Andrej Kurkow: "Herbstfeuer"


Wie verbrenne ich meinen Mann? Woher stammt meine neue Leber? Wie entsorge ich meinen Steinway-Flügel?
Acht ukrainische Geschichten geben Antwort auf diese und andere Fragen.


Nach den Romanen ist "Herbstfeuer" die erste Kurzgeschichtensammlung Kurkows, die auf Deutsch bei Diogenes erscheint, und man kann direkt feststellen, dass sich das Warten gelohnt hat. Bereits die erste, titelgebende Geschichte über jene Veränderungen, die der Fall des Eisernen Vorhangs für das Leben auf dem Dorf hatte - besonders auch für Menschen, die nicht so recht wussten, was diese Veränderungen bewirkte - ist hinsichtlich Stimmung und Sprache sehr typisch für Kurkow, wenn auch die Erzählfigur eher ungewohnt erscheint. In "Ein merkwürdiger Diebstahl" ist nicht allein der Diebstahl selbst überaus merkwürdig, sondern auch was sich daraus entwickelt, wobei Kenner des Kurkow'schen Werks hier gewiss unverzüglich damit beginnen, nach einem Pinguin zu suchen. "Weihnachtsüberraschung" entführt den Leser wieder einmal in die Besonderheiten des ukrainischen Weihnachtserlebens - in diesem Fall in Verbindung mit Extremurlaub und Familienfeier - wobei man sich ja manchmal fragt, wo der Unterschied liegen soll.

"Die letzte Landung" ist eine schon ganz amüsante Geschichte, die sich aber immer kafkaesker entwickelt und den Leser ziemlich beunruhigt zurücklässt. Hier wird ein wichtiger Aspekt der Globalisierung höchst unangenehm beleuchtet - mit einem für Kurkow üblichen Dreh. Ebenfalls mit Flügen haben die Geschichten "Bloß keine Höhenangst" und "Eine goldenen Schere und drei Handvoll Schnee" zu tun, wobei die eine die Wunder der Kommunikation vom einen Ende des Lebens aus betrachtet, und die andere das andere Ende des Lebens ins Visier nimmt. Bei "Eine goldene Schere und eine Handvoll Schnee" handelt es sich auch wieder um eine Weihnachtsgeschichte der besonderen Art. "Forelle á la tendresse" ist die Geschichte eines absolut ungewöhnlichen Testaments und von den Umständen seiner Vollstreckung. Die "Denkmäler der russischen Kultur" finden ihren Platz in der abschließenden Geschichte, die wiederum ein wenig stärker an Kafka gemahnt.

Alle Geschichten sind durchgängig interessant und bezüglich ihrer Inhalte sowie Handlungsverläufe erfreulich abwechslungsreich, so dass man wirklich Lust darauf verspürt, die eine oder andere gleich noch einmal zu lesen. Aufgrund ihrer mittleren Länge eignen sie sich außerdem im Herbst und Winter auch hervorragend zum gegenseitigen Vorlesen bei einer gemütlichen Tasse Tee neben dem Adventkranz.

Fazit:
Eine empfehlenswerte Anschaffung, die Hoffnung darauf weckt, dass bald weitere Kurzgeschichtenbände Kurkows auf Deutsch folgen werden.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2007)


Andrej Kurkow: "Herbstfeuer"
(Originaltitel "S tocki zrenija travy")
Aus dem Russischen von Angelika Schneider.
Gebundene Ausgabe:
Diogenes, 2007. 233 Seiten.
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Taschenbuchausgabe
Diogenes, 2009. 240 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:

"Der Milchmann in der Nacht"

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