Geert Kimpen: "Der Kabbalist"
Die Geschichte von Chaim Vitals Suche nach den Geheimnissen der Schöpfung
Das erst im September 2007 bei Goldmann
erschienene Buch feiert bereits größte Erfolge. In den höchsten Tönen wird
Geert Kimpens "Der Kabbalist" gelobt, und auch eine Verfilmung steht
bereits im Raum, wenn man den Pressestimmen glauben darf.
"Es ist aufregend und erinnert in mancher Hinsicht sogar an Dan Browns
Bestseller 'Der Da Vinci Code' - 'Sakrileg'", schreibt etwa
Solche Lobeshymnen haben natürlich immer auch einen
Nachteil. So soll es ja Leute geben, die den Büchern Dan Browns nicht viel
abgewinnen können. Ist dann auch der Umkehrschluss möglich, dass "Der
Kabbalist" überbewertet wird?
Geert Kimpen brach 2004 erst einmal die Brücken seines bisherigen Lebens ab und
begab sich auf eine spirituelle Suche durch verschiedene Länder. "Der
Kabbalist" ist das Ergebnis dieser Suche, weshalb das Buch auch im Unterverlag
"Arkana" erschienen ist.
Der Autor erzählt die Geschichte des historischen Kabbalisten Chaim Vital, erzählt
von dessen Werden und Wachsen. Chaims erklärtes Ziel ist es nämlich schon als
Kabbala-Schüler in den Kinderschuhen sozusagen, einmal die bedeutendsten Werke
der Kabbala zu schreiben, die in der Lage sind, allen Menschen den Zugang
zur
Kabbala zu erleichtern. Der Held der Geschichte leidet allerdings unter
deutlicher Selbstüberschätzung und steht sich darum immer wieder selbst im
Weg. Sein eiserner Wille vermag ihn dennoch davon abzuhalten, seine Lebensziele
aufzugeben, und so bleibt er seinen Zielen treu, auch wenn ihn dies die
Verbindung zur Frau seines Herzens, Francesca, kostet.
Bei den bislang angestellten Vergleichen des Buches mit anderen, bereits veröffentlichten
Werken anderer Autoren verwundert es, dass die Romane von Noah Gordon in dieser
Liste noch nicht auftauchen. Damit nämlich hat "Der Kabbalist" vom
Grundaufbau her am ehesten Ähnlichkeit. Der typische, verkannte Held, der sich
auf eine mythische Reise voller Gefahren begibt, um am Ende erstarkt daraus
hervorzugehen: dieser Ablauf ist der Erfolgsschlüssel der meisten Bücher, wie
selbst schon die Leute wussten, die Märchen auf Papier bannten.
Kimpen zeigt aber nicht die Liebe zu den Details einer bestimmten Zeit und eines
bestimmten Ortes. Die Bilder, die im Kopf des Lesers entstehen, bleiben
erstaunlich blass, und insgesamt ist der beschriebene Chaim ein eher
unsympathischer Charakter, mit dem der Leser längst nicht so mitfiebern kann
wie einst mit Rob aus "Der Medicus".
Hinsichtlich der Kabbala und ihrer Aussagen bleibt Kimpen ebenfalls blass.
"'Der Kabbalist' vereint die zauberhaft-mystische Atmosphäre des Heiligen
Landes mit der spirituellen Weisheit der jüdischen Geheimlehre", so heißt es
auf dem Buchrücken, allerdings sind die getätigten Aussagen eher vage. Diese
Form der wenig bis nichts sagenden Pseudophilosophie mit "Der Alchimist" von
Paulo Coelho zu vergleichen, lässt einen Leser Coelhos sicherlich eher
fassungslos zurück. Von der leicht zu lesenden, aber tief gehenden Form des
Schreibens über elementare Weisheiten und Bedürfnisse des Lebens ist in "Der
Kabbalist" nämlich nichts zu finden.
Bleibt der Vergleich mit Dan Brown. Nun, wenn man bedenkt, dass sich in die
gesamte Entwicklung von Chaim und somit in die Gesamthandlung plötzlich die
Suche nach der Bundeslade einmischt, dann, ja, dann kann man den Vergleich
zumindest zunächst einmal so stehen lassen.
"Der Kabbalist" weiß durchaus zu unterhalten, bewegt sich dabei aber in
erster Linie auf dem Niveau eines typischen historischen Romans mit
eingebettetem Liebesdrama, hinter dem alles Andere deutlich zurücksteht.
Tiefgang, spirituelle Weisheiten und Informationen zur Kabbala in Romanform
sucht man hier im Grunde vergeblich. Der Vorteil des Ganzen: wenn die Verfilmung
Realität wird, können sich die Zuschauer immerhin sicherlich über ein
typisches Hollywood-Machwerk mit bekannter Besetzung freuen.
(Tanja Elskamp; 10/2007)
Geert Kimpen: "Der Kabbalist"
(Originaltitel "De kabbalist")
Aus dem Niederländischen von Ingrid Höhr.
Goldmann, Arkana, 2007. 477 Seiten.
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Geert Kimpen, Jahrgang 1965, studierte Theaterregie an der Amsterdamer Kunsthochschule. Für sein Regiedebüt mit dem Stück "Menelaos" gewann er den angesehenen "Prinz-Bernhard-Preis". Als Buchautor hatte er (zusammen mit seiner Frau Christine Pannebakker) in den Niederlanden bereits einen Erfolg mit "Het Liefdesdagboek" ("Liebestagebuch").