Joachim Bartholomae: "Mal mir mal 'nen Schwulen - Das Buch zu Ralf König"

Ralf König & Walter Moers: "Schwulxx-Comix"

Dies ist ein ganz offensichtlich sehr übersichtliches Büchlein, in dem zwei der bekanntesten Comic-Schöpfer des deutschen Sprachraums zwei ihrer gemeinsamen Geschichten untergebracht haben. Diese beiden Geschichten sind auf dem üblichen Niveau von Ralf König mit einigen kleineren Abstrichen, die aber durch den gehobenen Bösartigkeitslevel von Moers kompensiert werden.

Die erste Geschichte handelt von einem schwulen Pärchen, das auf dem Weg zu einer der beiden Mütter einen kleinen Abstecher in einen Wald macht, um sich vorher zu entspannen. Sie ahnen dabei nicht, dass ihre kleine Freiluftübung gleichzeitig von von Walter Moers gezeichneten Außerirdischen in ihrer Version des Discovery-Channnels gesendet wird.

Die zweite Story handelt von Walter und Ralf selber, und das soll auch alles sein, was an dieser Stelle dazu gesagt wird. Hier hat auf jeden Fall Walter den Text zu verantworten.

Ja, der Carlsen-Verlag bringt nicht nur die deutschen Fassungen französischer Comics oder Harry Potter-Übersetzungen heraus, sondern auch mal einige etwas kontroversere Dinge. So zum Beispiel dieses nette kleine Werk, mit gesammelten Nettigkeiten aus der Feder von Ralf König.

Es beginnt mit den Vorbereitungen zu einem großen Sylvesterball, einer peinlichen Taxifahrt und den Lästereien und Eifersüchteleien von einer Reihe typischer Ralf König-Protagonisten auf der Feierlichkeit selbst.

Dann geht es munter weiter, mit Spaß in der Lederszene, Stress mit Heterosexuellen, den Träumen alter Männer an einem Samstagabend, Problemen beim Coming Out und beim Spaß mit Obst. Auch das organisierte, linksgerichtete Schwulentum wird aufs Korn genommen, sowie die abtörnende Wirkung anregender Drogen.

Und was macht man nur, wenn sich der Mann nach fünf Jahren schwuler Ehe als heimlicher Heterosexueller entpuppt? Probleme der Sexualhygiene werden auch mal wieder aufgegriffen. Eine kleine Geschichte dürfte der katholischen Bildstelle entgangen sein, und nun muss sie sich dieses Comic erst besorgen um heraus zu finden, was ich meine. Vor noch zweihundert Jahren hätte man den Scheiterhaufen dafür bestimmt wieder eingeführt.

Am stärksten ist aber meiner Meinung nach die Geschichte von der "Tuntenkogge". Ein richtiger Brüller.

"Das Leben schreibt die besten Geschichten." Diese Prämisse wird in diesem kleinen Werk heftig umgesetzt. Nachdem er im Radio eine irrwitzige Geschichte über eine explodierende Toilette gehört hatte, kam Ralf König auf die Idee, eine Geschichtensammlung nur aus wahren Begebenheiten aus seinem eigenen Bekanntenkreis zu machen. Die Geschichten durften komisch, peinlich oder auch einfach nur ungewöhnlich sein. Er schrieb an seine Freunde und viele, viele antworteten.

Und so haben wir eine Geschichte über den besten Umgang mit geistlichen Bekehrern am frühen Sonntagmorgen, nach einer rauschenden Fete. Und über die Angst vor Skinheads, die schließlich dazu führt, dass einige Schwule auf der Flucht vor der Rache der RAF sind.

Und wie war das noch mit der Mutter, die bei einem Besuch ihren Sohn mit einem fremden Mann in der Badewanne erwischte? Und wie kommt man nur dazu, in einer kalten Nacht kalte Fischstäbchen auf einem Spielplatz zu essen?

Es gibt Rammelbärchen. Wer sie nicht kennt, sollte sie kennen lernen. Die Natur ist wirklich grausam. Und der ADAC sehr hilfsbereit. Warum? Heft kaufen.

Jeder hat mal eine schlechte Phase, und als Ralf König mal ein paar Jahre nach einer missglückten Liebesbeziehung ziemlich fertig war, hat er sich auch nicht aufraffen können, ein größeres Werk zu schreiben. So wurden verschiedene Dinge, die auf dem Tisch rumlagen, wohl einfach hier in einem Band zusammengestellt, der dafür auch einen sehr ehrlichen Namen bekommen hat.

Aber trotzdem, es sind einige sehr nette kleine Geschichten und auch manchmal nur beachtenswerte Bilder dazwischen, so dass sich die Anschaffung auf jeden Fall lohnt. Ein paar Sachen begegnen uns dann später noch in anderen Sammlungen, aber eben nicht alle. Für Komplettisten ein Muss und auch sonst ganz nett.

Anders als "... und das mit links" handelt es sich hierbei nicht um einen Comic, den Ralf König geschrieben hat, sondern um eine Betrachtung seines Lebens und Werks durch jemand anderen. Hierzu wird zunächst einmal Königs Wirkungsgeschichte vor und nach "Dem bewegten Mann" betrachtet, bevor dann das Safer Sex-Comic "Der König und der Narr" dargeboten wird. Hierauf folgt ein Interview in dem vieles wieder aufgegriffen wird, das Mann schon in "... und das mit links" lesen konnte, aber es kommen auch einige neue Informationen hinzu. Speziell Ralfs Wirkung und Einstellung zu den weiblichen Fans wird hier noch einmal näher untersucht.

Dies wird gefolgt von einem Essay des Schauspielers Udo Samel (Inspektor Mackeroni in "Das Kondom des Grauens") in dem dieser beschreibt, wie er an die Figur dieses gewöhnungsbedürftigen Films herangegangen ist.

Zur Abwechslung gibt es dann einen netten Konrad-und-Paul-Comic als Vorspiel zu einigen Betrachtungen über die Verfilmung von "Der bewegte Mann". In diesem Zusammenhang wird Königs Schaffen in den größeren Zusammenhang des europäischen und amerikanischen Comic-Schaffens der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gestellt. Und ein inhaltlicher Abriss seines gesamten bisherigen Schaffens vorgelegt.

Das letzte Kapitel beschäftigt sich dann mit der Rezeption der verschiedenen Film- und Bühnenfassungen von Königs Comics, bevor das Buch mit einer bis zu diesem Zeitpunkt vollständigen Werkliste endet.

(K.-G. Beck-Ewerhardy)

Ralf König: "Sylvester-Tuntenball (und andere Schwulcomix)"
Comicart/Carlsen, 1991. 78 Seiten.

Joachim Bartholomae: "Mal mir mal 'nen Schwulen - Das Buch zu Ralf König"
MännerSkript Verlag, 1996. 104 Seiten.