Sahar Khalifa: "Das Tor"
"Unser Herzblut für Palästina!"
"Sag ihm, dein Palästina ist ein
Moloch, der frisst und schlingt und wird doch nicht satt."
Sahar
Khalifa, die ein Frauenzentrum im palästinensischen Nablus leitet, stellt in
diesem Roman die ungeschminkte Wahrheit über das Leben der Frauen in Palästina
dar, was ihr im Nahen Osten heftige Attacken eingebracht hat. Die Frage "Was hat
die Intifada den Frauen gebracht" steht im Mittelpunkt. Hauptfiguren sind die
Studentin Samar, die ihr traditionalistischer Bruder ungestraft verprügeln darf,
Sakija, Hebamme und alleinerziehende Mutter zweier Töchter und die zwischen
allen Fronten stehende schöne Prostituierte Nasha, die nur vordergründig
verachtet und ausgestoßen wird.
Samar befragt im Rahmen einer Studie
verschiedene Frauen zur Intifada und deren Auswirkung. Der Grundtenor lautet, es
hätte sich für die Frauen nichts verändert - nur die Sorgen. Jetzt schmeißen
Frauen mit Steinen, helfen Kindern aus der Patsche, verstecken junge Männer,
demonstrieren. Jede Menge neuer Probleme sind hinzugekommen und die alten
geblieben. Die Angst ist überall spürbar, Spitzel verkriechen sich und werden
doch wie Hammel auf die Haken gespießt. Brüder, von ein und derselben Mutter,
aus demselben Bauch gekrochen, stehen auf unterschiedlichen Seiten, der eine ist
Vermummter und der andere ein Kollaborateur.
Wer gehört zu wem - wer ist
derjenige, der urteilt und richtet? Wer ist der Verfolgte? Diese Fragen und kaum
Antworten werden von den Frauen mit der Intifada verbunden. Das Leben besteht
aus Anspannung, Umherirren und Verwirrung.
Nasha wird verprügelt und übel
zugerichtet. Samar wird aufgrund der Ausgangssperre bei Nasha, die sie
interviewen wollte, festgehalten und bei ihrer Rückkehr nach Hause wird sie von
ihrem älteren Bruder geschlagen, während ihr jüngerer Bruder tatenlos zusieht.
Keine Besatzung, keine Armee, nicht mal alle Teufel der Welt hätten sie so
zurichten können, wie sie zugerichtet wurde. Tragische Geschichten von Frauen,
die in einem Viertel leben, wo alles Männliche vergöttert wird und "Unser
Herzblut für Palästina!" Leitsatz ist.
Samar verliebt sich in Husam.
Plötzlich besteht die Welt nur noch aus seinen Augen, doch auch sein Herz gehört
in erster Linie Palästina, einem Land
zwischen
Anpassungszwang und Unabhängigkeitsstreben.
Sahar
Khalifa zeichnet ein tragisches Bild der Frauen, die übrig bleiben als große
Verliererinnen in einer Gesellschaft der Heuchelei, der Ohnmacht und der Suche
nach Selbstfindung.
(margarete; 04/2004)
Sahar Khalifa: "Das
Tor"
(Originaltitel "Bab as-saha")
Aus dem Arabischen von Regina
Karachouli.
Unionsverlag, 2004. 208 Seiten.
ISBN 3-293-20281-0.
ca. EUR
9,90.
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