird ein bekannter Innenarchitekt
überfallen
und getötet. Schnell findet Maria Kallio heraus, dass der
Kleinkriminelle Marko
die Tat begangen hat. In fremdem Auftrag offenbar; doch bevor Marko
aussagen
kann, wird auch er umgebracht. Da erhält Maria Anweisung, die
Ermittlungen
einzustellen. Und sie fragt sich: Wäre es nicht angenehm,
einmal die Verbrechen
zu bekämpfen anstatt ihrer bornierten Vorgesetzten? (Rowohlt)
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"Auf der falschen Spur.
Maria Kallio ermittelt"
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"Ich war nie bei
dir"
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