Corina Bucher: "Christoph Kolumbus"
Korsar und Kreuzfahrer
Spannende Biografie und Rezeptionsbetrachtung
durch Quellenanalyse
Über die Jahrhunderte hat sich das vom offiziellen Entdecker Amerikas vermittelte
Bild in Abhängigkeit von politischen, religiösen und philosophischen Strömungen
stark verändert. Entsprechend wurden missliebige Quellen unterdrückt, vernichtet
oder diskriminiert und Passagen aus Kolumbus' Biografie gestrichen beziehungsweise
in opportuner Weise abgeändert.
Corina Bucher verfolgt die Geschichte des Christoph Kolumbus und unterzieht
die zeitgenössischen und späteren Quellen einer kritischen Prüfung. Dabei kommen
hochinteressante Fakten zum Vorschein, die Kolumbus als eine Persönlichkeit
zeigen, der es zunächst gelang, die politischen Wirren des ausgehenden Mittelalters
weidlich für sich zu nutzen, die dann aber durch Intrigen von der Weltbühne
gedrängt wurde.
Kolumbus, wohl ein Adliger schwer nachvollziehbarer Abstammung, wurde in Genua
in eine Zeit voller Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Herrscherhäusern und
Handelsmächten geboren. Seine Familie verlor durch ihre Verbindung mit dem "falschen"
Herrschergeschlecht ihr Vermögen und musste fliehen. In der Folge nutzte Kolumbus
als Korsar, das heißt, von einem Machthaber zum Ausrauben von Schiffen anderer
Länder legitimierter Piratenkapitän, die wechselnden Machtverhältnisse zum Erwerb
eines Vermögens. Sein Bestreben, über den Atlantik nach Indien zu reisen, entsprang
einerseits seinen Kontakten zu Gelehrten, die dies für möglich hielten, und
andererseits seinen religiösen Ambitionen, stand er doch in der Tradition der
Templer (möglicherweise gehörte er einer
in Portugal legitimierten Nachfolgeorganisation an) und hegte Ambitionen, Jerusalem
zu befreien.
Die Autorin beschreibt detailliert die Schwierigkeiten Kolumbus', einen königlichen
Geldgeber und Ausrüster zu finden; nach der Reconquista engagierten ihn bekanntlich
"die katholischen Könige" von Spanien. Im Buch werden Kolumbus' Reisen ausführlich
und spannend beschrieben, einschließlich aller Intrigen, die gegen ihn als Vizekönig
gesponnen wurden. Corina Bucher geht auch auf sein Verhältnis zu den "Indios"
ein und erläutert seine zwanghafte Suche nach Gold, die für die südeuropäischen
Reiche typisch und im Grunde lebensnotwendig war.
Aufgrund von Machtkämpfen und einem Wechsel auf dem spanischen Thron sank Kolumbus'
Stern sehr schnell. Er und seine Nachkommen wurden um vertraglich zugesicherte,
weit reichende Rechte betrogen.
Im Anschluss an die Biografie Kolumbus' und seiner Söhne befasst sich das Buch
mit den Quellen zum Entdecker Amerikas und deren Glaubwürdigkeit sowie mit der
Rezeption der Figur Kolumbus über die Jahrhunderte: Lange weigerte man sich,
Kolumbus als einen noch den religiösen Idealen des Mittelalters verhafteten
christlichen Eiferer zu sehen, man stellte meistens den unerschrockenen, hartnäckigen
Forscher in den Vordergrund und ignorierte den Korsaren.
Der Autorin gelingt es, ein sehr differenziertes Kolumbus-Bild zu erstellen,
das sich auf authentische Quellen (zum Teil Kolumbus' eigene Schriften, zum
Teil jene seines Sohnes Hernando und des Indianerverteidigers und Dominikaners
Bartolomé de Las Casas, die trotz ihrer Unabhängigkeit sehr gut korrelieren)
und intensive Recherche stützt. Sie beschreibt Kolumbus als einen Sohn seiner
Zeit, des Spätmittelalters, der aus seinen Visionen und vom Kreuzrittertum geprägten
Idealen heraus agierte, aber auch, zumindest in jüngeren Jahren, aus den politischen
Gegebenheiten Profit zu schlagen wusste. Das Buch ist sehr leserfreundlich gestaltet:
An den Kapitelanfängen findet man Zeittafeln zur im Anschluss behandelten Lebensphase,
immer wieder textnah zeitgenössische Karten und andere Illustrationen, z. B.
Porträts, sowie grau unterlegte "Kästen", in denen Hintergrundinformationen
angeboten werden.
Es lohnt sich aber auch, den Teil aufmerksam zu lesen, der die Quellendiskussion
und den Überblick über Kolumbus' Rezeption enthält, weil hier zum einen eine
Fülle von Erkenntnissen über die Geschichtsschreibung früherer Epochen zusammengetragen
wurde und zum anderen erkennbar wird, wie sehr man (insbesondere als Laie) geneigt
ist, der "politisch korrekten", das heißt, von (den jeweils aktuellen Machthabern
gefälligen) Meinungsbildnern produzierten, Interpretation einer historischen
Figur aufzusitzen. Und diese kann weit von der Faktenlage abweichen.
Dieses Buch bietet somit fünfhundert Jahre nach Kolumbus' Tod die Möglichkeit,
den großen Korsaren, Kreuzfahrer und Entdecker so objektiv wie heute möglich
kennen zu lernen.
(Regina Károlyi; 05/2006)
Corina Bucher: "Christoph Kolumbus"
Primus,
2006. 288 Seiten, mit 20 Abbildungen und 3 Karten.
Buch bei amazon.de bestellen
Weitere Buchtipps:
Christoph
Columbus: "Bordbuch"
Mit einem Nachwort von Frauke Gewecke.
Christoph
Kolumbus unternahm 1492 seine erste Entdeckungsfahrt auf der Suche nach einem
neuen Seeweg nach Indien. Auf dieser Reise entdeckte er unter anderem Kuba und
Haiti, wo er eine Niederlassung gründete - immer im Glauben, das Reich des
Großen Khan erreicht zu haben. Das Tagebuch, das er auf dieser Reise führte, ist
in der Niederschrift von Bartolomé de Las Casas überliefert worden. Kolumbus’
Notizen zeichnen den Verlauf seiner ersten "Amerika"-Reise minutiös nach. Das
Bordbuch gibt Aufschluss über die Reiseroute, über die Gefahren dieser Fahrt,
über die Flora und Fauna und die Menschen, denen der Europäer Kolumbus teils mit
Staunen, teils mit geradezu überschwänglicher Begeisterung begegnet.
(Insel)
Buch bei amazon.de bestellen
Christopher Kolumbus:
"Bordbuch"
Als Kolumbus auf der Insel Guanahani, der heutigen
Watling-Insel (Bahama-Gruppe) landete, war er auf einen unbekannten Erdteil
gestoßen - eine fantastische Entdeckung, die ein neues Zeitalter
einleitete.
Das von Kolumbus während seiner Reise selbst geführte Bordbuch
erweckt die Entdeckung Amerikas zu neuem Leben. Auch wenn diese Ereignisse
mittlerweile Jahrhunderte zurückliegen, haben die spannenden zeitgenössischen
Berichte nichts von ihrer Faszination verloren. (Marixverlag)
Buch bei amazon.de bestellen
Jakob Wassermann:
"Christoph Columbus. Der Don Quichote des Ozeans"
Eine Biografie. Die fundierte und glänzend
recherchierte Lebensgeschichte gilt als eine der besten Biografien, die über den
rätselhaften Entdecker Amerikas verfasst wurden. Die Vita von Christoph Kolumbus
ist bis heute eine diffuse Verbindung von Legende und Wirklichkeit. Alles ist
umstritten: sein Charakter, seine Leistungen, sein Werdegang, die einzelnen
Stationen seines Lebens, sogar sein Geburtsdatum. Jakob Wassermann gelang ein
überzeugendes, psychologisch stringentes Bild dieses Mannes - spannend zu lesen
wie ein Roman. (dtv)
Buch bei amazon.de bestellen
Klaus Brinkbäumer,
Clemens Höges: "Die letzte Reise. Der Fall Christoph Columbus"
Die Geschichte des Christoph Columbus ist die Geschichte eines Triumphs und
seine Tragödie. Sie ist großes Abenteuer und ein Wissenschaftskrimi. 500 Jahre
nach seinem Tod wird der Entdecker neu entdeckt: Ein internationales Team von
Forschern und Tauchern untersucht ein geheimnisvolles Wrack vor der Küste Panamas
- die "Vizcaina" des Christoph Columbus? Und Historiker fahnden in alten Archiven
nach seinen Spuren. Was wollte Columbus, als er 1492 aufbrach in Richtung Westen?
Warum finanzierte ein Sklavenhändler die Entdeckung der Neuen Welt? Und was
geschah wirklich auf seiner vierten, seiner letzten Reise, als Columbus Meuterei,
Stürme und Verrat überstand, als er seine vier Schiffe verlor und wahnsinnig
und beinahe blind auf Jamaika strandete? (DVA)
Buch bei amazon.de bestellen
"Christoph Kolumbus. Entdecker der
Neuen Welt"
Das Ziel der europäischen Entdecker des 15. Jahrhunderts war
es, einen Seeweg nach Indien zu finden. Auch Kolumbus wollte das unbekannte Land
hinter dem westlichen Horizont auf dem kürzesten Weg erreichen. Und so machte er
sich auf die Suche nach königlichen Geldgebern für seine Entdeckungsreise. Am 3.
August 1492 lichtete Kolumbus im Hafen von Palos die Anker, überquerte den Ozean
- und entdeckte Amerika, das er irrtümlich für Indien hielt. Noch drei weitere
Male segelte der "Admiral des Ozeans" über den Atlantik und eroberte im Namen
der spanischen Krone neues Land. (Gerstenberg. Ab 10 J.)
Buch bei amazon.de bestellen
Frauke Gewecke: "Christoph
Kolumbus"
Ein spannendes Leben, ein beeindruckendes Werk, eine
durchschlagende Wirkung - in drei Teilen erzählen die erfolgreichen Suhrkamp
Basisbiografien von großen Persönlichkeiten der Weltgeschichte. (Suhrkamp)
Buch bei amazon.de bestellen
Paul Barz: "Christoph
Kolumbus"
Christoph Kolumbus lebte in einer Zeit des Aufbruchs und der Neuorientierung.
Der Seefahrer und Autodidakt hatte schon früh die Vision eines Seeweges nach
Asien. 1492 konnte er, versehen mit dem Segen der spanischen Krone, die erste
von mehreren Reisen antreten - und stieß auf die dem amerikanischen Kontinent
vorgelagerten karibischen Inseln. Den neuen Kontinent, von dem man schon lange
wusste, dass es ihn geben musste, erkannte er jedoch nicht als Neuland, sondern
glaubte bis an sein Lebensende, eine Route nach "Hinterindien" entdeckt zu haben.
Er war nicht der erste
Europäer, der nach Amerika
gelangte. Doch seine Fahrten hatten eine dramatische Veränderung des Weltbildes
zur Folge und führten zur gewaltsamen Eroberung der "Neuen Welt" durch die Großmächte
Europas. (dtv)
Buch bei amazon.de
bestellen