Wally Lamb: "Von der Seele geschrieben"
Wally
Lamb und die Frauen des Hochsicherheitsgefängnisses York
"Meine erste Droge war weder Alkohol
noch Gras, Speed oder Kokain.
Es waren Süßigkeiten.
Mein Weg in den Drogenmissbrauch begann mit Essen." (Nancy Birkla)
Wally Lamb, bekannter Erfolgsautor,
wird zu einem Vortrag ins Hochsicherheitsgefängnis
für Frauen eingeladen. Daraus entwickelt sich ein Workshop
für Schreiben. Die Eintrittskarte zu dem Schreibkurs ist eine
Kurzgeschichte. An dieser Aufgabe scheitern einige, doch die Frauen,
die sich dazu durchringen, etwas von ihrer Geschichte preiszugeben,
bekommen die Möglichkeit, aus ihrem Leben zu
erzählen. Vier Jahre hat Wally Lamb mit etlichen Insassinnen
gearbeitet, und gibt Menschen, für die sich bis dato kaum
jemand interessiert hat, eine Stimme.
Diese Frauen, deren Lebensgeschichten einander in vielen Punkten
ähneln, sitzen aus den unterschiedlichsten Gründen im
Hochsicherheitsgefängnis von York ein. Ihre Berichte
erschüttern und berühren, sind immer wieder von
Gewalttätigkeiten geprägt und zeugen von einer
Ausweglosigkeit, die viele dieser Frauen hinter Gitter gebracht hat.
Die Exposés wirken authentisch und offen und bringen immer
wieder die Doppelmoral unserer Gesellschaft zum Vorschein. Deutlich
tritt auch die Abhängigkeit der Frauen zutage und der
verzweifelte Versuch, sich daraus zu befreien, der oft genug im
Gefängnis endet. Dabei handelt es sich nicht nur um
Abhängigkeit in Bezug auf Drogen, sondern auch auf Menschen,
Orte und Dinge. Vielen gelingt es erst im Gefängnis, sich auf
sich selbst zu konzentrieren und zu begreifen, dass ihre Kindheit und
Jugend, Gewalt und
sexuelle
Übergriffe unweigerlich in die Kriminalität
geführt haben und dass sehr viel Kraft und Selbstbewusstsein
nötig sein wird, um nach der Entlassung ein selbstbestimmtes
Leben zu führen.
Nach dieser Lektüre lassen sich diese Frauen nicht mehr nur
auf ihre kriminellen Handlungen reduzieren, sondern der Leser begreift,
dass oft eine Verkettung von vielen Umständen zu
Gewalttätigkeiten und kriminellen Handlungen führt.
Man wünscht sich, dass diese Menschen eine zweite Chance
bekommen und die Gefängnisse nicht einfach Verwahranstalten
sind, sondern Möglichkeiten zu
Resozialisierung
bieten. Eine Chance war sicherlich diese Schreibwerkstatt - ein
Instrument, um gehört und ernstgenommen zu werden und um sich
aus dem ganz persönlichen Gefängnis zu befreien.
(margarete; 12/2003)
Wally
Lamb: "Von der Seele geschrieben"
Aus dem Englischen von Bettina Münch.
List, 2003. 336 Seiten.
ISBN 3-471-78096-3.
ca.
EUR 22,-.
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Wally
Lamb lebt mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in
Connecticut, USA.
Ergänzende Buchtipps:
Wally Lamb: "Früh am
Morgen beginnt die Nacht"
"Wenn man der gesunde Zwillingsbruder eines
Schizophrenen ist
und sich selbst retten will, hat man ein Problem ..., die kleine
Unannehmlichkeit, einen toten Doppelgänger zu seinen
Füßen liegen zu haben. Und wenn man sowohl an das
Überleben des Stärkeren glaubt als auch davon
überzeugt ist, man müsse seines Bruders
Hüter sein, dann leb wohl Schlaf und willkommen Mitternacht.
... Glaubt einem Gottlosen, der an Schlaflosigkeit leidet. Glaubt dem
nicht verrückten Zwilling - dem Burschen, der dem
biochemischen Schlamassel entkam."
Seit seiner Kindheit kümmert sich Dominick Birdsey um seinen
Zwillingsbruder Thomas. Unterdessen ist sein eigenes Leben in die
Brüche gegangen: Die Frau, die er immer noch liebt, hat sich
von ihm scheiden lassen, statt dessen lebt er jetzt mit der zu
kleptomanischen Anfällen neigenden Joy zusammen. Den
Lehrerberuf hat er aufgeben müssen, statt dessen nimmt er
Gelegenheitsaufträge als Anstreicher an. Seine Mutter ist vor
vier Jahren gestorben, ohne dass er je von ihr erfahren hat, wer sein
biologischer Vater ist. Und da besiegelt Thomas, der seit Jahren von
einer Psychiatrie zur nächsten geschleust wird, in einem
grandiosen Akt der Selbstaufopferung auch noch sein Schicksal: Mit
einem Ritualmesser hackt er sich in einer öffentlichen
Bücherei die Hand ab, um gegen den Krieg zu protestieren.
Über den verzweifelten Versuchen, seinen Bruder vor der
endgültigen Verbannung in eine geschlossene Anstalt zu
bewahren, versucht Dominick auch sein eigenes Leben in den Griff zu
bekommen. Was alles andere als leicht ist: Die Ereignisse
überschlagen sich, bis Dominick nicht nur auf eine Therapeutin
stößt, die auf den
tanzenden
Shiva schwört, sondern ihm das Tagebuch seines
sizilianischen Großvaters in die Hände
fällt, das ihm letztlich den Weg zur Heilung weist.
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Wally Lamb: "Die Musik der
Wale"
Die wunderbare Kindheit der dreizehnjährigen Dolores
findet ein jähes Ende, als der Vater die Familie wegen einer
anderen Frau verlässt und ihre Mutter vor Schmerz
zusammenbricht. Wie ein gestrandeter
Wal kommt sich Dolores vor. Doch dann beginnt sie ihr Leben
selbst in die Hand zu nehmen.
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