Richard Leakey & Virginia Morell: "Wildlife - Ein Leben für Elefanten"

Hätte sich Napoleon dem Umwelt- oder Artenschutz zugewandt, er hätte eine ähnliche Autobiografie schreiben können


Den Meisten ist die Leakey-Familie durch ihre anthropologische Arbeit und durch die Förderung der Primatenforschung in freier Wildbahn - Goodall, Fossey und Galdakatis sind durch Louis Leakey für ihre jeweiligen Lebensprojekte rekrutiert worden - bekannt. So haben sie sich mit der Abstammung des Menschen in prähistorischer Sicht und im Vergleich mit ihren nächsten Verwandten - den Schimpansen, den Gorillas und den Orang Utans - auseinander gesetzt. Richard Leakey ist, anders als seine Eltern, aber auch ganz enorm ein zoon politikon. Denn neben seinen archäologischen Arbeiten hat er sich auch sehr stark für den Naturschutz in Kenia eingesetzt, für seine damit verbundene politische Arbeit höchstwahrscheinlich beide Beine geopfert und war sogar schon einmal Präsidentschaftskandidat.

Leakeys familiärer Hintergrund und sein Lebensweg als gebürtiger Afrikaner wird in diesem Werk relativ schnell abgehandelt, bis zu seiner Übernahme der Leitung des kenianischen Museums für Naturkunde im Alter von knapp 25 Jahren. Durch einige öffentliche Äußerungen zum Artenschutz in Kenia und durch die genauso öffentliche Bezeichnung des damals amtierenden Präsidenten als Lügner in Bezug auf die Lage des Artenschutzes bekommt er schließlich ganz unerwartet die Leitung dieser damals von Korruption, Unfähigkeit und Unwilligkeit durchsetzten Behörde übertragen und macht sich durch seinen harten Kurs sofort unbeliebt bei seinen neuen Untergebenen. Zumindest bei denjenigen, die ihre Arbeit in dieser Behörde vorwiegend benutzen, um sich selbst zu bereichern.

Durch kluge Planung und unglaubliche Energie gelingt es Leakey Stück für Stück, den Kenya Wildlife Service (KWS) in eine funktionierende Institution umzuwandeln und die Elefantenjagd in Kenia fast vollständig zum Erliegen zu bringen. Dazu organisiert er die Wildhüter wie eine militärische Einheit, sorgt dafür, dass alle funktionale Schuhe und moderne Waffen haben und kümmert sich um eine umfassende Finanzierung durch die Weltbank. Sein Ziel ist es, den KWS zu einem selbsttragenden Bereich der Regierung zu machen, der zunächst die Parks und später auch das Umfeld der Parks schützt. Dabei macht er sich zum einen in der kenianischen Regierung viele Feinde, die ihre eigenen Ziele verfolgen und gerne an das Geld herankämen, das in den Kassen des KWS gebunden ist. Er ist absolut kompromisslos in seinem Vorgehen, lenkt dabei seine Leute wie ein guter General, und ihm wird dabei von ihnen auch durchaus jene Loyalität entgegen gebracht, wie sie einem solchen gebührt.

Sein Bemühen, die Elefanten in den Anhang I des CITES-Abkommens zu bekommen, verschafft ihm auch in anderen afrikanischen Staaten - speziell in Südafrika - eine Menge Gegner, weil er der Meinung ist, dass die Parks nicht aus der Ermordung von Tieren Gewinne ziehen sollten, sondern nur aus der touristischen Bewirtschaftung. Südafrika und einige andere Staaten, die eine "aktive Bewirtschaftung" der Herden betrieben und das so erworbene Elfenbein auf dem Weltmarkt verkauft haben, empfinden seine schließlich erfolgreichen Bestrebungen, diesen Handel ganz zu verbieten, als gefährliche Einmischung in ihre eigenen Angelegenheiten. Auch einige Naturschützer und Entwicklungshilfeorganisationen sind mit seinem Vorgehen nicht einverstanden.

Später macht er sich dann so unbeliebt, dass selbst nach dem Verlust seiner Beine bei einem Flugzeugabsturz - dessen Ursachen bis heute ungeklärt sind - die staatstreue Presse ihn und seine Arbeit beim KWS immer mehr verteufelt, bis Präsident Moi schließlich seinen Rücktritt annehmen muss, gerade als die Arbeit des KWS beginnt, Erfolge zu zeigen. Das restliche Buch beschäftigt sich dann mit Leakeys kurzer politischen Karriere.

In diesem Buch - das ja eine Autobiografie ist - zeigt sich sehr deutlich, dass Leakey ein Mensch ist, mit dem man nicht über Kreuz liegen möchte. Er ist ein perfekter Machtmensch, der in seinen Überzeugungen absolut unbeweglich ist, und der im Verfolgen seiner Ziele keinerlei Rücksichten nimmt, was einige der Probleme erklärt, die bei seiner Arbeit gehabt hat. Hätte sich Napoleon dem Umwelt- oder Artenschutz zugewandt, er hätte eine ähnliche Autobiografie schreiben können. Seine Energie und sein absoluter Durchsetzungswille sprechen aus jeder seiner Zeilen und auch wenn er in vielem, das er sagt, Recht hat, klingen sein Tonfall und seine Überzeugung von der Richtigkeit seiner eigenen Ansichten beängstigend. Seine Leistungen sind bewundernswert, aber wie viele "große" Männer der Geschichte dürfte es schwierig sein, mit ihm zurecht zu kommen.

Eine großartige, wenn auch unbeabsichtigte, psychologische Studie eines Machtmenschen und eine interessante Darstellung der kenianischen Geschichte und Politik vor dem Hintergrund des Artenschutzes.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2003)


Richard Leakey & Virginia Morell: "Wildlife - Ein Leben für Elefanten"
Fischer, 2002. 415 Seiten. 
ISBN 3-10-043208-8.
ca. EUR 24,90.
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Kenya Wildlife Service