Gabriele Crepaldi: "Das 19. Jahrhundert"
Jahrhunderte der Kunst Band 6
Umfassende Übersicht über Stile,
Bewegungen und Künstler eines Jahrhunderts der Veränderungen
Die
Malerei des 19. Jahrhunderts ist geprägt von konkurrierenden, gegensätzlichen
Stilen und Schulen, aber auch von Künstlergruppen mit ähnlichen Visionen,
Techniken und Motiven, die einander unterstützten und beeinflussten.
Der
kunstliebende Laie droht sich in der Vielzahl der "-Ismen" zu verlieren und
macht sich die Zuordnung manchmal zu leicht. Denn beileibe nicht jeder Maler des
ausgehenden 19. Jahrhunderts war ein Impressionist, und nicht jeder
Impressionist blieb dem
Impressionismus durchweg verhaftet. Die Übergänge sind
fließend, die Hinwendung zu einem bestimmten Stil oder Thema, zu einer Gruppe
erfolgt aufgrund prägender Bekanntschaften mit anderen Malern, älterer Vorbilder
oder auch Erfahrungen auf Reisen.
Das vorliegende Buch gibt einen
angesichts des kompakten Formats erstaunlich gründlichen Überblick über die
Kunst - vor allem die Malerei - des vorletzten Jahrhunderts. Es ist in drei
Bereiche
gegliedert:
Begriffe und
Stile
Orte
Künstler
Im
ersten Komplex werden die Stile und Bewegungen in chronologischer Reihenfolge
erläutert. Über einem knapp einseitigen informativen Text findet man eine
Kurzzusammenfassung zum jeweiligen Stil bzw. zur besprochenen Gruppe; links vom
Text gibt es eine Spalte mit "Kenndaten", beispielsweise die Zeit, zu der die
Gruppe oder der Stil aktuell war, der Grundgedanke, Ausstellungen,
Zeitschriften, Theoretiker zum Thema, Hauptvertreter, Verbindungen und
Nachfolger. Zu jedem Thema werden mindestens zwei typische Bilder vorgestellt,
davon mindestens eines mit detaillierten Erklärungen.
Der Bereich über die
Orte, darunter die damals kulturell führenden Städte und beliebten
Malerresidenzen im nördlichen Mitteleuropa, in Frankreich und im Mittelmeerraum
sowie im angelsächsischen Raum, aber auch "Orte der Seele" - die Alpen, Meere
und Ozeane, Züge und Bahnhöfe sowie Akademien und Museen -, ist ganz ähnlich
strukturiert. Die Randspalte informiert zum Beispiel über Bevölkerungszahlen,
Geschichte, Herrscher, Kultur, Schriftsteller und Künstler. Natürlich folgen
auch hier jeweils einige interessante Bilder mit Interpretation.
Und auch auf
den umfangreichsten Abschnitt mit den bedeutsamsten Künstlern des 19.
Jahrhunderts - neben den Malern auch ein paar Bildhauer, etwa Rodin, und
Fotografen - wurde dieses praktische Schema angewandt. Die Kurzbiografien werden
ebenfalls durch die Randspalte ergänzt: Sie enthält Lebensdaten im Überblick,
die Stationen der Ausbildung, gegebenenfalls politische Aktivitäten, Angaben zum
Familienstand, Reisen, Laufbahn, Freunde, Kollegen, Schüler und Nachfolger. Wie
bereits "gewohnt", kann der Leser sich mit dem Künstler anhand je mindestens
zweier berühmter Werke vertraut machen, wovon wie üblich mindestens eines mit
Kommentaren versehen ist.
Wie bereits erwähnt, besticht das Buch durch die
überragende Fülle von Informationen, und es deckt ein überaus breites
Themenspektrum ab. Entsprechend klein wurde zwangsläufig die Schriftgröße
gewählt. Die Abbildungen sind, schon durch das Buchformat bedingt, ebenfalls
recht klein, aber man kann die wesentlichen Details gut erkennen - und natürlich
handelt es sich nicht um einen Bildband, sondern um ein Sachbuch.
Die
Kommentare und Hinweise zu Einzelheiten der Bilder sind durch Striche mit diesen
selbst verbunden, sodass die Zuordnung leicht fällt. Und diese Anmerkungen
enthalten reichlich interessante Zusatzinformationen, beispielsweise über die
Person manches Modells, über Auftraggeber, über
Symbole,
technische Aspekte, Motivwahl und künstlerische Vorlagen oder Vorbilder für das
Werk.
In die Kurzbiografien, aber auch in die Kapitel über Stile und
Bewegungen wurden zudem Angaben über Vertreter anderer Künste integriert, etwa
der Literatur, die den Malern Denkanstöße und Motivation lieferten. Dazu gehört
zum Beispiel
Baudelaire.
So lassen sich die Kunstwerke in einen größeren kulturellen Zusammenhang
einordnen. Die Chronologie gegen Schluss des Buchs leistet hierzu ebenfalls
einen sinnvollen Beitrag, denn sie enthält neben politischen Ereignissen auch
wichtige Daten aus dem künstlerischen und kulturellen Bereich. Ihr folgt ein
Künstlerverzeichnis.
Dieses Buch erfüllt mehrere Aufgaben: Es erläutert
die Zusammenhänge zwischen den Stilen und Bewegungen untereinander und der
politisch-sozial-kulturellen Umgebung, es zeigt die Orte und Landschaften, aus
denen die Künstler Motive und Hintergründe schöpften, und es vermittelt Leben
und Werk der einzelnen Künstler auch anhand ausgewählter Beispiele. Man kann es
durcharbeiten und sich einen Überblick über die Kunst des 19. Jahrhunderts
verschaffen (bei aller Sachlichkeit bietet es kurzweilige Lektüre), aber es ist
auch ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk.
Die Druckqualität und die klug
konzipierte Gestaltung lassen nichts zu wünschen übrig - das Korrektorat hätte
allerdings etwas gründlicher vorgenommen werden können.
Ein anspruchsvolles,
informatives und ganz einfach gelungenes Buch, das dem Laien und Kunstfreund
knapp, klar und trotzdem im wahrsten Sinne des Wortes anschaulich eine
facettenreiche, faszinierende Epoche nahe bringt!
(Regina Károlyi; 01/2006)
Gabriele Crepaldi: "Das 19.
Jahrhundert"
Aus dem Italienischen von Karl Pichler.
Parthas Verlag,
2005. 382 Seiten.
ISBN 3-936324-67-0.
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Ein weiterer Titel aus dieser Reihe:
Stefano Zuffi: "Das 15. Jahrhundert. Jahrhunderte der Kunst Band
2"
Dieser Band der Reihe widmet sich einer künstlerisch ausgesprochen
innovativen Epoche Europas, dem 15. Jahrhundert. Im ersten Teil werden zentrale
Grundbegriffe, Techniken und Gattungen erläutert, die diesem Jahrhundert ein
neues Gesicht gaben, wie zum Beispiel Perspektive, Ölmalerei, Intarsien oder
Flügelaltar.
Der zweite Teil begleitet den Leser von der Gotik des Nordens
quer durch Europa bis
zur Renaissance
Italiens an die Orte bedeutender Kunstproduktion, darunter die Hansestädte,
Flandern, Burgund, Venedig und Florenz.
Im dritten Teil werden sechzig
bedeutende stilbildende Künstler und ihre Hauptwerke vorgestellt. Hier findet
der Leser bekannte Namen wie
Leonardo da
Vinci, Bramante, Jan
van
Eyck oder Martin Schongauer, aber auch Künstler,
die weniger oft dokumentiert sind wie Jaime Baço oder Geertgen tot Sint Jans.
(Parthas Verlag)
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