Franz Mathar, KH Schrörs: "Kölsch Story"
Die Geschichte des Kölschen Brauwesens
Eine Geschichte des Brauwesens ist auch
immer eine Geschichte des Biers an sich, und genau so ist es auch in diesem
Buch. Die beiden Wahlkölner Franz Mathar - der bereits drei weitere Werke zum
Kölner Brauwesen geschrieben hat ("Köbes, noch e Kölsch", "Prosit Colonia" und
"Kölsche Bier- und Brauhäuser") und KH Schrörs - zweifach preisgekrönter
Karnevalsplakatzeichner - haben darum auch dieses Werk ganz von vorne begonnen,
d. h. mit dem
ersten bekannten Auftreten
von Bier in der Menschheitsgeschichte bei den Babyloniern, denen wir über
einige Umwege auch den Begriff "angeschickert sein" verdanken. Die erste Unterscheidung
zwischen Normalbier und Starkbier gab es dann bei den Alten Ägyptern. Die nächste
Stufe der Bierentwicklung fand dann bei den Kelten und Germanen statt, die das
Getränk auch bei den
weinverliebten Römern
bekannt machten, welche es dann bei der Eroberung Britanniens auf die britischen
Inseln brachten. Hier wird auch Frigga als erste mitteleuropäische Göttin des
vergorenen Gerstensafts genannt.
Nun folgt die Beschreibung des Siegeszugs des Biers durch die
Christianisierung und besonders durch die Verbreitung des Klosterwesens im Früh-
und Hochmittelalter und damit auch der langsame Wechsel vom Gruitbier zum Bier
nach dem noch heute gültigen deutschen Reinheitsgebot. Und von diesem Moment an
tritt eigentlich Köln in den Vordergrund, wo das Reinheitsgebot bereits 100
Jahre vor den gesamtdeutschen Festlegungen eingeführt wurde - und mit einer
kleinen Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg - bis heute Gültigkeit hat. Deswegen
wird die weitere Beschreibung der Geschichte des Brauwesens in Deutschland im
Allgemeinen und in Köln im Besonderen nun eng verknüpft mit der Geschichte der
Stadt selbst dargestellt. Angefangen mit dem Beginn der Stadt als Colonia
Claudia Ara Agrippinensium im Jahr 15 n. Chr., geht es nach einem Sprung ins
Jahr 800 zu Karl dem Großen, der das professionelle Brauen in Klöstern förderte,
in sehr detailfreudigen Schritten weiter, wobei es gelegentlich zu
Informationswiederholungen kommt, die den Lesefluss ein wenig hemmen.
Interessante Daten, wie die erste offizielle Nennung eines Brauers in den
Stadtunterlagen und die Einführung des Bierpfennigs zur Finanzierung der
Erneuerung der Stadtmauer, wechseln sich immer wieder ab mit Angaben über
Gründungen neuer Gaststätten und Brauereien, was zum Teil auch etwas bremst und
nur für wirkliche Enthusiasten in Bezug auf die Kneipen Kölns von Interesse sein
dürfte. Erstaunlich ist dabei vor allen Dingen, wie alt einige der noch heute
beliebten Lokalitäten sind.
Verschiedene Figuren haben Einfluss auf die
Geschichte Kölns und die des Brauwesens genommen, wobei sicherlich Albertus
Magnus mit seinem Kleinen und Großen Schied bei der Vermittlung zwischen den
Kölner Bürgern und ihrem Erzbischof eine der bekanntesten sein dürfte. Andere
genannte Figuren haben nur für Köln größere Bedeutung, zeigen aber bestimmte
Entwicklungslinien deutlich auf. Die beiden "Bierheiligen" Kölns sind St. Petrus
der Mailänder Bruderschaft und Gambrinus, dem wegen seiner Rolle bei der
Schlacht auf dem Worringer Feld hier viel Platz eingeräumt wird. und der
sicherlich ein sehr kölscher Charakter ist, auch wenn er nachweislich Brüssel
mehr liebte.
Der Kölner Verbundbrief von 1396 mit seinen weit reichenden politischen und
wirtschaftlichen Folgen und seinem Anspruch auf Qualitätskontrolle wird ebenfalls
erwähnt und erinnert noch einmal an die Feierlichkeiten zum 600-jährigen Bestehen
im Jahre 1996. Außerdem wird die langanhaltende Marienverehrung in den Brauhäusern
diskutiert und danach auf den Einfluss des 30-jährigen Kriegs auf das Brauwesen
eingegangen.
Der
nächste wichtige Abschnitt ist die Zeit der napoleonischen Besetzung Kölns mit
der Auflösung der Zünfte und Gaffeln, gefolgt von dem Beginn der
Industrialisierung und deren Einwirkung auf das Brauwesen. Sehr gerafft werden
danach die Veränderungen des Brauwesens durch den Ersten und Zweiten Weltkrieg
beschrieben, während die Entwicklung nach 1946 wieder wesentlich mehr Raum
einnimmt.
Ungefähr das letzte Drittel des Buchs setzt sich mit der modernen Kölner Brauhauskultur
auseinander, wobei zunächst die Figur des
Köbes
sehr viel - verdienten - Raum einnimmt. Dann wird das Publikum und der Aufbau
des typischen Kölner Brauhauses dargestellt. Der rein informelle Teil endet
mit einem "kölschen
Kneipen-Knigge",
der dem Imi (also dem "Zugereisten") zeigen soll, wie man sich langsam in die
Brauhauskultur einleben kann, ohne durch einen dummen Fehler zum Geächteten
zu werden. Hierauf folgen einige Gedichte zum Thema, bevor das Buch mit einem
Deutsch-Kölschen Wörterbüchlein abschließt.
Eingeleitet durch ein Vorwort des Vorsitzenden des
Kölner-Brauerei-Verbandes e.V. Heinrich Becker und aufgepeppt durch historische
Darstellungen und Werbungen und vor allem durch die sympathischen Zeichnungen KH
Schrörs', ist dieses Buch ein Vergnügen für jeden Freund des flüssigen Goldes
aus de' Stang und jeden, der es noch werden möchte.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2003)
Franz Mathar, KH Schrörs: "Kölsch
Story"
Emons, 2003. 176 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
ISBN
3-89705-312-8.
ca. EUR 17,50.
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Liens:
Kölner
Brauhaus-Wanderweg
koelsch-net.de
Köbes (Plural: Köbesse): So bezeichnet man
in den Brauhäusern Kölns die mit blauer Kluft bekleideten und für ihre raue
Schlagfertigkeit bekannten Kellner; es handelt sich um eine Kurzform von
"Jakob". Köbesse duzen die Brauhausgäste übrigens prinzipiell und servieren
(auch unaufgefordert) so lange weitere Bierchen, bis der Gast einen Bierdeckel
auf sein Glas legt.
Zur Veranschaulichung mögen folgende Witze
dienen:
Gast: "Herr Ober, bitte ein Mineralwasser"
Köbes: "Auch
Handtuch und Seife?"
Gast: "Herr Ober, bitte ein Dunkel-Bier!"
Köbes
zum Zappes: "Maach ens et Leech us, he will einer Dunkel-Bier!"