Slavenka Drakulic: "Keiner war dabei"
Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht
Ist
das Böse nicht ebenso ein Teil der menschlichen Natur wie das
Gute? Und wenn wir Verbrecher als Ungeheuer bezeichnen, tun wir dann
nicht nur deswegen so, um Abstand zwischen ihnen und uns Menschen zu
schaffen? In ihrem Bestreben, das unfassbar Böse zu begreifen,
hat die abwechselnd in Wien und Stockholm lebende kroatische Autorin
Slavenka Drakulic nunmehr ein Buch über die Gräuel
des Balkankrieges (1992-1999) aus der Perspektive der Kriegsverbrecher
geschrieben. Dem Ergebnis liegen umfangreiche Recherchen zu den
jeweiligen Lebensläufen prominenter und weniger prominenter
Täter zugrunde. Über Monate hinweg gesellte sich
Drakulic zu den Verhandlungen vor dem Internationalen
Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, wo nicht nur Recht gesprochen
wird, sondern generell die historische Wahrheit einer Politik der
"ethnischen Säuberung" im Focus kritischer Betrachtungen
steht. Ein Wahrheitsfindungsprozess, welcher als wichtiger Beitrag
für eine friedliche Verständigung zwischen den
zerstrittenen Völkern des ehemaligen Jugoslawien erkannt
werden muss. Was übrigens selbst unter den in der Haftanstalt
von Scheveningen (Holland) inhaftierten Kriegsverbrechern unbestritten
ist, deren Sprecher, Goran Jelisic, gegenüber dem Publikum im
Gerichtssaal bekundete, man sei sich darin einig, dass "das Tribunal zu
einem dauerhaften Frieden in Bosnien beitragen" müsse. In
anderer Hinsicht, nämlich die eigene Schuld betreffend, zeigt
sich der Mehrzahl der Gefängnisinsassen jedoch nach wie vor
uneinsichtig.
Slavenka Drakulic hat ein sehr privates Buch geschrieben, voll der
persönlichen Anekdoten autobiografischen Gehalts, welche die
menschliche Dimension der jugoslawischen Tragödie dem Leser
umso greifbarer machen. Man spürt beim Lesen der Schrift die
Authentizität ihres Zorns und ihre Trauer über das
blutige Scheitern der jugoslawischen Idee, die unter dem Autokraten
Josip Broz Tito (1892-1980) ein Land aus sechs Republiken, drei
Sprachen und drei Religionen mit dem Slogan "Brüderlichkeit
und Einheit" zu einer homogenen Nation verschmelzen wollte. Eine Idee,
die an dem inneren Charakter der jugoslawischen Wirklichkeit scheitern
sollte, welche eine nicht zur gelebten Sittlichkeit gereifte
Wirklichkeit war, deren zuerst sozialistischer, sodann
nationalistischer Kollektivismus die Herausbildung individualistischer
Ethik verunmöglichte, wie überhaupt das Leben im
[jugoslawischen] Sozialismus und Post-Kommunismus von einer Kultur der
Lüge geprägt war. "Das Gebot 'Du sollst
nicht lügen!' gilt nicht." - konstatiert Drakulic
rückblickend zur besonderen Eigenart jugoslawischer Pragmatik:
"Im Gegenteil, wer lügt, kann überleben und
profitieren; wer die Wahrheit sagt, ist dumm." Eine aus spezifischen
Milieuumständen erwachsene lebenskluge Verhaltensregel, die
sich insbesondere hohe Politiker und Militärs bei der
Verfolgung ihrer Zielsetzungen gerne zu Nutze machten, was westliche
Politiker in tragischer Verkennung der jugoslawischen
Mentalität nur langsam und dann viel zu spät
kapierten.
Der blutige Hass unter den Ahnen der Völkerschaften wurde im
ehemaligen Jugoslawien Titos niemals thematisiert, lediglich
ausgeblendet und durch einen mehr kitschigen denn historisch korrekten
Partisanen- und
Personenkult
überlagert. Völkische Mythen wurden gerade einmal
zwischenzeitlich als nicht opportun ins kollektive Halbbewusstsein
verdrängt, doch keineswegs zu ihrem irrationalen Charakter
kritisch hinterfragt. Und so überdauerte etwa auch der Mythos
von der "Schlacht auf dem Amselfeld" (die Legende vom serbischen
Märtyrertum, anhand derer eine verlorene Schlacht zum
spirituellen Sieg verklärt wird) im Unterbewussten der
serbischen Seele bis zu jenem Tag, an dem machtgeile Volksverhetzer die
Wiedergeburt des "himmlischen Volks" auf ein Neues beschworen. Das
Massaker nach der Eroberung der Enklave Srebrenica, im Juli 1995, wobei
7.475 wehrlose muslimische Männer von der Armee der Republika
Srpska niedergemetzelt wurden, ist, so Drakulic, im Lichte des
Amselfeld-Mythos als später Racheakt für die 1389
gegen die
Türken verlorene Schlacht zu verstehen. Man fragt
sich zwar, was die bosnischen Muslime von Heute für den
Angriffskrieg der Osmanen im 14. Jh. können, doch die
mythische Weltsicht stellt sich diese doch so nahe liegende Frage
offenkundig nicht. Bosnische Muslime werden in der ätherischen
Wahrnehmung vieler Serben immer noch als Türken erkannt, und
wer den türkischen Erbfeind kompromisslos bekämpft,
ist nach dem Dafürhalten serbischer Mythologie kein
gewöhnlicher Kriegsverbrecher, sondern ein
vaterländischer Held, der himmlischen Ruhm verdient.
Ein uneinsichtiges Empfinden, das Muslimen und Kroaten genauso wenig
wesensfremd ist wie den Serben, bedauert Drakulic, welche ihre
kroatische Heimat genauso wenig mit herber Kritik verschont. Gleich
eingangs erinnert sie an das Konzentrationslager Jasenovac, wo
während des Zweiten Weltkriegs die kroatische Ustascha, eine
von Hitlerdeutschland begünstigte klerikalfaschistische
Organisation, rund 70.000 Menschen, darunter 20.000 Juden, auf
bestialische Weise ermordete. Das kroatische Regime unter dem
missionarisch agierenden Nationalisten Franjo Tudjman verstand sich in
den 1990erjahren als offenbar in der Traditionslinie der Ustascha
stehend, und betrieb nach Gründung des kroatischen
Nationalstaats im Jahre 1991 eine Politik der "ethnischen
Diskriminierung" gegen die serbische Minderheit, was
zwangsläufig Krieg mit Serbien bedeuten musste. Auch von
kroatischer Seite wurden in weiterer Folge grauenhafte Kriegsverbrechen
begangen, berichtet Drakulic, doch wer diese anprangert, wer es wagt
"Verrat an den Helden" des vaterländischen Kriegs zu begehen,
wird geächtet, muss um sein Leben fürchten oder wird
es, so wie der mutige Milan Levar aus Gospic, der gegenüber
dem Haager Tribunal kroatische Kriegsverbrechen bezeugte, durch die
Hand eines feigen Mörders verlieren. Drakulic setzt dem
mutigen Landsmann und der hohen Gesinnung seiner letztlich
selbstmörderischen Zivilcourage mit ihrem Buch ein kleines
Denkmal. In seinem Glauben an die Gerechtigkeit lehnte Milan Levar es
ab zu schweigen und zu flüchten, womit er sich in einer
Atmosphäre des Vertuschens von Missetaten und chauvinistischer
Selbstgerechtigkeit sein eigenes Grab schaufelte.
Es erregt während der Lektüre des Buches immer wieder
Erstaunen, mit welch eindringlicher Leidenschaft sich Drakulic in das
Gemütsleben der wegen abscheulicher Verbrechen angeklagten
Täter versenkt. Ihre Betrachtungsweise kritischer Sympathie
für das nur Allzumenschliche hat denn auch sehr menschliche
Bilder zur Folge, denen sie mit schlichten Worten Leibhaftigkeit
verleiht und Beseeltheit einhaucht. Das Grauen in Menschengestalt soll
leben, um es verständlich zu machen. Nicht um es zu
rechtfertigen oder zu entschuldigen. Der Duktus bleibt gnadenlos. Wir
haben es mit Schwerverbrechern zu tun, daran lässt Drakulic
keinen Zweifel aufkommen. Sie müssen für ihre Untaten
büßen, doch möge man dabei nicht auf die
vielen tausend Mitläufer in ihrem Gefolge vergessen, welche
die Praxis einer mörderischen Kriegspolitik erst
möglich machten.
Drakulic stellt in diesem Zusammenhang die Frage nach der
Kollektivschuld. Und erkennt sofort, dass diese Frage verpönt
ist. Jedoch, wenn es keine Kollektivschuld gibt, gibt es dann eine
kollektive Unschuld? Immerhin wurde Milosevic, der Schlächter
vom Balkan, dreimal in hinreichend demokratischen Wahlen
gewählt und war beim Volk sehr populär. Das gleiche
gilt für den eifernden Nationalisten Franjo Tudjman. Das Volk
der Kroaten stand hinter seiner Politik der "ethnischen
Säuberung".
Mit der kollektiven Schuld ganzer Völker korrespondiert und
(noch viel mehr) konkurriert die individuelle Schuld der Einzelperson.
Die Autorin stellt hierzu die Frage nach der charakterlichen Ursache
für menschliche Grausamkeit. Sind es pathologische
Eigenschaften, die den Menschen zum Verbrecher machen, wenn sich die
Gelegenheit bietet? Oder wird der Mensch unter sozialem und
psychologischem Druck kriminell? Drakulics Befund zu ihren
Fragestellungen ist deprimierender als die Fragen es schon
befürchten lassen, denn bei den von ihr studierten
Kriegsverbrechern handelt es sich in der Mehrzahl um völlig
normale und in ihrem Vorleben teils sogar durchaus sympathische
Menschen, weder auffällig pathogen, noch in ihrem kriminellen
Tun und Lassen Opfer zwanghafter Umstände. Die Autorin kommt
zu dem alarmierenden Schluss, dass Kriegsverbrecher keine Ungeheuer
sind, sondern "Menschen wie Du und Ich", was in der Konsequenz
heißt, dass ihre Verbrechen ein jeder von uns genauso begehen
könnte. Ein pessimistisches Menschenbild tut sich auf und
Drakulic kleidet dieses in die Worte von Ervin Staub, der schrieb, dass
"das Böse, das aus dem normalen Denken kommt und von normalen
Menschen getan wird, die Norm und nicht die Ausnahme ist". Es war der
Krieg, der dieses im Menschen angelegte Böse zum Leben
erweckte.
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge!" Welch tragischer Irrtum des
Vorsokratikers
Heraklit
von Ephesus, im Krieg ein schöpferisches Prinzip
erkennen zu wollen. Und im Grunde genommen: Was für eine dumme
Parole!
Zur Illustration schuldbeladener Einzelpersonen porträtiert
Drakulic eine Reihe von Einzelschicksalen, deren Verstrickungen in
Kriegsverbrechen am Gerichtshof zu Den Haag strafrechtlich verhandelt
werden. Es handelt sich hierbei einerseits um "gesichtslose"
Männer, welche sich aktiv an Massenvergewaltigungen, Morden
oder an Folterungen beteiligt haben, andererseits jedoch um die
Kriegsprominenz, um Radislav Krstic, Kommandeur des serbischen
Drina-Korps, welches durch das Massaker von Srebrenica zu ebenso
trauriger wie entehrender Berühmtheit gelangte, um Krstics
Vorgesetzten, den sendungsbewussten General Ratko Mladic, ein
ungustiöser und derber Mensch, der Dank seines
Rückhalts im serbischen Volk immer noch nicht der weltlichen
Gerechtigkeit zugeführt werden konnte und dessen
hoffnungsfrohe Tochter sich 1994 das Leben nahm, nachdem sie ihren
Vater erkannt hatte. Ein grausames familiäres Schicksal, das
Drakulic als "Gottesstrafe" für den "Schlächter von
Bosnien" bezeichnet.
Besondere Aufmerksamkeit gebührt natürlich dem
Ehepaar Milosevic, das, von seinem verbrecherischen Charakter einmal
abgesehen, für vulgären Opportunismus und geradezu
peinliche Stillosigkeit steht. Milosevic, wegen Völkermords in
Scheveningen einsitzend, wird als substanzloser Parteibürokrat
gezeichnet, schrecklich ordinär und gesinnungslos,
vorangetrieben von seiner ehrgeizigen Ehefrau Mira Markovic, einer
Professorin der Soziologie, die aus feministischer Überzeugung
ihren Mädchennamen beibehalten hat und ansonsten durch
äußerliche Geschmacklosigkeiten ins Auge sticht, wie
sie schlimmer nicht mehr denkbar sind. "Sie sieht aus, als
wäre sie einem Schrank voller Mottenpulver entstiegen",
mokiert sich Drakulic, und versteht einer seitenlangen Kritik
weiblicher Unschicklichkeiten eine Wendung zu politischer Brisanz zu
geben. Ist es doch dieser alberne Charakter von Mira Markovic, der
ihren fatalen Einfluss auf Slobodan Milosevic erklärt. Und
Mira Markovic ist eben der Schlüssel zum Verständnis
der Person Slobodan Milosevic, des "Schlächters vom Balkan".
Mira, die berechnende ewige Kindfrau, war nach dem Dafürhalten
von Drakulic jene Triebkraft hinter Milosevic, die ehrgeizige andere
Hälfte, die einen eher farblosen Parteibürokraten
dazu brachte, jede Gelegenheit auf dem Weg zur Macht zu nutzen. Und
fast rührend, die beiden sind nach Jahrzehnten der Ehe immer
noch ein Liebespaar. Seitdem sie sich im Dezember 1958, im Alter von 16
(Mira) und 17 (Slobodan) kennen und lieben lernten, bilden sie eine
autistische Zelle, die sich gegenüber einer als feindselig
empfundenen Welt abkapselt und die Lebenswirklichkeit nach eigenem
Gutdünken interpretiert. Schlimm für die
Wirklichkeit, wenn sie anders ist, als das Ehepaar Milosevic sie sieht;
spöttelt Drakulic an einer Stelle im Buch. Und merkt zum
höchst rudimentär entwickelten moralischen Charakter
des Serbenführers an: "Das Leiden anderer bedeutet
für Milosevic nichts. Er ist zu keiner Empathie
fähig. Bei seinem Anblick begriff ich erstmals die Definition
des Bösen, die ich vor langer Zeit gelesen hatte: Das
Böse ist die Abwesenheit von Mitgefühl."
Verachtung gebührt dem Ehepaar Milosevic, Zorn dem General
Ratko Mladic, doch höchster Respekt der Frau Biljana Plavsic,
einer ehemaligen Naturwissenschaftlerin, welche, früher als
die "eiserne Lady" der Republika Srpska bekannt und
gefürchtet, in Den Haag zu ihrer persönlichen
Verantwortung steht und sich bereits als (im Sinne der Anklage)
schuldig bekannte. Ein für den Läuterungsprozess der
Serben ganz essenzielles Schuldbekenntnis, aus dem Mund einer ehemals
glühenden Nationalistin, wenn nicht sogar Rassistin, die sich
mit aus der Biologie stammenden Metaphern gefiel, als sie die
bosnischen Muslime als "genetischen Fehler am serbischen
Körper" bezeichnete, deren Eliminierung nur ein
"natürliches Phänomen", nicht jedoch ein
Kriegsverbrechen sei. Wenn sich diese führende
Repräsentantin serbischer Politik nunmehr aus
uneigennützigem Motiv vor ihrem eigenen Gewissen und der Welt
für schuldig erklärt, bricht die serbische
Verteidigungslinie ein, die immer noch geschlossen auf "nicht schuldig"
beharrt und - so wie Milosevic - die Anklagebehörde von Den
Haag als illegitime Siegerjustiz denunziert. Viele Serben sind ob des
Schuldeingeständnisses von Biljana Plavsic konsterniert,
beklagt Drakulic die immer noch halsstarrige Front selbstgerechter
Unschuldsbeharrung der serbischen Seite, welche unbeirrt an der
Mär vom gerechten Krieg gegen den (muslimischen) Terror (zur
Verteidigung des christlichen Abendlands?) und für Freiheit
und Gerechtigkeit festhält und in der eigenen Geschichte
nichts als Edelmut erblickt.
Drakulic enthält sich politischer Spekulationen im Sinne von
"was wäre gewesen wenn und so weiter und so fort". Sie beklagt
nicht das erbärmliche Versagen des UNO-Sicherheitsrates bei
der Sicherung der tatsächlich nicht einmal halbherzig
abgesicherten UNO-Schutzzone Srebrenica, womit das
größte Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des
Zweiten Weltkriegs eingeleitet war, sie belässt die jahrelange
Untätigkeit europäischer Politik außer
Debatte, es klingt nur durch, dass, so wie es letztlich kam (das pazifizierende
Eingreifen der Nato und die nachfolgende Einrichtung eines
Internationalen Kriegsverbrechertribunals), es ein Segen für
die geschundenen Völker des ehemaligen Jugoslawien war. Es
fehlt nach wie vor der Wille, aus eigenem Antrieb die Wahrheit zur
historischen Tragödie zu ergründen, Schuld und
Sühne zu ermessen und nach friedlicher Verständigung
zu streben. Wenn sich etwas zum Besseren bewegt, so ist es der
internationalen Völkergemeinschaft zu verdanken, deren Zwang
zur Aufarbeitung von Wahrheit und deren stetiger Forderung, dass die
für den Balkankrieg Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen
werden müssen. Und das, obwohl die Masse der vom
nationalistischen Ungeist Verblendeten nach wie vor in den
Schlächtern vom Balkan "Helden des vaterländischen
Kriegs" erblickt.
"Keiner war dabei - Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht" ist
resümierend gesehen ein großartig engagiertes Buch,
das durch seine rückhaltlose Menschlichkeit berührt,
ja emotionalisiert, nachdenklich und betroffen macht und bei aller
deprimierenden Aussicht auf das erschreckende Wesen des normalen
Menschen doch so etwas wie Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren
vermittelt. Eine Hoffnung, verkörpert durch das
Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, wo der Geist zivilisierter
Vernunft über die Barbarei zu Gericht sitzt und deren
abscheuliche Wahrheit, unbeirrt von allen Vorhaltungen und
Anmaßungen der Reuelosen, aus den schwarzen
Abgründen völkischen Irrsinns ans Tageslicht einer
aufgeklärten Weltbetrachtung zerrt.
(Tasso; 04/2004)
Slavenka Drakulic: "Keiner war dabei"
Deutsch von Barbara
Antkowiak.
Zsolnay, 2004. 200 Seiten.
ISBN 3-552-05290-9.
ca. EUR 17,90.
Buch
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Slavenka Drakulic wurde 1949 in Kroatien geboren. Sie ist eine Schriftstellerin und Journalistin von internationalem Rang. Ihre Romane und Sachbücher wurden in viele Sprachen übersetzt, ihre Artikel zu politischen und sozialen Themen erscheinen in Zeitungen rund um die Welt. Werke: "Das Prinzip Sehnsucht" (Roman, 1989); "Wie wir den Kommunismus überstanden - und trotzdem lachten" (1991); "Sterben in Kroatien - Vom Krieg mitten in Europa" (1992); "Café Paradies oder Die Sehnsucht nach Europa" (1997); "Das Liebesopfer" (1997); "Marmorhaut" (1998); "Als gäbe es mich nicht" (1999).
Ergänzende Buchtipps:
Slavenka Drakulic: "Als
gäbe es mich nicht"
Stockholm, Karolinska Krankenhaus, 27. März 1993:
S., eine junge Lehrerin
aus
Bosnien, Moslemin und Asylantin in Schweden, hat gerade ein
Kind zur Welt gebracht. Aber im Gegensatz zu den anderen Babys auf der
Station hat dieses Neugeborene weder Sicherheit noch Heimat. Es hat
keinen Namen und statt eines Vaters sehr viele: die gesichtslose Masse
der Soldaten, die S. in einem serbischen Frauenkonzentrationslager
immer und immer wieder vergewaltigt haben.
Auf dem Wochenbett suchen S. die schrecklichen Ereignisse des
vergangenen Jahres heim: Die Vertreibung aus Sarajevo in ein kleines
Dorf am Rande Bosniens, die menschenunwürdigen Bedingungen im
Lager, die ohnmächtige Unterwerfung der Frauen und
Mädchen unter die grenzenlose Brutalität der
Peiniger, die "Befreiung" und Überführung in ein
Flüchtlingslager nach Kroatien - das Grauen, die Angst, die
stinkende Allmacht des Todes. All das hat S.,
äußerlich betrachtet, hinter sich gelassen und
überwunden. Doch es bleibt die bedrückende Frage: Was
soll aus dem gehassten, aber an allem unschuldigen Kind werden?
Buch
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Jürgen Elsässer:
"Kriegslügen: Der NATO-Angriff auf Jugoslawien"
Nach der
Zerstörung
Jugoslawiens und der Parzellierung des Balkans trifft im Gebiet
zwischen Adria und Schwarzem Meer der Vormarsch der
Nato-Mächte auf die Interessen Russlands und der islamischen
Welt. Die Region ist zu einem Flickenteppich instabiler Mini-Republiken
geworden, die fast alle vom großalbanischen Nationalismus
bedroht sind. Der Kosovokonflikt und die Nato-Aggression gegen
Jugoslawien sind also nicht Geschichte, sondern bestimmen die Gegenwart.
Im
vorliegenden komplett überarbeiteten Band erweitert der
Autor seine Recherchen um unzählige Zeugenaussagen und
aktuelle Erkenntnisse. Er analysiert und diskutiert die Rolle der
deutschen Außenpolitik und liefert das Kompendium zu einem
Krieg, der nicht zu Ende ist. (Homilius 2007)
Buch
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Germinal
Civikov: "Der Milosevic-Prozess:
Bericht eines Beobachters"
Promedia 2006
215 Seiten
Am 11. März 2006 wurde Slobodan Milosevic tot in seiner Zelle
in Den Haag aufgefunden. Damit fand der so genannte "Prozess des
Jahrhunderts" gegen des Präsidenten des dritten und letzten
Jugoslawien ein jähes, unerwartetes Ende. Der 1995 vom
UNO-Sicherheitsrat ins Leben gerufene Internationale Strafgerichtshof
für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) hatte am 27. Mai 1999,
mitten im Bombenkrieg der NATO gegen Belgrad, Anklage gegen den
damaligen jugoslawischen Präsidenten wegen Kriegsverbrechen in
der Provinz Kosovo erhoben. Im Oktober und November 2001 erweiterte das
Tribunal die Anklageschrift auf Kriegsverbrechen und Vertreibungen in
Kroatien 1991-1992 sowie auf Völkermord in Bosnien 1992-1995.
Im Februar 2002 wurden die drei Anklagen zu einem Gesamtprozess
gebündelt. Nach 300 Zeugen der Anklage lief seit September
2005 die Beweisführung der Verteidigung.
In der Essenz der Anklage warf der Strafgerichtshof Milosevic vor, eine
kriminelle Vereinigung (Joint Criminal Enterprise) angeführt
zu haben, die auf den Trümmern des zerfallenen Jugoslawien ein
Groß-Serbien errichten wollte. Als Mittel zu diesem Zweck
hätten Milosevic und seine Vereinigung die Kriege in Kroatien,
Bosnien und im Kosovo entfacht, systematische ethnische
Säuberungen durchgeführt und verschiedene
Kriegsverbrechen verübt, darunter auch einen
Völkermord in Bosnien. In seiner Verteidigung klagte Milosevic
seinerseits die führenden westlichen Staaten an, politisch und
militärisch die separatistischen Kräfte
unterstützt und auf diese Weise den blutigen Zerfall
Jugoslawiens vorangetrieben zu haben.
Germinal Civikov, während des Prozesses von Beginn an als
Journalist anwesend, berichtet in diesem Buch vom Verlauf und Wesen des
Verfahrens, wie er es beobachtet hat. Die Beweisführung der
Anklage erfuhr ein komplettes Fiasko, das Verfahren erwies sich als
politischer Schauprozess, in dem Richter und Ankläger in ihren
Rollen oft nicht zu unterscheiden waren, während die so
genannte "Wahrheitsfindung" zu einer Farce geriet, deren Drehbuch
politischen Vorgaben folgte. Alles in allem war es ein der
europäischen Rechtsstaatlichkeit und der strafrechtlichen
Kultur wesensfremder Prozess, den schon aus diesem Grund die
Öffentlichkeit nie hätte zulassen dürfen.
Germinal Civikov ist 1945 in der bulgarischen Donaustadt
Russe geboren und lebt sein 1975
in den Niederlanden. Er hat in Sofia
und Leiden Germanistik und Slavistik studiert und war bis 2004
Redakteur bei der Südosteuropa-Redaktion der "Deutschen
Welle". Seine kritischen Beobachtungen zum Milosevic-Prozess
veröffentlicht der Autor seit 2002 in zahlreichen Artikeln
für niederländische, deutsche und bulgarische
Zeitungen. 2004 war er am dreiteiligen Dokumentarfilm "Der Fall
Milosevic" beteiligt, den der Regisseur Jos de Putter für das
niederländische Fernsehen gedreht hat und der dort mehrmals zu
sehen war.
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"Die Zerstörung Jugoslawiens:
Slobodan Milosevic antwortet seinen Anklägern"
Zambon 2006
265
Seiten
Vorwort von Klaus Hartmann
Einleitung von Domenico Losurdo
(Philosophie-Professor in Urbino)
Textbeiträge des Juristen Giuseppe Mattina
Mit folgenden Dokumenten im Anhang:
Milosevic-Prozess: ein Prozess der Unterstellungen (Herausgegeben von
ICDSM- Italien)
Originalrede von Milosevic auf dem Amselfeld, 28. Juni 1989
Slobodan Milosevic wendet sich an das serbische Volk, 2. Oktober 2000
Offener Brief von Milosevic, August 2003
Das US-/NATO-Gericht, vor dem Slobodan Milosevic angeklagt ist, war
schon immer völlig illegal. Es konnte nie ernsthaft als
Institution der Rechtssprechung bezeichnet werden. Milosevics
Verteidigung ist kraftvoll, überzeugend,
beweiskräftig und unmöglich zu ignorieren.
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Kurt Köpruner: "Reisen in das Land
der Kriege: Erlebnisse eines Fremden in Jugoslawien"
Diederichs 2003
352 Seiten
Buch
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