Michael Köhlmeier: "Roman von Montag bis Freitag"
"Ich überlebe nur in der Erinnerung. Ich lebe, solange jemand lebt, der sich an mich erinnert. Wenn auch der stirbt, bin ich weg. Und es ist, als wär ich nicht gewesen."
Michael Köhlmeier erzählt in diesem
Buch 38 Kurzgeschichten; jede in sich abgeschlossen, im Gesamten gesehen doch
zusammengehörend.
In kurzen Episoden zeichnet der Autor Bilder von seiner
Familie, seinen Freunden und seinen Nachbarn und man hat das Gefühl, er
skizziere allgemeingültige Szenen, wie sie sich auf der Stegreifbühne der
Gegenwart ereignen. Mit großer sprachlicher Finesse, mitreißend und pointiert
beschreibt Michael Köhlmeier Lustiges, Tragisches und Berührendes. Köhlmeier
gehört zu jenen Autoren, die es zuwege bringen, auf Grundlage einer Handvoll von
Details eine vertraute Welt und Beziehungen darin zu schaffen und uns so zu
faszinieren.
Hier eine kleine Auswahl:
"An der Kasse"
Eine
Begegnung im Supermarkt. Der Andere ist bekannt, jedoch die Erinnerung, woher
liegt im Dunkeln - nur eine unangenehme Ahnung. So begrüßt man einander und
redet Belangloses, während man verzweifelt in seinen Erinnerungen
sucht.
"Die geeignete Würde"
Die Erinnerung an den 11. September. Just
in dem Augenblick, nachdem er von der Katastrophe erfahren hat, beobachtet er
die Nachbarin, die im Garten arbeitet, durch das Fenster. Sie weiß noch nicht,
was geschehen ist, und ihm wird bewusst, dass er nicht mehr weiß, wie sie in
ihrer Jugend ausgesehen hat.
"Von alten Fotografien"
Die Geschichte
über zwei seiner besten Freunde, die einander nicht leiden können. Obwohl sie
sich seit der Schulzeit kennen, gehen sie einander aus dem Weg und Jeder
misstraut dem Anderen. Grund dieser Feindschaft war eine Frauengeschichte, die
mehr als dreißig Jahre in der Vergangenheit liegt, die sie aber nie vergessen
haben.
"Der Talisman"
Eine Zeitlang suchte er im Wald fieberhaft nach
Gegenständen, deren Funktion nicht sofort klar zu erkennen war und deren Einsatz
er erraten musste. Eines dieser Fundstücke lag ihm ganz besonders am Herzen, und
obwohl ihm dessen Sinn immer ein Rätsel blieb, wurde es eine Art Talisman, den
er ständig mit sich herumtrug, bis er ihn verlor.
"Alles wird gut"
Die
Geschichte eines Hotelbesitzers, der eines Tages erfuhr, dass seine Frau ihn
betrog. In seiner Wut auf alle Frauen erzählte er seinem Freund, dessen Ehefrau
sich mit ihrem jüngeren Liebhaber regelmäßig in seinem Hotel traf, davon. Doch
dieser, überzeugt, dass der Andere nur seine Wut auslassen will, glaubt ihm
nicht und konfrontiert seine Frau damit. Ihre Antwort gibt ihm lange Zeit zu
denken, bis er feststellt, dass er es mit ihr nicht besser hätte treffen können.
Fazit: Lesevergnügen, anregend portioniert und präsentiert.
(Andrea Ciza; 03/2004)
Michael Köhlmeier: "Roman von Montag
bis Freitag"
Deuticke, 2004. 170 Seiten.
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Michael Köhlmeier, geboren 1949 in Hard
am Bodensee, studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Marburg/Lahn
sowie Philosophie und Mathematik in Gießen. Für sein Werk wurde der
österreichische Bestsellerautor unter anderem mit dem Manès-Sperber-Preis, dem
Anton-Wildgans-Preis und dem Grimmelshausen-Preis ausgezeichnet. Michael
Köhlmeier lebt als freier Schriftsteller in Hohenems (Vorarlberg) und
Wien.
Weitere Bücher des Autors
(Auswahl):
"Abendland"
Carl Jacob
Candoris - Mathematiker, Weltbürger, Dandy und Jazz-Fan - ist fünfundneunzig,
als er seine Lebensbeichte ablegt. Aufschreiben soll sie der Schriftsteller
Sebastian Lukasser, Sohn des Gitarristen Georg Lukasser, den Candoris in den
Jazz-Kellern im Wien der Nachkriegsjahre kennengelernt hat. Candoris erzählt
von seinem Großvater, der in Wien einen berühmten Kolonialwarenladen betrieb;
von seinen seltsamen Verwandten, bei denen er in Göttingen während seines
Studiums lebt und die Größen der Naturwissenschaft kennenlernt; und vom Wien
der Nachkriegszeit - wo Sebastians Geschichte beginnt, die Geschichte einer
Selbstfindung, die sich über die zweite Hälfte des Jahrhunderts zieht. Im
Spiegel zweier ungleicher Familien entsteht so ein kluger, reicher, witziger und
lebenssatter Generationenroman über unsere Zeit. (Hanser)
zur Rezension ...
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"Bleib über Nacht"
Als
Pauline und Ludwig während des Krieges heiraten, waren sie gerade
elf
Stunden zusammen. Erst eineinhalb Jahre nach Kriegsende findet sie ihn in seinem
Heimatdorf wieder. Sie sind einander fremd. Aber Pauline ist überzeugt, dass sie
füreinander bestimmt sind. Eine wunderbare Liebesgeschichte, die Köhlmeier in
Erinnerung an seine Eltern geschrieben hat.
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"Geh mit mir"
Weil sein Vater
einen Herzinfarkt erlitten hat, kehrt Alois Fink, genannt Wise, noch einmal in
seine Heimatstadt am Bodensee zurück und damit an den Ort seiner Kindheit. In
der Wiederbegegnung mit den Eltern, die immer noch in dem kleinen
Wochenendhäuschen wohnen, beginnt er dem Geheimnis seiner sonderbaren Familie
auf die Spur zu kommen. Er erlebt die Nähe zu seiner Mutter, die seit einem
schrecklichen Unfall behindert ist, und sie brechen zu einer ungewöhnlichen
Reise im Auto auf. In "Geh mit mir" schreibt Michael Köhlmeier auf faszinierende
Weise seine eigene Familiengeschichte fort, wie er sie in "Bleib über Nacht"
begonnen hat.
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"Moderne Zeiten"
Eine Frau,
die sich in einen Kleiderschrank verwandelt, ein Mann, der zum
Schwein wird, und
ein tragischer Unfall bei der Österreichischen Bundesbahn: Hauptfigur und
Auslöser aller Verwicklungen ist Kaspar Bierbommer, einer der nicht sterben kann
und seit Jahrhunderten durch die Welt wandert auf der Suche nach seinem wahren
Leben.
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"Der Tag, an dem Emilio Zanetti
berühmt war"
Michael Köhlmeier erzählt in seiner Novelle, die in den
1950er Jahren spielt, die Geschichte des Emilio Zanetti, der bei einer
Auseinandersetzung jemanden verletzt und deshalb vor Gericht muss. Bei der
Überstellung gelingt ihm die Flucht, und in seiner scheinbar aussichtslosen Lage
klettert er auf einen Hochleitungsmast. Einzig dem 10-jährigen Ich-Erzähler
gelingt es, Zanettis Vertrauen zu gewinnen und eine Gesprächsbasis aufzubauen.
Während der stundenlangen Verhandlungen mit der Polizei versammelt sich eine
schaulustige Menge, die Situation spitzt sich zu: wird Zanetti springen oder
wird er sich ergeben.
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"Geschichten von der
Bibel"
Hand aufs Herz: Wer hat schon die
Bibel gelesen?
Dabei lohnt es sich, die grandioseste Geschichtensammlung der Weltliteratur
kennen zu lernen. Mitreißend und pointiert erzählt Michael Köhlmeier Tragisches,
Spannendes und Berührendes aus den ersten Tagen der Welt: Am Anfang steht die
Schöpfung. Und am sechsten Tag bringt Gott die Menschen in die Welt, die sich
schon bald in Mord und Totschlag üben, wenn
Kain
seinen Bruder Abel erschlägt. Mit der Sintflut setzt Gott ein grausames Zeichen,
bis mit dem Turmbau zu Babel die biblische Urgeschichte endet und die Menschen
in alle Winde zerstreut.
Am Ende steht das Leben Moses', der in einem Körbchen auf dem Nil ausgesetzt
wird und ausgerechnet in die Obhut des Mannes gerät, der das Volk Israel hasst
und in die Knechtschaft getrieben hat. Michael Köhlmeier, der die Geschichten
aus dem Alten Testament im Rundfunk frei nacherzählt hat, lässt in diesem Band
die biblischen Gestalten für uns wieder aufleben.
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"Das große Sagenbuch des klassischen
Altertums"
Vom Ödipuskomplex bis zur Achillesferse, von den Tantalosqualen bis
zum
Trojanischen Pferd sind uns die Begriffe aus dem klassischen Altertum bis
heute vertraut. In leichtem Ton erzählt Michael Köhlmeier die besten Geschichten
und Abenteuer der antiken Götter und Helden neu. Dabei lässt er sie von ihrem
Podest herabsteigen, zeigt die mythologischen Gestalten von einer sehr menschlichen
Seite und erweckt sie zu neuem Leben.
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